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Orlanda
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Und vielleicht ist der Grund für dieses unvergessen sein dass man mit diesem Menschen besonders innig verbunden war. Wenn es viele schöne Erinnerungen gibt, behält man diese im Kopf und im Herzen und alles Unangenehme gerät in die Vergessenheit. Man sperrt es weg.
Es gab mit meinem verstorbenen Freund so viel schönes Gemeinsames - nicht nur im Äußeren, in unseren gemeinsamen Unternehmungen, sondern eben auch in unserem inneren Empfinden. Wir verstanden uns manchmal auch ohne große Worte. Was er vorschlug, traf genau das, was in mir hoffte gestillt zu werden (Wir hatten, wohlgemerkt, keine sexuelle Beziehung.).
Und ich hatte auch eine Beziehung, die stand auf ähnlichem Fundament: Wir empfanden in vielen Dingen gleich, unsere inneren Uhren tickten gleich. Wir liebten das ruhige Genießen, stundenlange Wanderungen über Hügel, das Unspektakuläre. Leider waren aber sein Verhalten und seine Ansichten mir gegenüber in manchen Zeiten recht extrem, so dass ein Leben mit ihm unmöglich wurde.
Das geht natürlich ein wenig in die Richtung, die Merlin angesprochen hat. Und trotzdem glaube ich, dass ohne eine innere Übereinstimmung, eine Freundschaft der Seelen, keine befriedigende Beziehung möglich ist.
Die Kunst oder besser gesagt, das Glück, ist, wenn man jemanden findet, mit dem man nicht nur innerlich übereinstimmt, sondern auch im Äußeren auskommen kann. Bei meinen beiden Seelenfreuden waren es Krankheiten, die das verhinderten: Beim ersten eine körperliche, beim anderen eine psychische Krankheit. In beiden Fällen waren es aber für mich im Rückblick wundervolle Menschen. In gewisser Weise stehen auch beide auf einem Sockel. Da es wenig Sinn hat, sich über die vergangenen Unerfüllbarkeiten Gedanken zu machen, bleiben mir die schönen Seiten der Beziehungen in Erinnerung.
Ich kann mir nicht vorstellen, mit jemanden eine Beziehung zu haben, der so ganz anders strukturiert ist wie ich. Im Grunde genommen bin ich jemand, der in Frieden leben möchte, sich nicht ständig mit Kontroversen beschäftigen möchte. Keinen Mann, der ständig herumhampelt oder der vom Wandertrieb mit dem Wohnmobil befallen ist.
Keinen Mann, der ständig Widerspruch provoziert und alles kritisiert und ständig herausfordert und versucht (wie ein Hund) seine Position in der Beziehung zu optimieren.
Jeder soll seine Platz haben, da gibt es kein Unten und Oben, nur zwei Menschen, die sich gern haben und in Frieden leben wollen. Jeder darf seinen Vorlieben nachgehen und sich frei entfalten. Kein Anklammern oder Kontrollieren.
Kein ewiges Herumfeilen und Diskutieren um Alltäglichkeiten...
Da stellt sich bei mir natürlich die Frage, weshalb ich mich hier im Forum gerade auf das einlasse, was mir in einer Beziehung so zuwider wäre! Wahrscheinlich ist es ein (kläglicher) Versuch eine Seelenfreundschaft zu finden. Hier bewegt sich aber das meiste im Extremen und in Anbetracht der verschiedensten Mentalitäten wird leider oftmals eine Positionierung und quälende Diskussion herausgefordert.
Das hat zur Folge, dass es Streit und Mißverständnisse in Hülle und Fülle gibt.
Wie halt in mancher Beziehung, die NICHT auf Seelenfreundschaft basiert, sondern darauf, dass man mit allen Mitteln die Beziehung am Leben erhalten möchte. Was nicht paßt, wird passend gemacht - das ist für mich die denkbar schlechteste Methode zum Führen einer Beziehung.
Noch etwas: Wenn der Mensch innerlich ähnlich tickt, werde ich eher nachgiebig, als wenn schon das Wesen eines Menschen mir vollkommen fremd ist.
Vermutlich sehen das aber andere Menschen auch wieder anders.
Für mich ist das Forum ein Ort, an dem sich der meistens in den Partnerschaftsbörsen vermittelte Optimismus ein wenig auflöst. Die Profile strotzen vor Positivem, aber in einem Forum tritt aus der unpersönlichen Maske recht schnell der wahre Mensch heraus. Wenn auch manchmal verfremdet, weil das geschriebene Wort ohne Mimik ist - und zwischen den Zeilen geschriebenes immer der Interpretation des Lesers unterworfen...
Orlanda