Beiträge zum Thema: Unsere alten Geschichtsbücher und die neuen Medien.

 
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In letzter Zeit, auch beieinflusst von den Thread über Scheinheiligkeit, dachte ich öfter an meine Schulzeit:
In den Geschichtsbüchern wurden die Taten der Herrscher glorifiziert, so dass der Eindruck entstehen könnte, früher, besonders in der Antike sei alles besser gewesen: Die Menschen edel und wahrhaftig.
Dabei weiß man, dass die Herrscher gut bestallte Schreiber hatten, die deren Person zu vergöttern - oder zumindest im besten Licht darzustellen hatten.
Heute bleibt nichts mehr verborgen; durch die weltweite Vernetzung erfährt man alles, was passiet, die Hintergründe - aber auch Vermutungen und viel Erfundenes.

Bei dieser Gelegenheit kam mir Berthold Brechts Gedicht:
"Fragen eines lesenden Arbeiters" in den Sinn:

"Wer baute das siebentorige Theben?
In den Büchern stehen die Namen von Königen.
Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?
Und das mehrmals zerstörte Babylon

Wer baute es so viele Male auf?
In welchen Häusern des goldstrahlenden Limas wohnten die Bauleute?
Wohin gingen an dem Abend, wo die Chinesische Mauer fertig war die Maurer?
Das große Rom ist voll von Triumphbögen. Wer errichtete sie?

Über wen triumphierten die Cäsaren?
Hatte das vielbesungene Byzanz nur Paläste für seine Bewohner?
Selbst in dem sagenhaften Atlantis brüllten in der Nacht, wo das Meer es verschlang
Die Ersaufenden nach ihren Sklaven.

Der junge Alexander eroberte Indien.
Er allein?
Cäsar schlug die Gallier.
Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?

Philipp von Spanien weinte, als seine Flotte untergegangen war. Weinte sonst niemand?
Friedrich der Zweite siegte im Siebenjährigen Krieg.
Wer siegte außer ihm?
Jede Seite ein Sieg.

Wer kochte den Siegesschmaus?
Alle zehn Jahre ein großer Mann.
Wer bezahlte die Spesen?
So viele Berichte. So viele Fragen."

Ja, das frage ich auch
Merope
 
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Nachtrag:
für Neues möchte ich grundsätzlich offen bleiben, um nach Prüfung im Einzelfall jeweils zu entscheiden, ob ich die Informationen in meinem "internen Speicher" festhalten möchte oder nicht.

Da mein Speichervolumen wie das aller Festplatten etc. begrenzt ist, überlege ich jeweils, ob es sich lohnt, soundsoviel Speicherplatz zur Verfügung zu stellen oder ob es ggf. sinnvoller ist, eine bestimmte Information bei Bedarf erneut kurzfristig "herunterzuladen".

PS: mit dem Begriff "Heuristik" geht es mir genauso.
In meinem Sprachschatz fehlt mir einer von .....Begriffen.
so what! (nicht verzagen, bei Bedarf Erinnerung fragen!)

emirena mit dem Mut zur Lücke
 
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Ja, Orlanda,

"Ich will gar nicht alles wissen und vorallem nicht meinen Kopf mit 'fremden Wissen' zumüllen...",


E.
das paßt gut zum Thema "Heuristik".
 
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Orlanda
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Genauso ist es und darum bin ich froh im Heute zu leben, wo man alle Möglichkeiten hat, sich Informationen zu besorgen und zu glauben, was man glauben möchte. Vieles kann man als Laie gar nicht durchschauen - wie erkenne ich, ob nun eine wissenschaftliche Erkenntnis eine 'echte' ist oder ob es nur Schaumschlägerei ist?

Der einzige Garant einigermaßen wahrheitsgetreue Informationen zu bekommen ist wahrscheinlich die Auswahl der Lektüre.

Und es entsteht in mir auch die Frage: MUSS ich immer alles wissen, muss alles 100% fundiert sein, was ich weiß?
Das einzige, auf das ich mich verlassen kann, ist meine Erfahrung und selbst diese kann im Laufe des Lebens mit dem Wechsel der Erkenntnisse umgedeutet werden. So ist es auch vermutlich mit der Deutung der Menschheitsgeschichte. Was heute SO aussieht, kann morgen schon wieder in einem anderen Licht betrachtet werden...

