Beiträge zum Thema: D. H. Lawrence - Mann und Frau...

 
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Orlanda
Orlanda
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"... Ah, die Geschichte von Mann und Frau: es ist eine lange Geschichte des Ringens, voneinander frei zu sein. Ägyptische Gott-Könige und der christliche Kreuzestod, sie sind nur Tricks, um der tödlichen Fessel zu entkommen, die den Mann an die Frau und die Frau an den Mann bindet und jeden zu des anderen Grenze macht. (ich weiß nicht, welches Wissen und welche Überlegungen Lawrence zu dieser Aussage gebracht haben... Anm.Orlanda) Was für eine Begrenzung die Frau doch für mich ist! Und was für eine Begrenzung ich doch für ihre allmächtige Fraulichkeit bin.

Und so kommt es, dass die beiden gegeneinander wüten. Und manchmal gewinnt der eine, und der andere geht unter. Und dann wendet sich die Schlacht. Und manchmal brechen die beiden auseinander, und die Männer sind alle Soldaten und die Frauen alle Weberinnen. Und manchmal werden alle Männer wie Frauen, und so brauchen die Frauen nicht länger fraulich zu sein. Und manchmal -aber ach, so selten - bleibt der Mann Mann und die Frau Frau, und sie kommen in ihrer Unterschiedlichkeit zusammen und sind sehr glücklich.

Aber der Mann muss Mann und die Frau Frau bleiben.
Die Seele des Mannes hat etwas Männliches, das über die Frau hinausgeht und woran sie keinen Anteil hat. Und die Frau, besonders die Mutterschaft, hat etwas, woran der Mann keinen Anteil hat und keinen Anteil haben kann. Ins Äußerste des Mannes einzudringen ist Gift für eine Frau und ins letztendlich Entrückte der Frau einzudringen bedeutet Leid für einen Mann.

Da haben wir es also - das alte, aber ewige Spiel von Mann und Frau: das die Zeit ausbalancierende Oszillieren der Ewigkeit. In ihm leben wir, und aus ihm ergibt sich unser Leben. Es besteht zwischen Mann und Frau eine Dualität in Gegensätzlichkeit. Es gibt eine duale Lebenspolarität. Und die eine Hälfte kann sich niemals der anderen Hälfte bemächtigen - der eine Pol kann niemals den anderen Pol ersetzen. Das ist der Grund für das Lebensrätsel.

Das Universum schwingt in ebensolcher dualer Polarität....

... Denn eine Frau will keinen Mann, den sie erobern kann: nein, und kämpfte sie auch wie der Teufel um Eroberung. Und das gleiche gilt für den Mann. O schreckliche Unterwerfung, besonders in der Ehe bist du der allergemeinste Verrat. Unterwirf dich nie, gib dich nie völlig auf. Das ist das letzte Wort an jeden Mann und jede Frau..."

aus "Mr. Noon" (1921)
"Die Arbeit an dem Buch macht mir teuflischen Spaß, es ist ein Schocker,das Publikum wird es verabscheuen." Mit dieser vielversprechenden Briefnotiz kündige Lawrence 1921 den "Mr. Noon" seinen Verlegern an. Diese wollten Lawrence bitten, das Manuskript von zu einschlägigen Sexszenen und zu augenfälligen Ähnlichkeiten mit zu jener Zeit noch lebenden Personen zu reinigen, dann machte der Bankrott des Verlegers dem Briefwechesl ein Ende, das Manuskript wurde versteigert und erst kürzlich in Amerika wieder entdeckt (- das wurde geschrieben 1975 Anm.Orlanda)

Der Dichter probagiert die freie Liebe und er beschreibt in diesem Buch, wie Frieda von Richthofen (im Buch Johanna) ihn, den jungen Gilbert (D.H.L.), das Paar flieht vor dem Ehemann Frieda's und der empörten Öffentlichkeit nach Deutschland, wandert durchs Rheinland, Bayern, Tirol bis nach Italien. Soldaten begegnen ihnen, der Kontinent rüstet zum ersten Weltkrieg. Johanna, die Sinnliche, betrügt Gilbert mit den Mitreisenden. Auch "Liebe ist ein hitziges Schlachtfeld".
Der Roman bricht mitten im Satz ab...
Der Roman ist die schönste Romanfassung von Lawrence's Reisebeschreibungen wie z.B. Mexikanischer Morgen, Das Meer und Sardinien"...." etc. (Text Buchumschlag)

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Entgegen der landläufigen Meinung, die geprägt ist von Lawrence's "Lady Catterley", ist D.H. Lawrence ein Schriftsteller mit sehr hohen moralischen Ansprüchen und Werten. Für ihn ist die Liebe das Maßgebende, sie ist für ihn angesiedelt weit über den Konventionen.

Frieda von Richthofen hätte nichts dagegen gehabt, wäre D.H.L. ihr Liebhaber geworden. Aber der Mann sieht im Ehebruch ein moralisches Problem. Das sittliche Postulat, das er vertritt, hat allerdings wenig mit dem bürgerlichen Moralkodex gemein. Es gestattet, so sagt Lawrence's Gesetz, einem Mann die Frau wegzunehmen, wenn das Gebot der Liebe das befiehlt. Aber es ist unwürdig und unsittlich, hinter dem Rücken des Ehemanns heimlich mit seiner Frau zu schlafen, so dass die Ehe nach außen weiterhin intakt erscheint. Aufrichtigkeit ist wichtiger als eheliche Treue - das ist ein Grundsatz, den Lawrence seiner Frieda aufzwingen wird: Keine Halbheiten, keine Verlogenheit, keine Rücksicht auf Dekorum, keine Wahrung der Scheinheiligkeit der Ehe...

Sie verließ Mann und Kinder und ging mit ihm, Lawrence und Frieda heirateten und waren ein sehr streitbares Ehepaar bis zu Lawrence's Tod im Jahre 1930. Frieda nahm es mit der Treue weniger genau...

Für mich ist Lawrence ein faszinierender Schriftsteller, mit einer machmal sehr ungewöhnlichen, holprig wirkenden Sprache (bin mir nicht sicher, ob es im Englischen auch so erscheint, die Originaltexte sind mir zu anstrengend, da meine Englischkenntnisse nicht das dafür notwendige Niveau haben). Ich mag seinen Humor, seine Tiefgründigkeit und seine Ehrlichkeit. Es war sicher nicht leicht, an seiner Seite zu leben, aber ungewöhnliche Menschen sind selten einfach...

Orlanda

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