Beiträge zum Thema: Die "Sprachlosigkeit" der Gesellschaft

 
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Orlanda
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Es wird viel geredet.
Wenn man z.B. in der Bahn sitzt und sich um einen herum die Teilnehmer einer Wandergruppe +50 scharen, ist das nicht zu überhören. Eine(r) überschreit den/die Andere(n) und zu jeder Gruppe gehört fast standardmäßig der 'Spaßmacher', der immer ein paar Worte von sich gibt und die anderen Wanderer zu herzlichem Lachen animiert.

Wer genau hinhört merkt aber, dass trotz der vielen Worte die hier fließen, kaum wirklich etwas gesagt wird.

Freilich muss man nicht immer tiefgründige Gespräche führen, aber mit steigender Quantität sinkt meistens die Qualität. Hört man sich an, worüber die meisten Leute reden, so sind das meistens Banalitäten aus dem Alltag, der Familie, standardisierte Aussagen über alles Mögliche oder einfach nur Worte, die daherströmen, ohne jeglichen Sinn.

Man kann in der Bahn z.B. vorallem Frauen beobachten, die gute 50 Minuten ohne Punkt und Komma vor sich herreden. Meistens sitzt ein geduldiger Mensch gegenüber, der es bald aufgibt, auch irgendwas zu sagen.

Es gibt nur wenige Menschen, mit denen man ein erquickliches Gespräch führen kann, das erfrischt, entspannt, interessant ist und das man als guten geistigen Austausch bezeichnen kann (das können auch kontroverse Positionen sein). Wortspiele die sich so ergeben, sind vielen Menschen fremd.

Ich frage mich, ob der allgemeinen "Sprachlosigkeit" eine geistige Verödung zugrunde liegt, hervorgerufen durch die Medien und die Werbung.
Wer sich nämlich nur nach dem orientiert, was in TV und Zeitung zum besten gegeben wird, kann kaum in interessante Bereiche vordringen. Es ist Müll, den die Politik und die Unterhaltungsindustrie den Menschen hinwirft.

Diese Müll animiert nicht zu weiterer, tieferer Lektüre, sondern verfestigt sich im Gehirn und verstopft es. So können oftmals bei bestem Willen keine guten Gespräche zustande kommen, weil kein eigenes Denken stattfindet, sondern nur das Hervorpurzeln des vorher "Eingetrichterten"....

Orlanda
 
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Orlanda
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Liebe Annedore, es ist wirklich schwierig Gesprächspartner zu finden, die auch an ungewöhnlichen Themen Interesse und Freude finden. So vertraue ich vieles meinem Tagebuch an und manchmal nerve ich auch das LF Forum damit...!

Aber ich sehe, dass sich hier im Forum oftmals interessante Gesprächspartner/-partnerinnen finden und das ist schon erfreulich!

Orlanda
 
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Orlanda
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Ja, liebe Cardia, mir fällt das auch auf, dass viele Mütter mit kleinen Kindern z.B. spazierengehen und dabei mit irgend jemandem telefonieren. Wenn man kurz mithört kann man feststellen, dass es nur dieses Freundinnen-Blabla ist.
Vielleicht wurde ja auch schon mit den Müttern, als sie selbst noch Kinder waren zuwenig geredet.

Meine Mutter redete pausenlos, 80% davon war Geschimpfe über uns Kinder, den Ehemann und überhaupt die böse Welt.
Vermutlich ist das aber besser, als sich als Mutter gar nicht den Kindern mitzuteilen.

Orlanda
 
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Hallo Orlanda,
mir geht es ähnlich wie Dir. Ich sehe so viele interessante Dinge in der Welt und ich stelle fest, dass meine Gesprächbeiträge oft als zu ernsthaft empfunden werden. Ich meine, dass ab einem bestimmten Niveau die Luft dünn wird. Wer stark ist, muss entweder die anderen mittragen, und wenn sie/ihn das überfordert, bleibt sie/er allein.
Liebe Grüße von Annedore
 
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Hallo pediplatsch,

genauso ist es!

Auch in Ehen und Beziehungen wird durchschnittlich 5-10 Min. täglich kommuniziert,- mit Kindern noch viel weniger!

Da stillen Mütter ihre Kinder und halten weder Blickkontakt, noch sprechen sie mit dem Kind, sondern sind mit dem Handy beschäftigt.
Das macht mich immer wieder sprachlos!