Ich weiß, dass ich nichts weiß. An manchem möchte ich mich aber festhalten, weil es mir gefällt und weil es meine Welt vervollkommt. Anderes, Neues, wenn es mein Interesse weckt, nehme ich gerne an. Manchmal wird es auch in meinen "Wissenschatz" aufgenommen. Aber vieles blocke ich ab. Ich will gar nicht alles wissen und vorallem nicht meinen Kopf mit 'fremden Wissen' zumüllen...

Orlanda
 
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genau deswegen lege ich mich auch nicht fest; weder auf die neuesten Erkenntnisse, noch grundsätzlich auf "Alt-Hergebrachtes". Auch nicht auf (Pseudo-)Wissenschaft.
Es kommt immer auf die "Blickrichtung" an.

Es gibt zu viele Interessen, die Menschen "auf etwas festlegen" wollen, um sie möglichst gut manipulieren zu können. Auf diese Weise werden auch Kriege und Katastrophen ausgelöst.

Ich mache mir, soweit möglich, gerne selbst ein "Bild"; "Vorbetern" gegenüber bin ich skeptisch.

Es scheint jedoch so zu sein, dass viele Menschen sich gerne einem "Führer" fanschließen.

emirena
 
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Die "Neuesten Erkenntnisse" sind eben oft keine "Erkenntnisse", sondern werden nur als diese ausgegeben - und nicht alles was mit "wissenschaftlichen Methoden" (Studien, Trendberechnungen usw) untersucht wird, dürfte sich "Wissenschaft" nennen.

Leider sind nur all zu viele bereit zu glauben, wo Wissenschaft dran steht, ist auch Wissenschaft drin - und das ist oft gar nicht der Fall; besonders dann nicht, wenn es in der Presse reißerisch aufgemacht daher kommt.

Schönen Tag noch
Merope
 
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Sich immer auf die "neuesten Erkenntnisse" festzulegen (Ruben), erscheint mir gefährlich.

Wieso sollte das Neueste zuverlässig auch das Richtige sein? Wer sagt das?

Solche Methoden der Meinungsbildung (bzw. Nicht-Meinungsbildung) animieren dazu
einem Mainstream kritiklos zu folgen, anstatt eigene Gedanken zu entwickeln und selbsternannte Alleswisser kritisch zu hinterfragen.

emirena
 
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Liebe Orlanda,
schön hast du den Frühling geschildert - und du glaubst gar nicht, wie ich mich freue, wenn wieder mal eine astronomische Frage gestellt wird.
(Das ist das Besondere an unserem Planetarium: Fragen des Publikums "herauszukitzeln" und zu beantworten. Kinder fragen ungehemmt, Erwachsene haben oft Hemmungen...)

Ja, wir sind "Sternenstaub". Alle Materie war bereits beim Urknall vorhanden - aber nicht in der Form, wie wir sie kennen, sondern nur als Wasserstoff. Dieser verdichtete sich zu den ersten Sternen. Und die Energie in den Sternen wird durch Kernfusion erzeugt. Bei enormen Druck und Temperaturen von Millionen Grad verschmelzen jeweils 4 Wasserstoffatome zu einem Heliumatom. Später entsteht auf die gleiche Weise auch Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff..... bis hin zum Eisen. Und diese Sterne geben diese Materie auch wieder her. Wenn der "Brennstoff" augebraucht ist, sterben sie. Das geschieht bei einem kleineren, sonnenähnlichen Stern dadurch, dass er sich aufbläht und den Großteil seiner Materie abstößt, bei einem Riesenstern ganz plötzlich, durch eine sog. Supernova-Explosion.
Diese Materia verteilt sich im All, vermischt sich mit den überall noch in großen Mengen vorhanden Wasserstoff - und der Prozess beginnt von Neuem....
Unsere Sonne mitsamt der Planeten entstand also aus der Asche vieler gestorbener Sterne....
Und auch sie wird vergehen - in etwa 5 Milliarden Jahren wird sie sich in einen sog. roten Riesen verwandeln und mehrer hundert Mal größer sein. Dann gibt es längst kein Leben mehr auf der Erde.
Aber eine knappe Milliarde Jahre haben wir noch Zeit....

Schönen Tag noch - auch wenns regnet - aber die Natur freut sich darüber.
Merope
 
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Orlanda
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Liebe Merope, es wäre ja nicht das erste Mal, dass eine dominierende Art ausstirbt. Die Ursäugetiere, unsere Vor-Vor-Vorfahren hätten ohne dieses Aussterben der Dinosaurier keine Chance gehabt das zu werden, was sie wurden.

