Beiträge zum Thema: Kultur des Weiblichen

 
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Orlanda
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Schlagwörter wie "Frauen führen anders" etc. ergeben für mich immer die Frage "wie anders?" oder "was ist das?". Gibt es weibliche Kultur in einer Welt, die seit ca. 7000 Jahren vom Männlichen geprägt ist?

Was ist Frauenkultur? Erinnern wir uns noch an ein Gefühl, dass mit dem Eintreffen der ersten Bauern vor vermutlich 7000 Jahren (im Donauraum) sein Ende fand? Die damals einströmenden Völker brachten die Landwirtschaft und damit den Begriff "Besitz" nach Mitteleuropa. Die Gesellschaft der Jäger und Sammler wurde damit aufgerieben, aufgelöst. Mit der Inbesitznahme von Land gab es bald für die Jäger und Sammler kein Land mehr, in dem sie frei umherziehen und ihr Leben leben konnten. Ähnliches geschieht heute noch z.B. in Südamerika.

Wir wissen nicht, wie sich die Gesellschaft entwickelt hätte, in der die Frauen gleichwertig waren mit den Männern, weil sie den Fortbestand der Sippe sicherten mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln. Vieles was man heute darüber weiß ist hypothetisch, aber es gibt auch Anhaltspunkte.
Manches Wissen ist in Sagen und Märchen erhalten geblieben, doch viele Reste der Erinnerung wurden mit den Inquisition "ausgelöscht".

Wenn wir heute von Frauenkultur sprechen, so bezieht sich das nur mehr auf klägliche Reste aus einer Zeit, in der die Mutterschaft heilig war, in der die Frauen seßhaft und die Jäger/Männer sich wahrscheinlich nur zeitweise zu den Frauen gesellten um diese mit dem Fleisch der erlegten Tiere zu versorgen.
Die Frauen bearbeiteten die Felle, stellten Kleidung und Decken her, wußten um die Geheimnisse von Heilung und Geburt und Erhalt des Lebens.
Doch leider wissen wir zuwenig und vorallem wissen wir nicht, wie sich die Gesellschaft weiterentwickelt hätte, ohne den Wandel zur patriarchalen, bäuerlichen Besitzgesellschaft, deren prägendste Eigenschaft die Unterwerfung der Natur ist. Die Jäger und Sammler lebten MIT der Natur. (Auch die Bevölkerungszunahme kam erst auf mit dem Besitz!)

Frauen leben heute in einer Welt, deren Regeln von Männern geprägt sind, und wenn eine Frau beschließt, gleichberechtigt zu leben, so schlüpft sie in eine Rolle, die bisher nur für den Mann gegolten hat.
Die den Frauen in der patriarchalen Gesellschaft zugedachte Rolle ist die eines Wesens, das zum Besitz des Mannes gehört, wie Land, Vieh und Kinder. Zur Wahrung des Besitzstandes wird die Frau ent-rechtet.

Zum Glück hat sich in den letzten 100 Jahren vieles geändert und doch stehen wir an einer Schwelle, denn das Nachahmen, das Fortführen einer Kultur, die nicht wirklich eine weibliche ist, da sie wichtige Lebensbereiche ausschließt oder erschwert, kann nicht eine Kultur des Weiblichen sein!

"Weibliches Führungsverhalten" - was ist das?
Heißt das, dass die Mitarbeiter morgens von der Chefin mit Küßchen begrüßt werden (wie ich das erlebt habe)? Oder dass sich die Chefin weicher oder härter verhält als ein Mann? Hier herrscht allerorts eine gewisse Ratlosigkeit...

Wie war das in der Urfamilie? Durfte sich nur die Alphafrau fortpflanzen, während die niedrigeren Frauen zum Dienst an der Gruppe abberufen waren? Beanspruchte die Alphafrau die Männer der Gruppe für sich sowie den Hauptteil der Beute, den die Jäger brachten? Wie mächtig war sie?

Wieviel ist noch in uns Frauen von jenen (vermutlichen) Verhaltensweisen? Rang und Hierarchien werden bei den Männern anders gehandelt als dies Frauen tun. Ich vermute, dass dieses Verhalten in die Vergangenheit weist. Bei den Jägern war die perfekte Zusammenarbeit notwendig, nur so war der Jagderfolg gesichert.

