Beitrag aus Archiv
Orlanda
Anzahl Beiträge: 3598
Liebe Heydiehex,
grundsätzlich stimmt es, dass wir immer nur das suchen, was eigentlich nur einTeil von uns selbst ist. Aber das hieße ja, dass jegliche Partnerschaft nur unter diesem Aspekt zu betrachten wäre.
Wie ist es, wenn ich mich an der Seite eines Menschen wohl fühle, wenn man sich im Freude empfinden genauso auf einer gemeinsamen Ebene findet, wie in Trauer oder anderen negativen Aspekten des Lebens? Freilich kann auch hier gelten, wir fühlen uns da wohl, wo wir uns selbst begegnen, 'Dein Empfinden' ist sozusagen gleich dem meinem.
Ursprünglich war das Zusammensein, der Zusammenschluss mit anderen Menschen wohl nicht auf das ausgerichtet, was uns heute dazu bringt, uns Partner zu suchen. Die Gemeinsamkeit bedeutete Schutz und bestmögliche Überlebenschancen. Dieser Anspruch, sich hingezogen fühlen, sich im anderen Menschen wiederzufinden, Gemeinsamkeiten im Erleben und auch im Liebesgefühl zu haben und zu pflegen war nicht primäre Ursache der Hordenbildung.
Wir haben uns sehr weit von unseren biologischen Wurzeln entfernt und das, was heute unser Geist uns vorgibt, ist ein Kunstkonstrukt. Gefühle der Liebe, die wir heute empfinden, sind wahrscheinlich nichts weiter als verformtes Brunftverhalten. In der Hochphase der Begehrlichkeiten sicher noch ursprünglich - doch im Mißlingen vieler Partnerschaften zeigt sich, dass unsere Hormone und unser Wollen manchmal nicht miteinander vereinbar sind. Wir müssen an unseren Beziehungen "arbeiten", damit wir sie über die gewünschten Zeiträume am Leben erhalten - das alleine zeigt schon, dass DAS, was wir uns vorstellen, nur in unseren Köpfen, aber nicht in unseren Genen sitzt!
Der Mensch ist vom Rudeltier zum Single mutiert. Deutlich zeigt sich, dass die Hordenbildung Vorteile hatte und in manchen Kulturen immer noch hat. Doch unser Verstand schaltet sich immer oder meistens vor das, was uns der Instinkt vorgibt. So suchen wir krampfhaft nach der Horde - "abgespeckt" nach dem Partner - und hoffen bis ans Ende unseres Lebens, das zu finden, was wir für uns entworfen haben.
Dabei befinden wir uns aber in einer Lebensphase, die ursprünglich gar nicht mehr vorsieht, dass wir in Partnerschaft leben. Dies gibt den nächsten inneren Widerspruch: Wir möchten und wir möchten doch nicht. Wir verstecken uns hinter Auswahlkriterien, die verhindern, dass wir in eine neue feste Partnerschaft "rutschen". Klammern uns an unser Leben, unsere Lebensgewohnheiten - der neue Partner soll sich gefälligst daran anpassen oder wir verweigern ganz die Anpassung und suchen nur mehr die sexuellen Begegnung.
Alles in allem "läuft nicht rund". Wie ein Forumsmitglied einst schrieb "wir haben zu hohe Ansprüche". Nicht nur an die potentiellen Partner, sondern auch an uns selbst. Begebe mich, da ich nun eigentlich schon die Ruhe und den Frieden der späteren Jahre genießen möchte, noch einmal in die Unruhe der Balz und Paarbildung. Um wieviel schmerzlicher verläuft dies als in jungen Jahren, da dort noch Unbekümmertheit und Hoffnung das Sagen hatten? Ich lese Bücher, kämpfe mich durch alle möglichen Literaturen und Ratgeber, um mich in einen zuversichtlichen Zustand zu versetzen, um der Tristesse zu entgehen...
Was will ich, was wollt Ihr wirklich? Männer versenden Lebensfreudegrüße, die, obwohl manchmal beantwortet im Sand der Zeit versinken... Wir wollen und wir wollen nicht, wir wollen den Kontakt und scheuen davor zurück, uns wirklich zu begegnen...
Hilft Ehrlichkeit weiter? Da bräuchte es erst einmal die Ehrlichkeit zu sich selbst. Aber woher nehmen, wenn tatsächliche Wünsche und Aussichten nur in einem Nebel existieren? Zuzugreifen ist gefährlich, denn niemand weiß, was man erfaßt hat, wenn man die Hand aus dem Nebel zurückzieht...
Orlanda