Beiträge zum Thema: Kennt Ihr die Bücher....

 
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stecki
stecki
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Ehemaliges Mitglied schrieb:
"Cheri" und "Cheri's (oh, das sieht jetzt aber verkehrt aus!) Ende" der großen Schriftstellerin Colette?

Diese Werke gehören angeblich zur erotischen Literatur. Ich sehe das nicht unbedingt so.

Ist die Protagonistin nun eine "moderne Frau" oder ist sie es nicht?
(sie liebt einen deutlich jüngeren Mann, ziemlich platonisch, wenn ich mich richtig erinnere)

Komisch eigentlich.
Bei Büchern gelangt selten eine Schriftstellerin in die "Weltliteratur". Woran das liegen mag?

emirena
selbstverteidigung-50plus
 
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Ehemaliges Mitglied
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"Cheri" und "Cheri's (oh, das sieht jetzt aber verkehrt aus!) Ende" der großen Schriftstellerin Colette?

Diese Werke gehören angeblich zur erotischen Literatur. Ich sehe das nicht unbedingt so.

Ist die Protagonistin nun eine "moderne Frau" oder ist sie es nicht?
(sie liebt einen deutlich jüngeren Mann, ziemlich platonisch, wenn ich mich richtig erinnere)

Komisch eigentlich.
Bei Büchern gelangt selten eine Schriftstellerin in die "Weltliteratur". Woran das liegen mag?

emirena
 
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Ehemaliges Mitglied
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"ich bin Malala"

das durch seine Auftritte bekannte pakistanische Mädchen schildert seinen Alltag und seinen Weg während der politischen Wirren im Kampf um Macht, Herrschaftsansprüche und religiösem Fanatismus.

Sie fragt nicht, ob ein Mädchen wie sie die "Welt verbessern" kann, sie tut einfach, was sie tun muss.
Allerdings hätte Malala diesen Weg wohl nicht so ohne weiteres ohne die Unterstützung ihrer Familie, insbesondere ihres Vaters, gehen können.
Er ist ein gebildeter Mann, der sich um Schulen, insbesondere auch für Mädchen, kümmert und seine Tochter darin bestärkt, sich nicht beirren zu lassen.

Sie wächst (für die dortigen VErhältnisse) ein wenig privilegiert auf (es gibt genug zu essen und ein Dach über dem Kopf).
Die Mutter ist Analphabetin, aber mit einer natürlichen Weisheit gesegnet, die aber auch gleichzeitig von großer Sorge um ihr Kind begleitet wird.

Sehr beeindruckend. Ich schenke das Buch meiner Enkelin zum 15. Geburtstag. Ich weiß, dass es sie interessieren wird.

Gleichzeitig frage ich mich aber, wen interessiert sonst noch die Geschichte eines paschtunischen Mädchens aus dem fernen Pakistan?

Von einigen ihrer Landsleute wird Malala der Lüge bezichtigt: sie wäre garnicht angeschossen worden und habe die ganze Geschichte nur erfunden, um in England im Luxus leben zu können.

Unfassbar, was Menschen anderen Menschen antun.

emirena

Alte Bauernweisheit:
wer den Schaden hat, braucht für den Spott nciht zu sorgen.

Ich bin froh, dass es Menschen wie Malala gibt und solche, denen das Schicksal anderer Menschen nicht völlig gleichgültig ist.

emirena
 
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Orlanda
Orlanda
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Nach dem Lesen des zweiten Buches, Cheri's Ende, sehe ich die Geschichte in einem anderen Licht als am Anfang. Für mich ergibt sich der Sinn erst aus dem zweiten Buch. Und nochmals sehe ich keinen Anhaltspunkt, die Bücher über Cheri als "erotische Literatur" zu bezeichnen. Vielmehr scheinen sie mit Psychologie zu tun zu haben.

Lea und Cheri, sind sie nicht zwei Archetypen?

Cheri verläßt Lea und damit beginnt für Lea das Alter. Nach anfänglichem Schmerz über den Verlust (der Jugend) gibt sie sich dem hin, was unausweichlich ist (der ABschied von Cheri/der ABschied von der Jugend). Am Ende ist sie tatsächlich eine alte Frau, die sich in ihrer Rolle gut eingefunden hat.