Welche Art wird das sein, die nach unserem Verschwinden auf der Bühne des Lebens antreten wird? In einem Jahrmilliarden dauernden Prozess könnten die einen oder anderen Elemente, die heute uns ausmachen, ja auch in jenen fern-zukünftigen Lebenwesen auftauchen?

Es gibt ja entgegen den gerne vorgebrachten Meinungen von der ewigen Seele vorallem auch die materielle Ewigkeit, wobei ich natürlich nicht beweisen kann, dass die kleinsten Bestandteile tatsächlich unverwüstlich sind. Aber wir sind doch "Sternenstaub", nicht wahr? Verstehe ich das richtig, dass wir und alles auf der Erde eigentlich schon immer bestanden haben, wenn auch in anderen Formen?

Ein grautrüber Tag, mit unendlich viel "Himmelswasser" (Begriff aus der Lieblingsserie meines Enkels "In einem Land vor unserer Zeit"). Wenn bloß die "helle Scheibe" bald wieder hervorkommt!
Aber man kann den Blättern beim Wachsen zusehen. Gestern Früh sah ich, dass die Büsche auf der anderen Straßenseite plötzlich in zarten Farben erblüht sind. Und der Baum vor meinem Haus produziert in flinkem Tempo Blätter. Sagenhaft!

Orlanda
 
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Dann wünsche ich dir, liebe Orlanda, dass dein Wunsch in Erfüllung geht--- dass es in einer fernen Zukunft noch Menschen auf diesem Planeten gibt! Ich wünsche mir ja auch, dass letzten Endes die Vernunft siegt --- aber pessimistische Zukunftsforscher meinen, dass sich eine Zivilisation, gestrickt wie die menschliche, spätestens 300 Jahre nach Erfindung der Massenvernichtungswaffen selbst auslöscht....
 
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Orlanda
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Die DDR gehört ja nun auch zur Deutschen "alten" Geschichte. Wenn man das nicht erlebt hat, sondern nur in der Gesamtheit der Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts betrachtet, so steht das alles in Nichts den Geschehnissen der Völkerwanderungszeit oder den turbulenten Zeiten anderer Epochen nach.

Lese ich mich allein durch die Europäische Geschichte seit Beginn der Zeitrechnung, so frage ich mich, was tut der Mensch eigentlich, erfüllt er noch seine ursprüngliche Funktion? Wenn man die anderen Kontinente und Kulturen noch dazu nimmt, meine ich, das das Bewußtsein gewachsen ist und trotzdem keine Befriedung stattgefunden hat. Kann eine solche überhaupt (noch) geschehen?

Aus dem Naturgeschöpf wurde ein völlig unkontrolliertes und alles übersteigendes Geschöpf. Anders als in der Tierwelt, die durch Instinkte und Triebe geregelt ist und einem strikten Ablauf unterliegt, bewegt sich der Mensch überall und in allen möglichen Funktionen. Gehört "Friedfertigkeit" zu seinen angeborenen Anlagen? Aber es ist ja, aus der Sicht des Grases auch ein Rind nicht friedfertig, denn es tötet den Grashalm, wenn es ihn frißt...

Ich möchte irgendwann in fernster Zukunft einmal kurz auf die Menschen schauen dürfen, was aus ihnen geworden ist und wohin sie sich entwickelt haben.

Orlanda
 
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Liebe Erinnerung,
ich sprach vom Schulunterricht in der DDR - falls das missverstanden wurde - und nicht von Stadtgeschichte.

Jedenfalls wurde in den Schulen sehr umfassend informiert, wobei das natürlich genau so tendenziös war wie der Unterricht anderswo.
Ich lernte Stalin noch als großen Helden kennen - ehe er unauffällig vom Sockel genommen wurde und aus Büchern und Wandbildern verschwand.
 
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Hallo Merope,
erstmal danke fürs einstellen von Bert Brecht.
Im Übrigen. was Geschichtsunterricht angeht, so bin ich mit "Grundzüge der Geschichte" im Gymnasium konfrontiert worden.
Da meine Familie seit jeher sozialdemokratisch/sozialistisch denkt, was im Saarland der 50er Jahre nicht ganz einfach war. Dennoch, als ich mich, als Gymnasiastin, einer der ganz wenigen, deren Vater Nicht-Akademiker war, dazu auch noch anders , speziell was die Geschichtsbetrachtung betrifft, kontrovers äußerte.
Es gab hinundher. Schließlich bin ich an eine Schule zum Abiturmachen in Saarbrücken gewechselt. Bei dieser Schule rechne ich mir es heute noch als "gut gemacht" an, dass ich im Geschichtsunterricht anmerken durfte, dass wir parallel zu den übligen Geschichtsbüchern auch Bernd Engelmann´s 2 Bände seiner "Antigeschichtsbücher" gelesen und verglichen haben.
 
