Beiträge zum Thema: Kein Bock auf Integration

 
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Orlanda
Orlanda
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Ein Wort, das nur immer in Zusammenhang mit in Deutschland lebenden und arbeitenden Ausländern gebraucht wird.

Wie ist das aber mit einem älterwerdenden Menschen, der in der abend- und alpenländischen Kultur des mittleren 20. Jahrhunderts geboren wurde und aufgewachsen ist?
Dieser Mensche befindet sich seit Ende des 20. Jahrhunderts in einem sich ständig verändernden gesellschaftlichen Prozess, der ihm immer fremder und unattraktiver wird.

Grundlegende Werte, Vorlieben, Gewohnheiten und Rituale, Arbeitsprozesse usw. haben sich vollkommen verändert. Anstelle der Geborgenheit, die früher durch die Familie und den Clan gewährleistet war, ist heute die individuelle Freiheit getreten. Nicht mehr die Gemächlichkeit ist heute lebensbestimmend, sondern ein immer größeres Tempo in fast allen Lebensbereichen.

Haben wir uns, die wir noch aus der Mitte des 20. Jahrhunderts stammen, wirklich schon alle in diese verrückte Welt des 21. Jahrhunderts INTEGRIERT?

Oder geht es vielen so wie mir, dass ich mich großteils weigere, die moderne Kultur zu leben, zu akzeptieren, und lieber so viel wie möglich vom alten Stil, vom alten Lebensgefühl in mein Leben einfließen lasse? Die Hektik, das Tamtam der modernen Zeit wird mir immer zuwiderer, mit jedem Tag ein wenig mehr....

Ich kann froh darüber sein, dass ich nicht einer nichteuropäischen Kultur entstamme, sondern nur aus einer vergangenen Zeit komme. So wird mir kein Amt für Integration wegen meiner Integrationsunwilligkeit Vorhaltungen machen und ich werde auch nicht mit der Ausweisung bedroht... oder?
Nun, vielleicht droht integrationsunwilligen europäischen Menschen bald eine EINweisung - ins Altersheim...?

Orlanda
 
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Sprotte1946
Sprotte1946
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@ e.;
Vielleicht habe ich mich nicht richtig ausgedrückt, ich meine damit, dass ich ganz bewusst gehe und die Hektik der Menschen spüre, innere innere Unruhe, das Getrieben sein, während ich mir die Zeit nehme zu Bummeln, die Eindrücke auf mich wirken lassen, mich treiben lassen. Durch diese Diskrepanz des Erlebens, bzw. Nichterlebens fühle ich mich als Fremdkörper, weil die anderen Menschen diese innere Ruhe nicht haben oder kennen. In diesen Momenten will ich auch nicht integriert sein, weil ich mich dann von mir entfernen wüde.

Diese Hektik wird m. E. verursacht durch das Denken, man könnte etwas versäumen, man will an Allem teilhaben, alles erleben, weil man sich vieles finanziell leisten kann. dabei übersieht man dann oft die wirklichen Glücksmomente.
MfG
Sprotte1946
 
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Ehemaliges Mitglied
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Den Wunsch, diesem "Getriebensein" zu entgehen, verstehe ich sehr gut, aber als störend empfinde ich mich deswegen noch lange nicht.

Der Sinn für "die wirklich wichtigen Dinge" entsteht aber nicht dadurch, daß man sich verweigert, denn damit kann man sich ebenso selbst schaden, weil man sich damit ins ABseits begibt. Wir kommen nicht umhin, MIT der veränderten und sich weiter verändernden Welt zu leben.

Ohne die gesellschaftlichen Veränderungen gäbe es vermutlich aber auch weniger technischen Fortschritt, den die meisten von uns jedenfalls teilweise gerne nutzen.

Die verbreitete "Haben-Mentalität" sollte aber auch nicht mit dem Kampf um ein Überleben in dieser Gesellschaft verwechselt werden. Oft ist es Resignation.
Manches mag "früher" entspannter gewesen sein, aber der nackte Existenzkampf ist für viele Menshen heute gnadenloser. (Ich spreche nicht nur von deutschen Menschen). Die meisten können sich ihren Lebensweg nur sehr bedingt aussuchen.

