Liebeskummer gibt es auch im Alter

Liebeskummer

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Für viele Dinge im Leben muss man das richtige Alter haben. Es gibt Erlebnisse, die einzig der Jugend vorbehalten sind und Ereignisse, die das Alter als milde Besänftigung für uns bereithält. Ebenso wie es Hermann Hesse in seinem Gedicht Stufen beschreibt:

 

„Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.“

Liebeskummer gehört leider nicht dazu!
Keine Altersgrenze weißt den Kummer in seine Schranken, wenn der Mann, der gestern noch so wunderbar bei Kerzenschein zuhörte, sich heute nicht mehr meldet. Kein Geburtsjahr bildet das sichere Ufer, um nicht zu leiden, wenn man die Frau verliert, der man sein Herz geschenkt hat, auch wenn es nur für ein paar Wochen war.
In der medialen Welt findet der Kummer in Sachen Liebe aber nicht statt. Kein Schauspieler über 60 grämt sich darüber, beim Date versetzt worden zu sein und kein Rentner-Podcast spricht das Thema Ghosting an. Weil diese Dinge jenseits der 55 wirklich nicht existieren? Unwahrscheinlich, zumal Trauer über den Tod, Krankheit oder Vereinsamung den Grauen Panthern gern und jederzeit zugeschrieben wird. Bei jedem Volksspiel, jeder Quizshow und Talkrunde scheint es für ältere Menschen geradezu ein Vorrecht zu sein, über Verlust und Verzweiflung sprechen zu dürfen. Einzig der Kummer über die unerfüllte Liebe gebührt sich offenbar nicht, wenn man in den Nachkriegsjahren geboren wurde.

Liebe kennt kein Alter – und ihr Kummer auch nicht.
Den älteren Leuten den Liebeskummer abzusprechen, ist ignorant. Das hieße nämlich in nächster Instanz, dass eben diese Liebeskummer-Verschonten auch nicht mehr fähig sind, Liebe zu spüren und das Verliebt sein zu erleben. Goethes Götz von Berlichingen sagte: „Wo viel Licht ist, ist starker Schatten“ und damit hat es der Freiherr mal wieder treffend auf den Punkt gebracht. Wer sich verliebt, wird früher oder später auch leiden. Der erste Streit, enttäuschte Erwartungen, alle Schwierigkeiten, die Teenagern das Herz brechen, belasten auch die Seele der älteren Menschen. Vielleicht ist die Intensität eine andere. Inzwischen weiß man, dass das Leben weitergeht und die Welt nicht stehen bleibt, weil der Angebetete nicht zurückruft. Möglicherweise macht aber auch gerade die Gewissheit, dass das Leben nicht mehr lange genug weitergeht, den Kummer so schwer.

Ein gebrochenes Herz tut immer weh
Übrigens auch unabhängig davon, wie oft es schon gebrochen wurde. Wir werden nicht immun gegen die Schmerzen, die uns Herz und Seele verursachen. Deswegen ist es wichtig, Liebeskummer bei älteren Menschen weder zu belächeln, noch zu tabuisieren. Auch im fortgeschrittenen Alter muss es Akzeptanz und Empathie geben, wenn das Herz schmerzt. Zum Glück sehen das immer mehr Menschen so und befassen sich mit genau diesem Thema. Therapeuten behandeln Patienten zwischen 13 und 103 auf Liebeskummer, moderne Medienschaffende rücken das Thema ins Rampenlicht. Kein Mensch sollte sich für seinen Liebeskummer schämen müssen oder damit alleine fertig werden – ganz egal, in welchem Alter. Wer denkt, dass ältere Menschen, die schon viele schlimme Dinge erlebt und überlebt haben, von einem leichten Liebeskummer doch sicher nicht aus der Bahn geworfen werden können, der hatte glücklicherweise wahrscheinlich einfach schon zu lange keinen Liebeskummer mehr.

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