Die abgespaltene Jugend (Cheri) ist aber durch diesen bewußten Abschied nicht tot oder begraben, sondern brütet im Hintergrund weiter. Sie ist (wie Cheri) dunkel, abgemagert, depressiv und will letztendlich nichts als nur zerstören (und zerstört sich am Ende selbst).
Cheri/die Jugend findet keinen Zugang mehr zu Lea, weil diese sich dem Alter ergeben hat und die Jugend nicht mehr zuläßt. Es gibt keinen Kompromiss.

Cheri/die Jugend sieht in sich keinen Sinn mehr und setzt sein Zerstörungswerk an sich fort, bringt sich um.

Davor begegnet Cheri noch eine auch alt gewordene Bekannte, die im Besitze von Leas Fotografien ist. Noch einmal versteigt er sich in Erinnungen, sieht jedoch ein, dass er verloren hat.

Leider ist die Frage, was bedeutet Cheri's Tod für Lea, nur mehr der Fantasie des Lesers/der Leserin überlassen.
Die Frau, die ihre Jugend abgestreift und sich im Alter eingerichtet hat, wie wird sie den endgültigen "Tod" ihrer Jugend aufnehmen? Sie ist ja schon im Alter angekommen. Nun wird sich zeigen, ob dies wirklich ihrem Inneren entspricht oder ob dies nur halbherzig war, weil sie noch um ihre innere, wenn auch verborgene Jugend wußte? Weil da noch etwas war, was Jugendlichkeit symbolisierte?

Cheri, Symbol der Jugend, trug schon früh die Symbole des Alters: Dunkelheit, Stagnation, Hoffnungslosigkeit - wurde nur kurzzeitig während der Beziehung zu Lea zur Jugend.

Lea wurde durch ihre Beziehung zu Cheri noch einmal zur Jugend und ihren Symbolen geführt: Lebenslust und -freude, Zuversicht, Schönheit, Hoffnung, Mut, Vorwärtsstreben. Mit Cheri's Abkehr beginnt das Alter.

-----------------

Kann der Mensch auch im Alter ein Maß an Jugendlichkeit erhalten? Wenn es nicht an eine Person gebunden ist, sondern man es als einen Teil von sich akzeptieren kann, müßte es doch einen maßgeblichen Anteil an einem gesunden Alterungsprozess haben?
Das Alter akzeptieren gehört aber auch dazu.
Irgendwie erscheint es mir, gehören beide, Alter als auch Jugend, in jedem Lebensalter zum Menschen. Es darf nur keines überhand nehmen...

Orlanda
 
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Orlanda
Orlanda
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Neues von der Bücherfront:
Au weia! Lea ist gealtert und der arme Cheri fürchterlich enttäuscht.
Die Frau hat sich gut aufs Alter eingerichtet, sie schwört auf bequeme Kleidung und Schuhe, die fürs Gehen gemacht sind!
Ein wenig erinnert mich das an einen Wortwechsel hier im Forum, bei dem sich ein Mann darüber beschwert hat, dass die älteren Damen sackartige, körperverschleiernde Kleidung tragen und gar nicht mehr sexy aussehen.

Colette ist ziemlich gut im Beschreiben der gealterten Lea, so gut, dass es einem kalt den Rücken runter rutscht...

Wie gut, dass wir hundert Jahre später leben und viel mehr über unsere Körper wissen, wie wir sie gesund und fit halten.

Aber genaugenommen ist der Wandel der Lea auch interessant, auch die Gelassenheit gegenüber dem Wandel...

Orlanda
 
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Orlanda
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Nun ist also "Cheri's Ende" eingetroffen und ich werde mich gemütlich zurückziehen, um mir dieses Drama zu Gemüte zu führen... Natürlich lege ich mir viele Taschentücher bereit....

Die Figur des Cheri ist eigentlich eine sehr traurige...

Gute Nacht!
Orlanda
 
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Orlanda
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Liebe Emirena, in solchen Momenten bedaure ich immer, nicht Literaturwissenschaft oder so etwas Ähnliches studiert zu haben (wie habe ich meine Jugend mit völlig belanglosen Dingen vergeudet!... wieviel Zeit und Energie habe ich z.B. mit dem Thema Mann verbracht, während das echte Leben von mir außer Acht gelassen wurde!... - späte Einsichten, aber zum Glück noch nicht ganz zu spät!)

Für mich werde ich auf jeden Fall versuchen, nach den genannten Kriterien Colettes Cheri zu betrachten. Dass dies aber sehr laienhaft ausfallen wird, braucht mich selbst nicht zu stören. Es sind ohnehin nur immer die eigenen Erkenntnisse - auch aus von anderen verfaßten Abhandlungen - nur das, was ich aufnehme, annehme ist für mich persönlich von Relevanz... Es wäre aber sehr wichtig, mit anderen Menschen darüber zu kommunizieren, um auch andere Sichtweisen kennenzulernen.