Auch in der Liebe versteht man sich manchmal ohne Worte,
doch gänzlich ophne Gespräche stirbt die Liebe an der Sprachlosigkeit,- gerade bei Tabu-Themen.-

Zur Kommunikation gehört auch eine eigene Meinung und..
diese äußern halt viele kaum. Sie halten eher still, um nicht anzuecken.
Dabei können gute Gespräche so viel geben und manchmal sogar ein Leben verändern.-

In letzter Zeit fällt mir immer mehr auf, dass viele Eltern extrem wenig mit ihren Kindern sprechen, und oft nur Ein- oder Zweiwort-Sätze,...

So wächst die Mauer der Sprachlosigkeit und aus diesen Kindern werden vielleicht wieder emotional arme " Wesen."

Hallo Orlanda,

für mich ist " Querulantin " heutzutage positiv besetzt und ich wünschte, wir hätten mehr davon.-

LG Cardia
 
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das erlebe ich zu meiner Freude auch immer mal wieder, dass sich ganz spontan gute Gespräche entwickeln, die über ein sinnfreies Geblubber hinausgehen.

Erwarten und Planen kann man das allerdings nicht.
Erstaunlicherweise ist die gleiche Sprache noch nicht einmal die wichtigste Voraussetzung. (naja, ein paar Grundbegriffe oder gemeinsame Grundkenntnisse einer "dritten" Sprache sind natürlich schon hilfreich für eine sinnvolle Kommunikation).

Solche "Glücksfälle" auf der zwischenmenschlichen Ebene, oft MITgetragen von Gestik, Mimik und Körpersprache sind allerdings für eine dauerhafte gute Gesprächsebene, wie ich sie mir für eine Beziehung vorstelle, noch nicht ausreichend.

huch, habe das Thema verfehlt; zurück zur Sprachlosigkeit der Gesellschaft.
Es ist definitiv so, dass Menschen, die ihre Meinung für sich behalten, leichter als politisch korrekt eingestuft werden können. Wer sich nicht freiwillig in einen sinnbefreiten Mainstream einordnet, braucht entweder Ausdauer, Vitamin "B" oder die Fähigkeit, sich (oft genug auf Kosten anderer) durchzusetzen.

So funktioniert das in vielen Beziehungen und Familien, bei der Arbeit und natürlich auch in der Politik.

Wer Widerstände vermeiden will, schweigt besser.
Ob er sich selbst damit wirklich etwas Gutes tut, sei dahingestellt. Ich fürchte, es wäre ein Irrglauben und irgendwann kommt es zum Eklat oder zur Katastrophe.

Aber - Menschen sind verschieden und es ist schwer, die ausgetretenen eigenen Pfade zu verlassen, selbst dann, wenn man erkannt haben sollte, dass es ein Holzweg ist.

emirena
 
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pediplatsch
pediplatsch
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meiner Meinung nach entsteht die Sprachlosigkeit unserer Gesellschaft nicht durch unsere Sprache sondern durch unsere Handys. Ich sitze im Zug und fast jeder redet mit seinem Handy --ganz privat -ganz ungeniert.
Ein gutes Gespräch , wie mir geschah , mit einer schweizer Familie ziehe ich vor und stell mein Handy aus
 
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Orlanda
Orlanda
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Ich glaube ja nicht, dass ich an Verfolgungswahn leide, wenn ich unterstelle, dass "Sprachlosigkeit" im Volk lieber gesehen wird von "oben" als wenn das Volk allzu sprachbegabt wäre!

Es ist im Großen wie im Kleinen: Auch in den Familien herrscht eine Hierarchie, in der die "Großen" sprachlose "Kleine" den allzu gesprächigen vorziehen. Ich meine mit Große und Kleine nicht unbedingt Eltern und Kinder. Vorallem, wenn die Kinder größer werden dreht sich oftmals der Spieß und die Eltern tanzen nach der Pfeife der Kinder.

Es gibt ja auch die Mär, dass die Politik ganz gezielt das Schul- und Bildungswesen nicht reformiert, weil allzu kluge Bürger nicht gewünscht sind. Das Volk soll grad soweit gebildet und geschult sein, wie es u.a. von der Industrie gebraucht wird, damit Arbeiten gut erledigt werden können. Gute Arbeit wird gut belohnt und so schöpft auch der Staat noch ab.
In der Schule wird ja vorallem das selbständige Denken nicht gefördert. Es wird auswendig gelernt was das Zeug hält, das formt brave Bürger, die sich so Erlerntes gut merken. Früher mußte man auch noch die 10 Gebote und das Glaubensbekenntnis auswendig lernen...

Je dümmer das Volk, umso leichter haben es die Politiker. Das ist aber ohnehin kein Geheimnis. Und sprachlos soll es auch sein. Man sieht ja bei den Wahlen, dass es auch heute noch üblich ist, ein Kreuzchen zu machen. So wie seinerzeit, als die wenigsten Menschen schreiben und lesen konnten. Aber damals durften sie großteils auch noch nicht wählen.