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Auf dieser Seite wird vorgestellt, wie in der DDR mit der N S - Vergangenheit umgegangen wurde:

http://www.difu.de/publikationen/difu-berichte-21999/stadt-und-ns-zeit-in-der-ddr-und-den-neuen-laendern.html

E.
 
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Aber interessant ist es schon, WO sich die NSU-Zellen verstärkt gebildet haben und WO die "Behörden" sehr oft weg geschaut haben.


E.
 
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Das beweist wieder einmal, das viele aus der Geschichte eben nichts gelernt haben.
 
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Orlanda
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Der braune Sumpf wuchert überall noch hier im Land! Nicht nur politisch "verirrte" junge Menschen, sondern auch viele ältere pflegen noch eine braune Gesinnung, wie man das für heute nicht mehr möglich halten möchte. Viele sprechen auch ganz offen darüber! Leider schweigen viele, die das hören und halten sich lieber zurück, anstatt Paroli zu bieten. Wenn man die Herrschaften anspricht, so weisen sie empört von sich, Na.zis zu sein - nein, sie würden nur sagen, was sie denken, und geraten damit in einen Schlingerkurs, dass es einem beim Zuhören schlecht wird!

Warum waren die NSU-Morde möglich? Nur weil es eben noch so viele Menschen hier gibt, die nichts Schlimmes daran finden, wenn man Ausländer umbringt. "Die bringen sich gegenseitig um" heißt es dann, das enthebt Jeden seiner Verantwortung.
GEnauso wie meine Großmutter sagte, man wüßte ja nicht wirklich, warum man die jüdische Familie XY ins KZ brachte. Aber es müßte eben schon "was gegeben" haben, sonst würde man sie nicht eingesperrt haben."
UND DAS SAGTE MEINE GROSSMUTTER, die ich als Kind so sehr geliebt habe!! Meine Mutter stimmte ihr zu, aber bei der wunderte es mich nicht...

So lernt man die Alten und ihre Geschichten aus der kritischen Position zu betrachten und Alter heißt für mich nicht automatisch Respekt haben.

Die heutigen Na.zis geben sich gerne als Demokraten aus - mit kritischer Geisteshaltung - sie sind aber nichts als Masken, hinter denen sich das Grauen verbirgt. Neein, Hi.tler wollten sie nicht, "aber heute, diese vielen Ausländer....!" Da kommen dann schon so manche Sprüche daher, die eher ans Dritte Reich als an die BRD des 21. Jhdts. erinnern....
Orlanda
 
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Manchmal muss man auch Bilder, die man aufgrund früherer Lehrbücher übernommen hat, einfach über Bord werfen, weil die eigne Erfahrung etwas ganz anderes lehrt.

Ich habe als Kind und auch als Jugendlicher fest an das geglaubt, was man uns in den DDR-Schulen erzählt hat, wie toll der Kommunismus ist und das alles andere Murks war.
Allerdings wurde dort die NS-Vergangenheit wirklich aufgearbeitet.

Als ich Anfang der 80-er in den Westen kam, hatte ich zunächst einmal den Eindruck, in unserer Stadt ist noch viel brauner Sumpf - es war nichts Genaues, nur ein Gefühl.

Die Kaserne, in der ein neues Gewerbegebiet gerade eingerichtet wurde, war nicht, wie die Einheimischen sagten, früher eine Wehrmachts- und dann eine Franzosenkaserne, sondern - auf Wunsch und Betreiben der damaligen Stadtväter eine SS-Kaserne und Außenstelle des KZ Dachau.... Vor wenigen Jahren wurde das erst aufgearbeitet - auch durch ein Theaterstück mit dem bezeichnenden Titel: "die Flüsterstadt".
Endlich gibt es auch Gedanktafeln.

Das ist nur ein Beispiel - und ich denke, man findet -zig ähnliche Geschichten, überall.

Schönen Tag noch
Merope
 
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Orlanda
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Es wäre natürlich sehr einfach, könnte man sich hinsetzen und ohne nachzudenken in einem großen Geschichtswerk lesen.