Ich hab mir übrigens auch noch die DVD der Verfilmung von Cheri (mit Michele Pfeiffer) bestellt. Das tat ich auch beim Tod in Venedig. Es ist interessant auch das sich anzusehen, was ein guter Regisseur aus einem Thema macht/machen kann. Es ist wie eine weitere Sichtweise - zu meiner in Anbetracht der Erklärungen und zum Buch.

Dieser Tag verläuft heute so entspannt, mein Geist ist ausgelastet und ich fühle mich richtiggehend "erfüllt" vom Leben.

Das hat sich scheinbar auf alles, auf den ganzen Ablauf ausgewirkt: Nachdem ich von der Post ein Paket abgeholt habe, war ich in meinem Lieblingscafe, habe dort gegessen, zum Dessert gabs Erdbeer-Tiramisu und Espresso.

Der Konditor/Cafehausbesitzer ist Österreich-Liebhaber und dies kommt in allen Facetten zum Ausdruck: Liebevoll altmodisch/altösterreichisch eingerichtet (Kristalllüster, verschnörkelte Stühle, ein wenig K&K-Charme...) und auch die Gerichte sind österreichisch (die Pfannkuchen heißen hier Palatschinken!), es gibt Meinl-Kaffee und das schöne Meinl-Geschirr.... Wundervoll!

Dort begegnete mir heute auch ein Mann, schon älter, eben meine eigentliche Altersklasse... Er schien kultiviert, eine durch und durch angenehme Erscheinung. Er demonstrierte sehr offen seine Aufmerksamkeit für mich. Mehr als ein Austausch eines wohlwollenden Lächelns gab es aber leider nicht.

Vielleicht oder wahrscheinlich ist der Mann verheiratet. Aber immerhin, es gibt doch noch das, was ich gerne möchte... Die Wahl desselben Cafes habe ich auf jeden Fall als mentale Gemeinsamkeit verbucht...

Dann gabs in der Stadt ein "Spektakel" und als ich aus dem Cafe trat, umfing mich herrliche Gitarrenmusik und eine Männerstimme sang. Es war eine Musik, die schwang so schön inmitten der Mauern, dass ich einfach in einem Torbogen stehen bleiben mußte.

RORY CHARLES, ein Musiker aus England, war der zweite Mann diese Tages, der mich ins Herz traf - mit seiner Stimme. Vom Typ her gepflegter Hippie. Mit dieser Musik haben mich die Erinnerungen an meine frühen Jahre voll getroffen...

Nein, kein Cheri, nicht der Wunsch des Habens, sondern einfach in mir das wundervolle Gefühl, wie sich alles lockert, was sich in der letzten Zeit so hart anfühlte.

Nun singt er für mich, diese CD werde ich mir noch oft anhören...

Welch ein Tag!

Orlanda
 
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Ehemaliges Mitglied
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Hallo Orlanda,
Du hast eine sehr schöne Kurzfassung verfaßt.
Danke. Was die sogenannte erotische Literatur betrifft, sehe ich das genauso.
Erotische Literatur von Frauen geschrieben gibt es z.B. von Anais Nin oder von Erica Jong.

Mein ganz persönliches Fazit aus "Cheri":
ich stehe mehr auf erwachsene Männer.
Was natürlich nicht heißt, daß diese nicht das Erwachsen-Geworden-Sein mit einigen eher jugendlichen Attributen wie Spontaneität, Schaffenskraft und Energie uva, in sich vereint haben können.

Kann sein, daß Colette eine für damalige Zeiten "moderne Frau" war; ihre Protagonistin ist es für mich nicht unbedingt.

Daß es zu "Cheri" eine Verständnisanleitung gibt, glaube ich nicht. Wenn, müsste diese aber ebenfalls von einer Frau geschrieben worden sein.
Wie wär's mit Dir, Orlanda??

