Liebe Stobbs,
mir rutscht es kalt den Rücken runter!
Der Mann muss seine Geschichte, wenn sie ihn so beschäftigt, nicht mit der neuen Frau, sondern mit einem Therapeuten ausdiskutieren. Gut, man erzählt zum besseren Kennenlernen sein Leben und die darin vorkommenden Höhen und Tiefen. Dabei hat es aber auch zu bleiben. Ewige Wiederholungen und Lobpreisungen muss man sich nicht antun - er nicht, weil er damit ständig in der Vergangenheit lebt, und sie nicht, weil es unzumutbar ist, ständig die Vergangenheit des Partners in der Beziehung zu haben.
Ab zur Therapie für den Mann....
Liebe Emirena,
mir fiel meine letzte Beziehung ein. Der Mann, 17 Jahre jünger als ich und anfangs von mir zwar als Schmeichelei empfunden, aber niemals als wirklich potentieller Lebenspartner eingeplant, hat mir viel von sich erzählt. Schien ein ganz lieber zu sein, interessiert an meinen Hobbies, sehr anpassungsfähig und offenbar ganz stark in mich verliebt.
Später erwähnte er seine Tante (Schwester der Mutter) und als ich einmal ein Gespräch zwischen den beiden mitanhören mußte, wußte ich nicht, ob er mit seiner Ex oder wirklich mit 'nur' einer Tante spricht. Die Intimität zwischen den beiden verblüffte mich. Später bekam ich auch noch bei einem Besuch mit, wie sehr sie ihn ganz ungeniert anmachte, an sich drückte... Ich war sprachlos. Sowas hatte ich unter Verwandten in dieser Form noch nie erlebt.
Irgendwann fiel mir auf, dass er nicht nur ab und zu mehr Bier trank als 'üblich'. Naja, in einem seiner Räusche erzählte er mir von seiner inzestiösen Tante und wie sie ihm an die Wäsche geht. Ich riet ihm dringend, fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, denn offenbar war er seit seiner Kindheit von diesen Erlebnissen traumatisiert. Später gestand er mir, dass er auch Haschisch- und Marihuana-Abhängiger ist. Er fand dies aber nicht 'so' schlimm, denn anders ließe sich dieses Leben nicht ertragen.
Soviel zum Wissen um die Vergangenheit des Partners. Als mein Freund mit den Wahrheiten ans Licht kam, war es schon zu spät - ich hatte mich in ihn verliebt, wir waren bereits auf einer einwöchigen Kanutour gewesen. Er hatte mir in den zwei Monaten, die ich ihn kannte, mehr gegeben als andere Männer in meinem Leben. Nach so viel Elend in den letzten dreißig Jahren hatte ich mich überwunden und entgegen jeglicher Erfahrung noch einmal zu einem Mann ja gesagt. Und er schien so durch und durch positiv! Alle seine Erzählungen über seine Familie, seine Arbeit und seine Person schienen so gut zu sein. Nein, waren sie nicht, wie sich heraussstellte. Alles basierte auf seiner Wunschvorstellung, doch endlich ein neues, gutes Leben zu beginnen. Ich, seine neue Genossin, sollte ein Hauptteil davon sein.
Er ist auch ein Opfer und deshalb gab ich damals einen Großteil Schuld mir selbst. Wie konnte ich nur! Wie konnte ich nur glauben, alles könne gut werden? Es gibt nur Weiberhelden, Psychopathen, Alkoholiker+Drogenabhängige, Klugschei.ßer und Langeweiler... - zumindest ist DAS die Bilanz meines Lebens im Bereich "Liebhaber, Lebenspartner".
Wir können einiges erfragen, wir müssen uns auf das, was uns erzählt wird, verlassen, aber wir werden trotzdem keine Gewähr dafür bekommen, dass nicht "im Dschungel ein Tiger lauert"...
Nora