Ich würde auch gerne ganz entspannt in einem kleinen Häuschen am Meer (oder in den Bergen) leben und glücklich sein.
Geht nicht. Also versuche ich es ohne Häuschen am Meer und bemühe mich, das Beste daraus zu machen.
Es geht gar nciht darum, das Häuschen zu besitzen, sondern NUR um die Möglichkeit, dem Getrieben-Sein zu entgehen.


emirena
 
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Sprotte1946
Sprotte1946
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Manchmal, leider viel zu selten, nehme ich mir ganz bewusst Zeit, um in München zu Bummeln.
Dabei stelle ich dann für mich fest, dass die meisten Menschen Getriebene sind, die die wirklich wichtigen Dinge anscheinend nicht erkennen können. Es ist ein Gedränge, Geschiebe, Gehetze. Und ich denke mir dann, dass diese Menschen nicht bei sich sind, nicht in sich selbst ruhen und darüber das Leben und vielleicht auch das Lieben, sich selbst und auch den Anderen vergessen oder als störend empfinden.
Dabei fühle ich mich dann als Fremdkörper, aber bei mir.
Einmal habe ich dabei etwas Anderes erlebt, gespürt.
Als ich in eine belebte U-Bahn_Station in Schwabing ging, um dann nach Hause zu fahren, spürte ich, ein Zusammengehörigkeitsgefühl der Menschen und ich habe mich wohl dabei gefühlt. Vielleicht lag es daran, das ein Musikant seine Kunst zum Besten gab; es war für mich ein echtes Erlebnis, auch wenn es schon über 20 Jahre zurückliegt. Leider erlebe ich solche Momente nicht mehr, zumindest in München.
MfG
Sprotte1946
 
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Orlanda
Orlanda
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Die Errungenschaften der Technik sind jene Dinge, die großteils den angenehmen Aspekt des modernen Lebens ausmachen.

Aber es gibt eben auch noch andere Dinge. Die Gemächlichkeit z.B. Kein Freizeitstress, kein Gejagdsein von einem Termin zum anderen. Auch Genügsamkeit, sich nicht verlieren müssen in unendlichen Supermärkten, überflutet werden von Angeboten, die man eigentlich nicht möchte.

Kein Gejaule und Getöse aus Kopfhörern und auch kein Gestank vom Bahnhofs-Fastfood Y. in der Regionalbahn!

Ich habe auch Sehnsucht nach Langeweile! Nicht das Gefühl haben, dass einem etwas davonläuft. Zeit haben. Wieder entschleunigt leben dürfen.

Ich habe auch Sehnsucht nach manchen alten Menschen, die heute nicht mehr da sind, nach ihrer Geisteswelt, die noch einfache, klare Formen aufwies.

Vielleicht sind es aber gedachte Rückzugsmöglichkeiten, wenn das Unschöne zu viel wird. Märchenwelten. Es war einmal...

Den meisten Menschen geht es nur um's Haben. Wen ich auch in den letzten Monaten angetroffen habe, alle sprechen sie von ihrem Hab und Gut, Häusern die gebaut wurden, Frauen mit Geld die erobert wurden. Ist das wirklich alles? Für mich ein eher mageres Heute... dann schon lieber das Gestern, das noch voll war mit schönen Dingen....

Orlanda
 
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Sprotte1946
Sprotte1946
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Und ich möchte nicht auf meinen Geschirrspüler verzichten; ebensowenig wie auf den PC.
Spasshaft wie ich bin, behaupte ich " Früher war alles viel füher. "
Trotzdem finde ich, dass sich jeder irgendwie integriert, integrieren muss, denn z. B. in der Arbeitswelt kann man nicht immer gegen den Strom schwimmen. Man muss mit den anderen am gleichen Strang ziehen, manchmal sogar in die gleiche Richtung.
MfG
Sprotte1946
 
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Ich glaube, daß die Menschen vor vielen vielen Jahren - - Jahrhunderten sogar - - ähnlich dachten :-)

Da ging es zwar nicht um Computer oder Performance (gibt es dafür eigentlich auch ein deutsches Wort??????)
aber viell. um neumodische Höllenmaschinen wie die Eisenbahn!!!!!!!!!!!!!!!!!
Oder ein Telefon!!!!!!!!!!

Dinge, die in UNSEREM Leben so selbstverständlich sind, daß sie oft gar nicht mehr wahrgenommen werden.

Sicherlich dachten unsere Altvorderen auch:
hmmm - - - - früher war doch alles besser. Da konnten wir noch mit den Herden über das Land ziehen - frei wie ein Vogel . . . oder der König hat unser Leben bis ins kleinste geregelt . . . man hat sein Leben halt so gelebt, wie es Gott und Kaiser befahl . . . ."

Und wer halt keine Lust hat, den z. Zt. "ach so wichtigen Trend" mitzumachen . . soll es doch bleiben lassen.