Noch eine Anmerkung zum Buch: es ist ja leider nicht davon auszugehen, dass in eine andere Sprache transscribierte Literatur 1:1 die gleiche sprachliche Wirkung entfalten kann wie im Original.
Versucht man, Bücher zweisprachig zu lesen, kommt leider der Unterhaltungsfaktor zu kurz.
Alles kann man eben leider selten haben - das gilt für Literatur ebenso wie für die Liebe.

emirena
 
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Orlanda
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Nachtrag: Als "Erotische Literatur" kann ich Cheri nicht anerkennen!
Es genügt offenbar, wenn eine Frau, die nicht nur Kurtisane war, sondern auch noch einen jungen Liebhaber hat, in einem Roman die Hauptrolle spielt. Ein paar wenige Schilderungen der sexuellen Begegnung (gekonnt und appetitlich geschildert!) reichen meiner Meinung auch nicht aus für das Prädikat "Erotische Literatur". Wer das behauptet hat wohl noch nie Balzac gelesen oder Boccaccio's Decamerone, Casanova's Lebenserinnerungen...!?

Was mir fehlt, ist eine gute Rezession, sind "Grundlagen und Gedanken zum Verständnis..." dieses Romans von Colette.

Ich habe erst kürzlich den "Tod in Venedig" gelesen, weil ich in einem Bücherbazar Diesterweg's "Grundlagen und Gedanken zum Verständnis erzählender Literatur" zu diesem Mann-Roman gefunden hatte. Es ist sehr spannend, ein Literaturstück so analysiert zu lesen (z.B. Grundlagen: Literatursoziologisches, Literaturgeschichtliches, Stilrichtung, Verbindungen zu anderen Autoren, Strukturen des Textes, Mythos, das "Venedig-Bild"). All diese "Beleuchtungen" ermöglichten mir, diese Geschichte des alternden Mannes und seiner Liebe zu einem Jüngling ganz anders zu erleben, als dies nur mit dem bloßen Lesen möglich ist.

Genauso wäre es sicher interessant, über Cheri ähnliches zu erfahren. Weiß jemand, ob es das gibt?

Mir erscheint es so - und das fiel mir erst jetzt beim Kaffee ein - dass zwischen dem Tod in Venedig und Cheri ein dünnes Band besteht. In beiden Romanen verfallen ältere Menschen der Jugend (jungen Männern!), natürlich unter völlig anderem Hintergrund. Beim älteren Mann führt diese Liebe in den Tod...
Beides spielt in der Zeit vor dem 1. Weltkrieg, in einer Zeit, die noch voll von Konventionen und Tabus war...

Orlanda
 
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Orlanda
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Die Frage, ob Lea eine moderne Frau ist, kann ich nicht eindeutig erkennen.

Lea lebt - für ihre Zeit - in einer "ungehörigen" Modernität, hat weder Ehemann noch füllt sie die Rolle aus, die einer Frau damals zugedacht war.

Sie sucht sich ihre Männer immer selbst aus, die sie zu einer vermögenden Frau mach(t)en. Am Ende ermöglicht ihr das einen bürgerlichen Wohlstand und Lebensstil.

Dieses Leben in 'Freiheit' - nie endete Lea "in den Händen eines alten Mannes" und dieses ständige "frische Fleisch" der jugendlichen und jungen Männer vermutet sie als Quelle ihrer Vitalität. Sie findet sich rein und stolz und doch läßt sich der Gang der Zeit und des Schicksals nicht verdrängen.

Läßt sich ein "modernes Leben" IMMER leben? Endet es nicht gerade dort, wo den Menschen die unkontrollierbare Veränderung trifft, die er nicht verhindern kann?

Der Mensch gestaltet sein Leben in einer Weise, wie es ihm zusagt. Frauen lehnen Rollen ab, weichen aus, erkämpfen etwas für sich, mit einigem Geschick gelingt ein Leben, das weitgehend frei ist von Zwängen, Unfreiheit und Abhängigkeiten.

In winzigen Segmenten tritt jedoch gleich dem Gras in einer aufgesprungenen Betondecke das hervor, was sich nicht verhindern läßt. Ist dies nun eine Liebe oder ein anderer Schicksalsschlag.
Dieses winzige "Pflänzchen" kann den Beton sprengen und alle Vorkehrungen und Vorsichten zunichte machen.

Das Haltung und Kontrolle bewahren bis zur letzten Kraft, dieses Kräftemessen mit dem Unabwendbaren, führt in die Katastrophe.

Alle Modernität hilf nicht weiter, wenn die Frau darunter zerbricht, wenn sie keinen Weg mehr weiß aus dem Unglück. Hier bedarf es der Stärke, des Mutes und vorallem des Annehmens von Dingen, die nicht zu ändern sind.

