Das gilt jetzt nur für mich, andere dürfen anders denken! - Ich denke, das „was wirklich wichtig ist“, lässt sich nicht in Worte fassen, weder in gesprochener Sprache noch in Schrift. – Es lässt sich allenfalls erfühlen, spüren. Dazu muss man stehen bleiben, inne halten, ruhig werden und seine Aufmerksamkeit vom Außen abziehen. – Das jedenfalls denke ich, seit meinem Herzinfarkt 2008, obwohl es mir heute wieder hervorragend geht.
Wird man mit dem Tod als nahes Ereignis konfrontiert – durch sich selbst oder wie im Beispiel durch einen Arbeitskollegen - , ist die gespürte, eigene Endlichkeit so ungeheuerlich, dass es inneren Schmerz auslöst, dem man sofort entfliehen will. Die Folge davon ist, dass der „Verstand“ , der ja alles „begreifen“,, alles „verstehen“ will, sich lautstark über den inneren Schmerz stellt, sich in Worten meldet oder einen Aktionismus hervorruft. Ziel dabei ist Ablenkung, Schmerzflucht. Weil es so weh tut, die eignen Anhaftungen in diesem eigenen Leben zu spüren.
Gemessen an der Weltgeschichte – nicht der Menschheitsgeschichte – ist ein einzelnes Menschenleben weniger als ein Fliegenschiss. Und doch hängen wir an so einem Fliegenschiss und meinen auch noch, andere Fliegenschisse in Richtig oder Falsch, in Gut oder Böse einteilen zu müssen, nur damit unser eigener, winziger Fliegenschiss „aufgewertet“ wird. – Wie blöd!-)
In ein paar hundert Jahren sind wir alle verfault. Kein Arzt der Welt wird uns davor bewahren können. Niemand wird dann mehr wissen, dass es uns gab, dass wir in einem Forum diskutierten, welche Leben wir führten, was unsere Ziele waren. Aber unser Verstand, der nur die Endlichkeit kennt, etwas anderes gar nicht versteht, fragt trotzdem danach: was ist wirklich wichtig…. Lächerlich, eigentlich, aber eine angenehme Dauerbeschäftigung für diesen Verstand.
Für mich bedeutet diese Erkenntnis allerdings nicht, dass ich jetzt das Leben in vollen Zügen genieße und nur noch Party mache oder auf mein eigenes Wohlergehen achte. Nein, es bedeutet für mich, von Zeit zu Zeit stehen zu bleiben, inne zu halten, mich zu spüren und mir bewusst zu machen, dass es auf dieser Welt Milliarden von „Fliegenschissen“ gibt, von denen jedes einzelne – auch ich – glaubt, der Wichtigste zu sein…-) Es bedeutet auch zu erkennen, dass ich jedes Mal, wenn ich einen anderen be- oder verurteile, wenn ich ihn mir gegenüber als minderwertig, weniger Intelligent oder sonst etwas betrachte, dass ich meinen winzigen Fliegenschiss regelmäßig über den anderen erhebe. Lächerlich, sage ich mir dann… :-)
Man kann sich natürlich überlegen, ob „Schutzschirme bauen“ nicht auch ein Schutz für die Erbauer selbst ist, die durch Aktion dem Schmerz ausweichen. Das ist per se ja nicht falsch, weil es kein Richtig oder Falsch gibt.
Natürlich trifft uns ein Todesereignis in der Nähe stärker als eines in weiter Ferne. Aber es ist dasselbe: stets die Konfrontation mit dem eigenen Schmerz, den wir dann „weghaben“ wollen.