Emirena, noch einmal: Jeder einzelne von uns war auch Nutznießer der weltweiten Ausbeutung, wir waren uns dessen vielleicht nur nicht bewußt; denn ohne diese Ausbeutung wäre es uns schon vor langer Zeit nicht mehr gut gegangen!
Klar, ich stimme Dir zu, es sind unhaltbare Zustände, aber alles auf die Regierung zu schieben ist halt nur die halbe Sichtweise. Wenn ich mich z.B. in der Firma umsehe, dann sehe ich viele Menschen, die vieles erdulden, niemals aufmucken. Das waren erstaunlicherweise gerade jene, die in der letzten Zeit gehen mußten. Es war einfach unfaßbar, was da geschah und mit welcher echten Grausamkeit gestern z.B. eine Email mit der Nachricht des Abschlusses der Aktion versandt wurde. Da wurde den MitarbeiterInnen dafür gedankt, dass sie am "Erfahrungstransfer" so großartig mitgewirkt hatte, d.h., sie waren gezwungen, ihr Fach- und Berufswissen an polnische Mitabeiterinnen jener Agentur weiterzugeben, die ab sofort die buchhalterischen Aufgaben für unsere Firma erledigt.
Wenn bei Betriebsversammlungen davon gesprochen wurde, was meinst Du wieviele damals ihren Mund aufmachten und kundtaten, was sie von der Aktion halten? Nein, man schimpfte lieber in der Teeküche über den Betriebsrat. Ich sage gern laut, was ich denke, und habe damit schon einiges an positivem Ansehen eingebüßt. Denn stillhalten, sich ducken ist aus meiner Sicht kein Weg zum echten Frieden, sondern ermuntert die Mächten nur zu noch mehr Brutalität. Man "packt" immer die, von denen kaum Gegenwehr zu erwarten ist, die Schutzlosen. Der Aufruf, sich zu wehren, wird aber oftmals als "Revoluzzertum" abgetan. Und wie hier, wer über Lösungen nachdenkt, wird als gefühllos dargestellt, weil mit der Lösung auch ein gewisser Aufwand verbunden ist. Soviel leichter ist es zu jammern und sich die Haare zu raufen. Es werden schon von vorneherein alle möglichen Gegenargumente aufgeführt, so dass die Probleme am Ende unlösbar erscheinen.
Der Mensch ist ein eigenartiges GEschöpf - er kann sich über alles unglaublich aufregen, aber kaum einer getraut sich das laut. Dass es in Deutschland Repressalien gäbe, wenn man auf der Straße protestiert ist mir neu - wenn es so ist, dann ist es doch ein Grund erst recht "dreinzuhauen", meine ich!
Freilich sind Demos keine Aktion für alte, kranke Menschen, aber da wir ja alle wissen, was uns blüht, könnten wir doch heute schon los mar_schieren (dieses Ausschalten von Wörtern hier im Forum ist schon ein bißerl krank, finde ich, denn wenn ich verbotene dinge schreiben will, geht das, indem ich leerzeichen setze oder so..!!) da wir noch bei Kräften sind, oder nicht?
In der Tat wird in STuttgart demonstriert, aber von all den Betroffenen ist das doch nur ein kleines Häufchen, das sich aufregt. Hier im Süden Münchens ist es doch genau so: Hier ist eine Südumfahrung angedroht, die ein einmaliges, schützenswertes Waldgebiet unwiderbringlich zerstören würde und die gesamte betroffene Region dazu. Alle Gutachten haben bewiesen, dass die ganze Aktion nur der Straßenbauwirtschaft und keinesfalls den Autofahrern oder Anliegern etwas bringt. Es kamen viele zur Demo, aber noch viel mehr blieben daheim...
Mir fiel gestern in einem Gespräch mit einer Kollegin auch noch ein, wie wichtig es z.B. ist, die Gewerkschaften zu stützen und wie wenige das tun. Freilich, gibt es einiges an den Gewerkschaften auszusetzen, doch wo wären wir heute ohne sie? Sie richten oftmals nicht mehr viel aus, weil ihnen auch der Rückhalt der Gesellschaft fehlt. Ein Großteil meiner Kollegen und Kolleginnen ist der Meinung, dass Gewerkschaften nicht sein müßten und wissen tausend Gründe aufzuführen, die dies bestätigen, und sie wären niemals bereit, Mitglied zu werden und finanziell zu unterstützen. Wenn es aber Gehaltserhöhungen gibt, sind sie doch auch froh, dass sie wenigstens ein paar Euro bekommen.
Es bestätigt meine Meinung: Man nöhlt und ist nicht bereit wirklich irgendwas gegen die Zustände zu tun!
Jeder zieht den Kopf ein und ist froh, dass er nicht betroffen ist, wenn es um Entlassungen oder Niedrigstlöhne oder andere Katastrophen geht.
Das ist EIN Problem, das andere ist, dass man sich, egal wie gemein und unhaltbar die Zustände sind, sich irgendwie über Wasser halten muss. Mein Appell geht dahin, dass man, egal wie schwer es ist, eben für sich eine Lösung finden MUSS.
Ich hatte, als Frau Merkel gestern (?) die unselige Aussage zu den Mieterhöhungen aufgrund von Sanierungsmaßnahmen zum Besten gab, sofort an Marie Antoinette gedacht, die auch gesagt haben soll: "Warum essen die Menschen keinen Kuchen, wenn sie kein Brot haben?". Und ich dachte auch, dass man dieser "Marie Antoinette Merkel" auch irgendwie an die Kehle gehen sollte... Wie soll eine Familie oder auch ein einschichtig lebender Mensch plötzlich in der Lage sein, 200 Euro mehr zu bezahlen, dafür er dann um 50 Euro weniger Heizkosten hat - wobei die Heizkosten weiter steigen und die angebliche Ersparnis sich bald "in Luft" aufgelöst haben dürfte.
Ich kann mich natürlich weiter ergehen in Anklagen und im Beklagen, aber hilft es weiter?
Wie schon gesagt, es gibt viele unbetreute Kinder und ich werde zur Auffrischung meiner Rente sicher auf diesem Wege etwas machen - ich sah das in einem TV-Bericht über eine Frau in Berlin, die für Kinder mittags kocht - man kann sich ja mit anderen Männern und Frauen zusammentun... Es ist eine alte Weisheit, dass es billiger wird, wenn man für mehrere Leute kocht. Und beruftätige Eltern wissen ihre Kinder gefüttert und betreut. Es würde für sie billiger, als selbst im Schnellverfahren Fertignahrung zu bereiten. Die meisten Kinder lieben einfache Gerichte - ich weiß das noch von meinen.. Eintöpfe, Aufläufe, viel GEmüse, Kartoffeln, Nudeln, Obst..
Nora
Merope: Am nächsten Samstag (9.10.) ist in München eine große Demo gegen die Atomwirtschaft...! Eigentlich müßte die Stadt und das Umland platzen vor lauter Menschen, denn es betrifft doch jeden. Mal sehen, wieviele wirklich kommen...