Ich werde mir Cheri's Ende auch noch kaufen. Es ist spannend zu lesen, wie Menschen mit ihrem Schicksal fertig werden. In vielem zeigen sich Parallelitäten zu den eigenen Erfahrungen, zum eigenen Leben. Im Erfahren des fremden Schicksals ergibt sich oftmals ein weicherer Blick auf das eigene.

Manchmal ergibt sich daraus auch ein Bild, auf das man zufrieden blicken kann, weil eine gute Position erreicht ist.
Mit dieser Erkenntnis beginne ich den Tag, werde grad noch eine Tasse Kaffee trinken, mich in die Stadt begeben und mich auf das freuen, was der Tag für mich bereit hält....

Orlanda

(PS: Eine weitere freudige Erkenntnis als starke Frau: Gestern teilte mir der Ombudsmann meiner Versicherung mit, dass die Versicherung nun doch zahlen muss! DAs bedeutet, dass mein Aufmucken, mein nicht zur Kenntnis nehmen eines Entscheids, der mir ungerecht erschien, erfolgreich war und ich 200 EUR erstattet bekomme. Das ist doch ein Erfahrungswert, nicht wahr?)
 
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Orlanda
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Das Buch abgeholt und sofort damit begonnen, darin zu lesen. Nun habe ich die letzten Seiten beim Frühstück zu Ende gelesen.

Es ist gut zu lesen, unterhaltsam geschrieben - ich mußte mich gestern im Zug beim Heimfahren sehr beherrschen, um nicht laut zu lachen, bei der Beschreibung der Situation, als die Damengesellschaft (Cheri's Mutter und Freundinnen und Lea) auf die Rückkehr des jungen Paares warteten. Man lacht, wenn man solche Dinge in einem Buch liest, es vergeht einem das Lachen, wenn man in der Realität solche Menschen antrifft und ihr Verhalten erleben muss.

Der schöne junge Mann, Cheri, erscheint mir anfangs wie eine Methapher des "wilden jungen Lebens" für Lea, die an der Schwell des Alters steht (49!). Jung, verdrossen, ungezogen, verwöhnt, gelangweilt und zickig, dekadent, ist Cheri das Symbol einer müßiggängerischen Jugend. Im krassen Gegensatz dazu steht seine Mutter: Gräßlich, haltlos, ohne Stil, häßlich, ungezogen.

Lea ist schön und dem Schönen zugewandt. Wie ihr Zimmer ist sie aber altmodisch, nicht mehr "up to date", aber immer noch wertvoll und schön.
"Ich muss nicht mehr schön sein" tröstet sie sich über die Erkenntnis hinweg, dass auch ihre Schönheit der Vergänglichkeit geweiht ist und sie meint "wenn Cheri verheiratet ist" dürfte sie sich gehen lassen.

Aber die Ungezwungenheit des Nachmittags, an dem Cheri's Mutter und er selbst sich entblößen, um der Hitze zu trotzen, sind Lea zuwider. Sie behält die Kontrolle, sie legt Wert auf Haltung, auch (und gerade?) im fortgeschrittenen Alter.

Dieses Haltung bewahren zieht sich für mich wie ein roter Faden durch die ganze Geschichte. Haltung bewahren und dabei bleibt die Verarbeitung des Traumas auf der Strecke.

Abschied von Cheri, Flucht in den Süden. Der Ausbruch erfolgt erst am Ende des Buches. Lea schickt Cheri noch einmal fort.

Cheri ist eine unglückliche Figur. In Lea findet er eine Zuneigung, die ihn in Kindlichkeit verharren läßt. Sie ist ihm Mutter und Geliebte. "Mit Dir, Nounoune, habe ich die besten Aussichten, ein halbes Jahrhundert lang zwölf Jahre alt zu bleiben". Er sucht sie während ihrer Abwesenheit, er kehrt wieder mitten in der Nacht und sie erleben noch einmal eine Liebessnacht. Noch ehe Cheri Lea seine Gedanken mitteilen kann, plant sie mit ihm die Flucht vor Mutter und Ehefrau und es gerät zum Streit.

Am Ende schickt sie ihn fort und bleibt zurück. "Er kehrt um, er kehrt um!" schrie sie und hob die Arme in die Höhe.
Eine alte Frau widerholte im länglichen Spiegel ihre Bewegung und Lea fragt sich, was sie mit dieser Verrückten gemein haben könnte.

Cheri setzt seinen Weg fort, öffnete das Gartentor und trat auf die Straße hinaus."