Die Geschichte ist aber an sich ein lebendiger "Körper", der weder in der Gegenwart noch in der Rückschau in die Vergangenheit eindeutig wahrgenommen werden kann.
Nicht nur, dass vieles aus der Vergangenheit nicht überliefert ist, sondern sich nur in Mutmaßungen und Schlussfolgerungen erklären läßt, sondern auch die Position des Betrachters spielen eine Rolle.

So ist also immer derjenige gefordert, der sich in die Geschichte einläßt. Basis sind freilich immer die Ergebnisse der Forschung, Dokumente und andere Überlieferungen.

Besonders spannend finde ich es, wenn man anhand von Märchen und Sagen realistische Details in der Vergangenheit entdeckt.

Prinzipiell finde ich, dass jeder gefordert ist, sich einzulesen in möglichst viele und verschiedene Quellen, um für sich ein Bild von der Vergangenheit zu erarbeiten.

Für mich war es sehr viel leichter die Geschichte des Mittelalters kennenzulernen als die jüngste Geschichte mit ihren schrecklichen Details. In meiner Kindheit wurde alles was zwischen 1920 und der Gegenwart geschehen war, totgeschwiegen, schöngeredet. Ich erinnere mich an Gespräche zwischen meiner Großmutter und meiner Mutter, in der das Schicksal jüdischer Familien aus meinem Heimatort in skandalöser Weise verharmlost wurde. Ein von der Schule organisierter Besuch einer Ausstellung über das KZ Mauthausen wurde keineswegs besprochen und es gab auch keinerlei Erklärungen dazu. Es wurde uns dargeboten, als handelte es sich um eine Ausstellung um ein ganz gewöhnliches "Gefängnis".

Erst als ich älter wurde erreichte mich das Wissen um diese schrecklichen Jahre bis 1945. Mehr und mehr öffneten sich die Bilder, in denen meine Großeltern, Verwandten und Bekannten verschiedene Rollen spielten. Es gab den bekennenden Na.zi ebenso wie den Onkel, der als Kommunist nach Russland auswanderte (1934) und bei der Belagerung von Leningrad verhungert ist.
Geschichte ist nicht nur eine leere Angelegenheit, die anderen Menschen passiert ist, sie berührt uns auch selbst in jener Zeit, in der wir leben.

Geschichte ist für mich nicht nur eine Ansammlung von Jahreszahlen, sondern eine einzige große Story, manchmal wie ein Kriminalroman, eine Familientragödie. Wir wissen vieles nicht und vieles mag uns falsch dargestellt sein, weil falsche Rückschlüsse gezogen werden. Aber das ist nicht unbedingt von Bedeutung, da die Geschichte der Menschen wechselvoll und lebendig ist wie das Leben selbst. Sich festzukrallen an Fakten und darauf zu beharren, mag auch im Hinblick darauf, dass es oftmals auf die Position des Betrachters ankommt, falsch sein.

Heute haben wir mehr den je die Möglichkeit, uns aus vielen Quellen zu informieren und das, finde ich, ist eine der positiven Seiten der heutigen Zeit.

Orlanda
 
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ruben7587
ruben7587
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oh merope ,
jetzt kommen wir in den bereich der viel-oh-sofi .
( " warum schreibst du denn Filosophie mit F ?? " antwort :
" na , weil meine V-taste kaputt ist " )

die auslegung / aufarbeitung der geschichte betrachte ich als sehr schwierig . selbst im hier und jetzt versuchen wir , zwischen den zeilen zu lesen , um zu erkennen , was der verfasser tatsächlich denken könnte .
um wie viel schwieriger ist es , die handlungen derer zu erkunden , die nicht mehr antworten können .
es gibt kaum ein geschichtliches thema , mit dem sich nicht mehrere personen beschäftigten und die - unabhängig voneinander - zu unterschiedlichen meinungen kommen .

auch der wissenschaftler ist ein mensch und ich kann nicht erkennen , warum er so - und nicht anders zu seiner erkenntnis kommt . keiner von denen war je auf der arche , in troja oder gar auf einem anderen planeten . viele wissenschaftliche erkenntnisse , die gestern grundlage einer doktorarbeit waren , sind morgen - bedingt durch eine ( angeblich ) neue erkenntnis , überholt .
um dabei nicht restlos ins schleudern zu geraten , habe ich für mich festgelegt , die jeweilig neueste erkenntnis anzunehmen - bis sie widerlegt wird . ob ich damit richtig liege ?? keine ahnung

ja merope , eines hast du geschafft : mit dem gedanken daran kann man bestimmt besser einschlafen , als mit dem ewig langweiligen , blöden schafe zählen ;-)

schlaf schön

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