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Orlanda
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Natürlich kann man ein schlimmes Schicksal bewältigen und natürlich stählt es - was nicht heißt, dass andere, die es (noch) nicht geschafft haben, deshalb weniger wert wären.
Ich kenne einige bemerkenswerte Fälle, in denen Menschen z.B. ihre Alkoholsucht überwunden haben, weil der Verlust der Kinder auf dem Spiel stand.
Oder Familienmenschen, die ihre Partner verloren haben und es trotzdem geschafft haben, das Familienschiff aus dem Sturm herauszuführen, in ruhigere Gewässer.
Denke ich an die Menschen, die den zweiten Weltkrieg überwunden haben und sich mit Nichts eine neue Existenz aufgebaut haben. Natürlich hat sie das zu einer Weisheit und zu vielen Erfahrungen geführt, die sie am Ende des Lebens als wertvollen Zuwachs erkannten.
Es ist wie bei einer unfreiwilligen Wanderung in ein völlig unbekanntes Terrain. Es müssen wasserlose, karge Regionen durchschritten werden, vereiste Höhen, Wege über Geröllfelder begangen werden; ein paar grüne Büsche, ein Baum in der Ferne können Vorboten eines Paradieses sein, aber auch nur eine Sinnestäuschung.
Ist der, der diese Wanderung überwindet besser als der, der vor lauter Erschöpfung niedergeht und sich nicht mehr erhebt? Vielleicht sieht so das Schicksal aus, ein gütiges oder ein gnadenloses, das es zu erleiden gilt, weil man nichts mehr tun kann. Manchmal ist es ja der Endpunkt eines lebenslangen Kampfes.
Wer in einer Gewaltbeziehung lebt, lebt in einem Käfig und wird erst dann den Weg nach außen suchen, wenn die Schmerzen zu groß werden.
Dasselbe gilt für die Täter: Auch sie werden erst an der Grenze zur eigenen inneren Vernichtung erkennen, dass der Weg, auf dem sie gehen, ein Weg ins Nichts ist. Den Mann, der seine Frau halbtot geprügelt hat, trifft vielleicht erst dann die Erkenntnis, wenn ihm bewußt wird, dass er sie fast umgebracht hätte, und erst dann ist er fähig, sich in Therapie zu begeben (weil es keine andere Möglichkeit mehr gibt).
Man macht viele Fehler, große und kleine, über lange Zeiträume, bis man merkt, nun ist es zu Ende, nun ist die Rechnung zu begleichen.
Jedes Handeln hat eine Konsequenz.
Orlanda