Die Frauengruppe brauchte auch den Zusammenhalt, aber sicher wurde er anders gelebt. Schwangerschaften, Geburten, Kinder, Versorgung der Kranken, Sammeln und Zubereitung von Speisen, Hüttenbau usw. zwangen den Frauen ein anderes Leben auf.

Heute begeben sich Frauen auch "auf die Jagd", wie die Männer, das "Sesshaftsein" ist nicht mehr gefragt. Doch wie läßt sich das vereinbaren mit den ureigenen Wünschen, Anlagen und Instinkten? Manche verleugnen wir bzw. das Verleugnen wird anerzogen - wenn schon nicht vom Elternhaus, so doch von der Gesellschaft. Z.B. auch, indem das Kinderhaben erschwert wird. Es geht der Gesellschaft nicht mehr um den Fortbestand aller, sondern Einzelne "schaffen" sich Kinder an, die es sich leisten können, um ihren Fortbestand bzw. den ihres Vermögens zu gewährleisten. Privatschulen sorgen für beste Ausbildung. Die Ausbildung des Volkes ist zweitrangig - das Volk gilt (Mann als auch Frau) nur mehr zum Frondienst (Erwirtschaftung der Steuergelder).

Die Männergesellschaft hat uns geprägt - doch da, wo wir Frauen eigentlich hinmöchten, ist ein weißer Fleck...

Orlanda
 
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Orlanda
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Sicher sind Männer und Frauen jeweils anders "ausgelegt" - ihren ursprünglichen Aufgaben entsprechend, auch wenn das die feministische Seite kränkt...
Aber das Leben am BEginn der Menschheit war halt kein Fragespiel "Wer möchte was machen", sondern es galt die Art zu sichern und sonst nix!

Männer sind aufs Beutemachen und Verteidigen ausgelegt - wie auch bei unseren nächsten VErwandten, den Primaten. Es gibt ja angeblich sehr aggressive Schimpansengruppen und weniger aggressive. Schimpansenmänner rotten sich manchmal zusammen und überfallen Männer aus anderen Gruppen. Ich sah das in einer Dokumentation - es ist erstaunlich, wie die beisammenhocken und bedeutungsvolle Blicke austauschen, ehe sie losbreschen.

Die Schimpansenweiber schließen sich auch zusammen, haben aber auch ihre Hierarchie. Vermutlich ging es ähnlich bei den frühen Menschen zu - und wenn man ein wenig tolerant ist in der Betrachtungsweise, dann stellt man fest, dass sich SO VIEL GAR NICHT geändert hat!

Frauen sprechen mehr als Männer - aus den Gründen, die Du genannt hast. Man kann Buben aber von klein auf sprachlich fördern, dann werden sie richtige Plaudertaschen, wie mein kleiner Enkel. Das ist der Vorteil, dass kleine Jungs heute nicht mit den schweigsamen Männer aufwachsen, sondern eben von Erzieherinnen betreut werden.
Es gibt allerdings unter den erwachsenen Männern auch rechte Quasselstrippen - aber eben weniger als Frauen...

Orlanda
(auch Quasselstrippe, weil ich immer noch nicht im Bett bin, obwohl ich gleich vom Stuhl falle... aber dann hör ich zu schreiben auf...)
 
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Orlanda
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Ich weiß, es weicht von der Realität oftmals ab: Aber für mich ist die idealisierte bäuerliche Familie eine Art Leitfamilie:

Beide, Mann als auch Frau haben ihre festumrissenen Aufgaben, die sich im wesentlichen an den körperlichen Fähigkeiten orientieren. Beide Arbeitsbereiche, die des Mannes als auch die der Frau, fordern große Leistungen.
Es geht um den Erhalt und Fortbestand des Hofes, die Sicherung der Lebensgrundlage und auch die Sicherung der Erbfolge.

Ins nichtbäuerliche Leben übersetzt heißt das, das auch hier beide Partner ihr Bestes geben, um die wirtschaftliche Sicherheit der Familie zu gewährleisten. Sicher geht es auch hier um körperliche Fähigkeiten, aber auch um Talente und andere Fähigkeiten. Wenn das funktioniert und auch noch die emotionale Ebene befriedigend ist, dann kann das Unternehmen "Familie" doch nur erfolgreich sein...