Mir erzählte gestern ein alter Kollege, dass man über mich sagt, ich sei eine "Querulantin" (schreibt man das so?), weil ich eben nicht sprachlos bin und sage was ich denke und vieles nicht mitmache. Auch schon einiges verhindert habe. Naja, das stinkt vielen. Aber ich kann mich morgens im Spiegel ansehen. Lieber das als eine angepaßte, verschüchterte Büromaus! Karriere machen die ewigen Ja-Sager auch nur selten...

Jetzt geh ich schlafen.
Wie schön, es geht ins Wochenende!

Orlanda
 
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Liebe Orlanda,

natürlich finde ich Dich nicht sprachlos. Es bezog sich auch mehr auf die Beurteilung des TV-Konsums.

Abgesehen davon mag ich die Serie mit Inspector Barnaby auch recht gern. Bei der Landschaft, der Dorfidylle und der Filmmusik kann man sich schon entspannen.

Allerdings gibt es kaum noch neue Teile der Serie.

Wiederholungen machen gerade bei Krimis einen Großteil der TV-Sendungen aus. Dann fällt es auch leichter, den Ausschaltknopf zu betätigen oder sich interessante Dokus anzuschauen.

Die TV-Gebühr ist inzwischen wie eine Steuer.Jeder (fast) muss sie bezahlen, hat aber keine Gestaltungsmöglichkeiten bei den Programmen.

E.


PS: Ist das eine "verordnete" Sprachlosigkeit"?
 
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Orlanda
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Ja, liebe Erinnerung, aber solche Filmchen sind nicht Dauerkost!

Oder findest Du mich "sprachlos"?

Da wäre ich aber sprachlos!

Orlanda
 
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War da nicht eine banale englische Krimiserie, die auch mal zur Entspannung dient?

E.
 
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Orlanda
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Liebe Emirena, ohne Zweifel gibt es auch gute Information und Unterhaltung von TV und den anderen Medien.

Aber hör Dir einmal an was viele ältere Menschen sich ansehen. Und der Einfluss, denn eine solche Dauerberieselung hat, sollte nicht unterschätzt werden. Wobei natürlich, um sich manchen Fernseh-Krampf anzusehen schon eine gewisse Bereitschaft dazu da sein muss. Ein anderer Mensch ohne diese Bereitschaft würde manches nicht ertragen...

Orlanda
 
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Orlanda
Orlanda
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Liebe Merope, gerade nach einer Wanderung, wenn das Gehirn sauerstoffdurchflutet ist, ergeben sich oftmals gute, entspannte und oftmals auch lustige Gespräche.

Mich sprach einmal nach einer schönen Wanderung um den Ammersee eine ältere Dame an. Der Zug war in Herrsching noch nicht gestartet, aber die Dame begann sofort damit, mir von ihrer Tochter und deren familiären Belangen zu erzählen.

Ich sagte ihr klipp und klar, dass mich das nicht interessiert. Woraufhin sie beleidigt schnaubte und mich wieder verließ.

Aber gerade mit sehr alten Menschen habe ich mich schon gut unterhalten. Ihr Witz, ihre Weisheit, ihre Art die Dinge zu sehen, sind eine Bereicherung! Sehr alte Menschen haben wohl noch eine andere geistige Grundlage als manche heutigen Menschen.

Wie Emirena sagt: Es liegt am Menschen selbst sich zu führen.

Orlanda
 
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Liebe Orlanda,
ich würde mit einer Wandergruppe in der Bahn auch keine Gespräche über Gott und die Welt führen - und ich denke, auch die Teilnehmer der Wandergruppe haben ihre Vertrauten, mit denen sie tiefgründige Gespräche führen können.
Man macht eben gern den Fehler, die Menschen schon nach kurzem Hinsehen einschätzen zu wollen.
Da fällt mir ein Spruch ein, den mir mal eine Mitschülerin - als wir noch Teens waren, ins Poesie-Album geschrieben hat:
"Richte nie den Wert des Menschen
schnell nach einer kurzen Stunde.
Oben sind bewegte Wellen,
doch die Perle liegt im Grunde."

Wie wahr!
Schönen Tag noch
 
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WIR lassen uns unser Gehirn nicht verstopfen!!

Auf die Sprachlosigkeit hat wirklich JEDER einen Einfluß, wenn er denn möchte. Wenn einer nicht möchte, warum auch immer, kann man ihn nicht zwingen.

Die Medien tragen zur Sprachlosigkeit sicher mit bei; aber nur, wenn alle es hinnehmen. Aber die Medien tun nicht nur "Schlechtes", sie rütteln auch wach oder lenken den Fokus auf akute Themen.

emirena

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