Orlanda
 
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liebe Orlanda,
so ähnliche Gedanken hatte ich auch, daß es mir schwer fiel, eine platonische Beziehung als "erotische Literatur" zu betrachten.

Aber andererseits kann Erotik ja auch sehr subtil empfunden werden. Das Kopfkino kann doch auch sehr erotisierend sein!
(siehe u.a. auch Thema Männerfantrasien. Analog gibt es auch Frauenfantasien)

Viel Spaß beim Lesen!

emirena
 
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Orlanda
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Heut ist mein Buch angekommen - weil ich aber nicht daheim war, muss ich es am Freitagnachmittag vom Postamt abholen...

Das wird eine wundervolle Wochenendlektüre!
Mir ist aber ein Rätsel, wie eine platonische Beziehung Grundlage zu einem erotischen Roman sein soll?
Vielleicht ist das Widersinnige der Kernpunkt des Buches... ?

Orlanda
 
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Orlanda
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Nein, liebe Emirena, aber ich habe es mir heute bestellt..

Wahrscheinlich ist das so wie bei D.H.Lawrence's Buch über die Lady Catterley. Die Psychologie der Beziehungen der Menschen zueinander erscheint mir interessanter als die Beschreibung der sexuellen Begegnungen - natürlich sind auch diese wundervoll dargestellt, aber was die Filmindustrie und die Fantasie der Menschen daraus gemacht hat, hat mit dem ursprünglichen Werk nichts mehr zu tun!

Bin schon gespannt auf "Cherie"...!

Orlanda
 
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liebe Orlanda,
hast Du nun "Cheri" gelesen??
Und wenn ja, wie wirkt es auf Dich?

e.
 
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Orlanda
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Liebe Emirena, man/frau sollte das immer im Zusammenhang mit der Zeit sehen und den Regeln, die da herrschen.
Colette und andere Frauen, die zur Feder griffen und an die Öffentlichkeit traten, haben mit diesem Schritt schon ein Zeichen gesetzt und sind für ihre Zeit "modern"...

Weniger Frauen als Männer gelangen in die Weltliteratur, aber die, denen es gelang, sind große Spitze, meine ich: Virginia Woolf, Christa Wolf (es "wölfelt..?), Ingeborg Bachmann. Manche vielleicht nicht 'Weltliteratur' aber auch erstklassig: Hilde Spiel, Isabell Allende, Marylin French, Erica Jong, Paula Grogger, Hilde Domin, Marie Luise Kaschnitz, Else Lasker-Schüler, Nelly Sachs, Gabriele Wohmann, last but not least: Marlen Haushofer.... das sind die, deren Werke ich sehr schätze... aber es gibt noch viele.

Frauen treten oftmals nicht an die Öffentlichkeit, ihre Talente gehen unter, weil sie so viele andere Dinge auch wichtig oder wichtiger halten als ihre großartigen Fähigkeiten in der Kunst. Die Malerin Dora Carrington bekochte z.B. lieber ihren lieben Lytton Strachey, als dass sie sich ins Zeug gelegt hätte, und sich mehr auf ihre Bilder konzentriert hätte. Darum sind Männer "berühmter", weil sie sich nur einer Sache widmen und nicht die Pflege geliebter Menschen zur Hauptsache machen.

Marlene Haushofer, Gattin eines Zahnarztes, schrieb ihre Romane nachts, heimlich, am Küchentisch, in Schulhefte...
So wie die Schwiegermutter meiner Schwiegermutter: Auch sie hinterließ unglaubliche Werke (das möchte ich so bezeichnen!). Wenn man ihre Schulbildung bedenkt, frage ich mich woher sie diese Gabe hatte. Später, als sie schon alt war, tippte ein Schullehrer viele ihrer Gedichte mit der Schreibmaschine ab. Die Hefte verwahrte meine Schwiegermutter über viele Jahrzehnte. Voriges Jahr hat sie sie mir gegeben, damit ich sie aufgewahre... Vielleicht lasse ich sie einmal in einem Büchlein zusammenfassen, nur für die Familie.

Es gibt auch noch, die möchte ich nicht vergessen, die genialen Krimi-Autorinnen, von Agatha Christie bis zu Eva Rossmann, einer Österreicherin, die ich besonders liebe, weil sie aus zwei Gegenden kommt, die mir sehr am Herz liegen - sie ist aber auch gut!...

Das sollte jetzt natürlich keine Werbung sein, mir ist nur der Mund übergegangen (sinnbildlich), weil mein Leseherz so voll ist...

Orlanda

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