Früher (ich denke dabei an meine Großeltern mütterlicherseits) beschloss man zu heiraten, weil man 'sich gern hatte' (meine Großmutter sagte nie "ich liebe ihn", sondern sie hatte den Großvater gern...). Man pachtete mit dem ersparten Geld ein Häuschen, kaufte ein Schwein, ein paar Hühner und legte los. Großmutter hatte einen Garten fürs Gemüse, der Großvater zimmerte den Hühner- und Schweinestall... Die ARbeitslosigkeit gab dann einige Probleme, aber Garten, Hühner und Schwein brachten die junge Familie einigermaßen über die Runden.
Sie waren 40 Jahre verheiratet und wären es noch, wäre mein Großvater nicht mit 59 Jahren gestorben...
Das Unternehmen florierte, weil sich die Partner unterstützten, jeder sein Bestes gab und sich respektierten. Und wohl auch, weil sie ihre Rollen angenommen hatten - zum Wohle der Familie.

Die Familie - ist das ein Idyll aus dem Biedermeier? Nein, es ist ein Zusammenschluss zweier Menschen, die gemeinsam ein Unternehmen gründen...
Vielleicht waren die weniger romantischen GEfühle, die Zweckausgerichtetheit früher ein besseres Fundament als das ganze Gesülze der heutigen Zeit...

Orlanda
 
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Orlanda
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@Heydiehex: "... Gleichheit der Geschlechter gibt es jedoch nicht.....und darf es auch gar nicht geben - denn beide Geschlechter werden dringend gebraucht !.."

Natürlich, aber darum ging ja auch meine Frage: WAS ist denn das, das WEIBLICHE? Die biologische, die hormongesteuerte Seite? WAS macht weibliches Denken aus? Und ist es am Ende wirklich so anders wie männliches Denken?

Wir wissen gar nichts - nicht, wie sich die Gesellschaft entwickelt hätte, denn auch die Frauen wären nicht auf ihrer steinzeitlichen Mentalität sitzen geblieben. Frauen denken schließlich auch wirtschaftlich und ergebnisorientiert. Frauen sind auch fähig zu kämpfen - bisweilen mit sehr fiesen Methoden (Gift!) und gar keine Heiligen! Friedfertiger wäre die Geschichte sicher nicht verlaufen - das zeigt sich ja auch im Kleinen: Wer in den Familien meistens STreit anzettelt, sind die Frauen. Den Frauen wurde viel Ungerechtigkeit zuteil, was sie auch gerne wieder an andere Frauen weitergegeben haben. Frauen waren immerhin nicht unwesentliche Stützen der patriarchalischen Systeme (z.B. Denunziantinnen von Mitbürgerinnen in der Zeit der Inquisition!)....

Nein, die Heilsgedanken einer von Frauen gesteuerten Welt sind pure Fantasie. Schön wärs..!

Ich glaube, echten Frieden und wenn es denn Gerechtigkeit geben kann, kann es nur im Miteinander der Männer UND Frauen geben. Jedes System, das den Mitmenschen ausschließt ist ein falsches, unzulängliches System...

Orlanda
 
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Merlin47
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Es geht nicht darum, eine von Frauen geprägte Gesellschaft zu errichten – damit würden wir lediglich die Lager wechseln und weiterhin auf einen Teil des geistigen Potenzials der Menschheit verzichten.

Wesentlich wäre es, die Denkweise zu verändern. Also nicht zu versuchen aus den Frauen Männer zweiter Klasse für eine Männergesellschaft zu machen. Wir sollten vielmehr versuchen zu einer menschlichen Gesellschaftsform zu finden, in denen das jeweils sinnvollere Element der Geschlechter mit einfließen sollte.

Das Erfolgsrezept aus der fernen Vergangenheit lag ja gerade in der Symbiose der unterschiedlichen Fähigkeiten in der kleinen Gemeinschaft einer Sippe.

