Sex im Alter

Sex im Alter ist insbesondere bei jüngeren Menschen noch ein Tabuthema. Zeit also mit Vorurteilen aufzuräumen.

Die zweite Lebenshälfte bedeutet Veränderung und Chance im Umgang mit der Sexualität. Es ist die Zeit, in der man neue, eigenständige Modelle im Verhalten und der Sexualität leben kann. Die Sexualität der zweiten Lebenshälfte kann nicht nach dem Muster der ersten gelebt werden.

Sex im Alter ist oft mit negativen Vorstellungen von Verlust, Behinderung und Krankheit verbunden. Eine Fülle von Vorurteilen und falschen Vorstellungen überlagert dieses Thema. Jeder kennt solche Sätze wie „Männer können nicht mehr“ oder „Frauen haben keine Lust mehr“. So als seien ältere Menschen quasi automatisch asexuelle Wesen. Doch das Alter allein sagt reichlich wenig darüber aus, wie Menschen ihre Sexualität (er)leben.

Studien und Umfragen belegen, dass ältere Menschen häufig bis fast immer Lust auf Sex haben. Doch Wunsch und Wirklichkeit gehen oftmals stark auseinander. Aber nicht die typischen Erscheinungen des Älterwerdens verhindern erfüllten Sex im Alter. Vielmehr sind der fehlende Partner, Krankheiten, die mit Medikamenteneinnahme verbunden sind, Vorurteile und vor allem Sprachlosigkeit Gründe für das Nichterfüllen des Wunsches nach Sex.

Zumindest wird heutzutage wesentlich unbefangener über Sex im Alter gesprochen. Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Eine aktiv gelebte Sexualität hat gerade im Alter viele positive Effekte. Sie dient nicht nur der Lebensqualität und Vitalität ganz allgemein, sondern hat auch direkte gesundheitliche Auswirkungen. Die Durchblutung wird gefördert, Stoffwechselprozesse werden angeregt, die Beckenmuskulatur trainiert und die Hormonproduktion ganz natürlich stimuliert. Bei Schwierigkeiten hat die moderne Medizin wirksame Hilfsmittel zur Verfügung. Sehr hilfreich ist das vertrauensvolle Gespräch mit einem guten Hausarzt oder der Besuch einer Hormonsprechstunde bei einem Internisten oder Endokrinologen. Oft sind es ganz einfache Lösungen, die der Arzt anbieten kann.

Das Tabu „Sex im Alter“ betrifft insbesondere Frauen. So wird deren Sexualität jenseits der Wechseljahre kaum erforscht. Die Tatsache, dass Frauen jenseits der Gebärfähigkeit oft sexuell aktiver sind als vorher, wird ignoriert. Die Hormonproduktion geht nicht zu Ende, sondern spielt sich neu ein.

Auch die Potenzstörungen des Mannes sind mit Vorurteilen behaftet. Man weiß, dass an Impotenz selten das Alter schuld ist, sondern Faktoren wie Zuckerkrankheit, erhöhte Blutfette, Bluthochdruck, Übergewicht, Alkohol- und Zigarettenkonsum und nicht zuletzt psychische Gründe.
Für eine erfreuliche Sexualität müssen die Rahmenbedingungen stimmen, in welchem Lebensabschnitt auch immer.

Eine Seite der Sexualität im Alter ist die Tatsache, dass viele Männer und noch mehr Frauen in der zweiten Lebenshälfte über lange Zeit allein leben. Sie müssen auch ohne Partner eigene Wege für Zärtlichkeit und Sexualität finden. So bekommt auch die Selbstbefriedigung eine neue Rolle und wird von vielen Menschen in dieser Situation neu entdeckt. Selbstbefriedigung ist oft eine gute Lösung, mit vielen positiven Effekten. Einfache Hilfsmittel erleichtern den Einstieg in Formen der Sexualität ohne Partner. Solche Verhaltensweisen sind weit mehr als nur eine Notlösung. Sie sorgen für ein positives Körpergefühl, den Kontakt zum eigenen Körper und halten all die Funktionen wach, die Körper und Seele gut tun. Auch die Selbstbefriedigung wirkt durchblutungsfördernd und stimuliert auch noch jenseits der 60 die Hormonproduktion.

Ältere Menschen haben ein großes Potential an Erfahrung und Zärtlichkeit. Sie müssen es nur nützen. „Use it or lose it“, sagen die Amerikaner. „Mach es, oder du verlernst es.“ Das gilt nicht nur für die Muskulatur des Sportlers, sondern auch für die Sexualität. Dabei ist nichts so individuell, wie die eigene Sexualität, ob in der Jugend oder im Alter. Man kann auch im Alter mit seinen vorhandenen Potentialen kreativ umgehen.

Quelle: WDR (www.wdr.de)

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