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Orlanda
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Heut ist die längste Nacht und damit wird ab morgen wieder der Tag länger... Eine schöne Methapher für das Auf und Ab des Lebens.
Als ich Kind war, war dieser Tag noch dem Heiligen (ungläubigen!) Thomas geweiht - später hat die Kirche den Namenstag dieses Heiligen verlegt, weil an diesem Tag immer noch so viel Heidnisches geschieht (angeblich...)!
Für die jungen unverheirateten und unverlobten Mädchen und vielleicht auch die alten Jungfern - o pardon, heute heißt das Singles - war die Nacht des Heiligen Thomas eine besondere und heilige, weil eine Los-Nacht.
In Altbayern gab es einen ähnlichen Aberglauben und zwar: Wenn sich in der Thomasnacht eine ledige Frau vor ihrem Bett ganz nackt auf einen Schemel stellt und den folgenden Spruch spricht, dann sieht sie in dieser Nacht im Traum ihren künftigen Ehemann. Der Spruch lautet: „Betschemel i tritt di, heiliger Thomas i bitt di, lass mi sehn den Herzallerliebsten mein, in dieser heiligen Nacht!“
Man legte aber auch unter das Kopfkissen kleine Zettel, auf die man die Namen von Männern geschrieben hatte, die man gerne geheiratet hätte.
Träumte man in der Nacht von einem dieser Männer, so konnte man sicher sein, dass dies der zukünftige Ehemann werden würde.
Auch für den Tag gab es etwas zu tun: An diesem Tag wurde das Kletz'nbrot (Kletz'n sind getrocknete Birnen) gebacken. Die Bäuerin ging mit dem teigverschmierten Händen in den Obstgarten und bestrich damit die Stämme der Obstbäume. Das sollte Fruchtbarkeit für das neue Jahr bringen.
Die Thomasnacht ist die erste der Rauhnächte, in denen es nicht geheuer zugeht. Da reitet Wotan mit seinem Heer durch die Luft und ursprünglich war wohl der spätere Thomas einer der wilden Gesellen des Wotan...
Leut, bleibts daheim, denn heut Nacht, wenn der Sturm heult, geht die Post ab mit Wotans Wilder Jagd....
Huiiii! - Paßt bloß auf, Ihr lieben Frauen, von wem ihr heut Nacht träumt! Das könnte eine ernste G'schicht werden, gell?
Orlanda
(hofft auf einen traumlosen Schlaf...)