Es wäre jedoch ein Rückschritt wenn wir versuchen wollten in diese archaische Strukturen zurückzukehren. Der Fortschritt läge im Versuch, das bewährte System des menschlichen Gemeinschaftssinnes auf größere Gesellschaftsformen auszudehnen und auszubauen.

Dazu gehört dann auch, daß man sich der Fähigkeiten und Schwächen des jeweils anderen Geschlechtes auch bewußt wird und diese annimmt. Es wäre in diesem Zusammenhang schon ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, wenn man sich die Frage stellt, was man vom anderen Geschlecht für sich selbst lernen kann.

Wir sollten also weder über eine patriarchalische noch einer matriarchalische Gesellschaftsform nachdenken, sondern über eine symbiotische.


Merlin
 
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Ehemaliges Mitglied
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Wenn man sich die Natur anschaut, so gibt es ja bei vielen Insekten, z.B. den Ameisen, reine "Frauenstaaten".

Da ist die Dominanz dann genau umgekehrt. Auch die "Kasten-Zuordnung" ist stark ausgeprägt.

Feinde aus der gleichen Gattung, aber aus einem anderen "Staat" werden gnadenlos vernichtet.

Den kriegerischen "Amazonen" sagt man nach, dass sie mit besonderer Vorliebe ihre Feinde enthauptet haben.

Wäre die Evolution anders verlaufen und die Frauen von Anfang an an den Schaltstellen, gäbe es keine Sicherheit dafür, dass diese Gemeinschaft sich anders (besser) verhalten würde.

Ob LF50 da einen kleinen "Einblick" in weibliche Verhaltensmuster gibt, ist reine "Spekulation" bzw. rein "zufällig".

Allerdings kann man auch immer wieder feststellen, dass viele "unterdrückte" Völker nach ihrer "Befreiung" im laufe der Zeit ähnliche Verhaltensmuster entwickelt haben, wie vorher die Unterdrücker.

E.
 
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Orlanda
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Lieber Merlin,

es bliebe zu wünschen, dass sich nun endlich ein Weg finden ließe, der ein harmonisches Miteinander von Männlichem und Weiblichem Prinzip, von Mann und Frau, ermöglicht (wie das im Yin - Yang schon zum Ausdruck kommt).

Es wird kaum einen kollektiven Umschwung geben, aber jeder/jede Einzelne kann für sich viel machen.

Das ist eigenlich mein Wunsch zum Weltfrauentag - vielleicht wird ja noch einmal ein Weltmenschentag daraus...

Orlanda
 
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Merlin47
Merlin47
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Liebe Orlanda,

es gibt da eine allseits bekannte Allegorie, die diesen Übergang in eine neue Gesellschaftsform umschreibt: Die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies. Sie lebten sorglos in einem Garten und mußten ihn dann verlassen, um im Schweiße ihres Angesichtes ihr tägliches Brot zu verdienen.

Ganz so sorglos war das Leben im Paradies jedoch auch nicht und war oft von Hunger und anderen Entbehrungen geprägt. Die Hinwendung zu einer Gesellschaft von Bauern und Hirten brachte da große Vorteile, wenn auch der Preis dazu sehr hoch war. Nachweislich verschlechterte sich trotz des höheren Nahrungsangebotes der Gesundheitszustand mit dem Dasein eines Bauern dramatisch.

Anderseits wäre eine solche Entwicklung der Menschheit ohne diesen Sprung niemals gelungen und wir würden noch heute durch die Urwälder Nordeuropas streifen, wie in den Millionen Jahren zuvor.

An anderer Stelle in diesem Forum hatte ich ja auch schon von der verpaßten oder ungenutzten Chance der Frauen und unserer Gesellschaft geschrieben.

Ich denke, daß die Gründe dazu leider auch im Wesen der Frauen selbst liegen. Im Augenblick lese ich gerade ein kleines Buch "Wie das Denken erwachte", in dem es um die Evolution des menschlichen Denkens geht und da sehe ich mich auch wieder darin bestätigt, daß wir Gefangener unser selbst sind.

Es gibt aber gerade auch aus diesem Bereich heraus eine kleine Hoffnung, wenn wir uns etwas mehr dem weiblichen Aspekt zuwenden würden, könnten wir tatsächlich eine evolutionäre Grenze in unserem Denken überwinden.

Merlin

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