Nur: völlig verweigern wird nicht gehen.
Dazu ist die Technik schon zu weit fortgeschritten.
Zudem hat sie das alltägl. Leben schwer vereinfacht :-))
ICH möchte jedenfalls auf meine Waschmaschine z.B. nicht verzichten!!!!!!!!!!!!!!!!!

Jockeline, auch MIT Technik und neumodische Ferz ziemlich zufrieden :-)
 
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Hallo emirena,
Zitat:
"Die Einweisung ins Altersheim droht nur dann, wenn wir beginnen, halsstarrig zu sein "
Leider nicht immer: Meine Nachbarin geht nach einem komplizierten Oberschenkelbruch und 2 Wochen Krankenhaus nun diese Woche rein. Was anderes bleibt ihr nicht übrig. Häusliche Pflege rund um die Uhr? Wer kann sich das leisten? - und beide Söhne wohnen auswärts.
Ob mir so was auch mal blüht?

Merope
 
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finde ich schon, Orlanda, daß es miteinander zu tun hat.

Eine Performance ist nicht nur technischer oder modischer Art, sondern findet auch in den Köpfen, im Bewußtsein und hoffentlich auch in den Herzen der Menschen statt.

Frauen haben in puncto Gleichheit viel erreicht. Noch nicht alles und noch lange nicht überall.
Dass es "soweit" gekommen ist, hat u.a. auch damit zu tun, daß Frauen es weniger denn je hinnehmen, sich auf frauenspezifische Themen reduzieren zu lassen, sondern das ganze Spektrum der Entwicklung mittragen - je nach eigenem Anspruch.

Was jedoch Modetrends betrifft, zeichnet es einen modernen Menschen m.E. aus, dass er für vieles offen ist, auch wenn er einen ausgeprägten eigenen Geschmack hat.

Die Welt ist heute nicht verrückter als gestern, es wird nur ein bisschen enger, d.h. es gibt eben auch eine größere Vielfalt, ein breiteres Angebot an Möglichkeiten.

Warum sich auf eine einzige Variante festlegen?

Sich einem Trend zu unterwerfen, wie Du es nennst, ist doch eine ganz andere Nummer. Das fände ich auch verkehrt. Aber zu wählen, wo man eine Wahl hat (z.B. auch einen Beruf , eine Karriere oder auch einen bestimmten Status), was ist dagegen einzuwenden?
Alles hat seinen "Preis" und in unserer modernen Gesellschaftsform können wir wählen, ob wir diesen Preis bezahlen wollen.


emirena
 
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Orlanda
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Liebe Emirena, was hat die Ungerechtigkeit gegen Frauen mit den anderen Dingen zu tun, die die moderne Zeit bringt? Ich kann Gleichheit für mich in Anspruch nehmen, auch wenn ich mich nicht dem allgemeinen Trend zur \\'High Performance\\' unterwerfe!

Dem Rest Deines Textes, liebe Emirena, stimme ich zu, es ist eine sehr objektive Sichtweise.

Orlanda
 
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Schade, dass der Titel dieses Threads in die Irre führt.
Man muss erst lesen, um zu wissen, was gemeint ist.

Mir geht es ähnlich wie Silberstaub, manches nutze ich gerne, manches mag ich für mich nicht haben.

Ich denke, man kann nicht auf der einen Seite die fortdauernde Ungerechtigkeit, z.B. was die Gleichstellung der Frauen betrifft, beklagen, andererseits sich dem Lauf der Zeit, den Veränderungen komplett verweigern.

Nein, es war nicht früher alles besser; es war vieles nur ANDERS. Es gab Gutes und es gab Schlechtes. Genau wie heute. Die Welt dreht sich weiter - ob mit oder ohne uns. Wir dürfen unseren Nachkommen auch etwas zutrauen; sie werden vieles bewegen, was wir selbst nicht vollbracht haben. Und sie werden, genau wie wir, dabei auch Fehler machen und am Ende dafür geradestehen müssen.

Die Einweisung ins Altersheim droht nur dann, wenn wir beginnen, halsstarrig zu sein und nicht erkennen können, wo wir selbst im positiven Sinne Gegenwart und Zukunft mitgestalten können.
Wir sind ein Teil des Ganzen, zugegeben, ein verflixt kleiner Teil, aber wir haben keinen Grund, uns kleiner zu machen als wir sind.

Dies in die Reihe zu kriegen, ist nicht immer einfach. Na und? So lange man sich ehrlich bemüht, und mit aufrechtem Gang seiner Überzeugung folgt, muss man auch kein schlechtes Gewissen haben.
Dazu gehört auch, zu seiner Überzeugung zu stehen; wenn möglch aber ohne Fanatismus.

emirena

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