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Orlanda
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Wir Menschen sind Wesen, die einerseits, wie Merlin schreibt, gleich "gestrickt" sind, doch haben wir aus vielerlei Gründen auch verschiedenste Verhaltensweisen und viele verschiedene Merkmale.
Der Rückzug des Sozialverhaltens, so wird vermutet, liegt vorallem auch an der Enge des Zusammenlebens. Man schottet sich einfach ab, weil ständig die natürliche Distanzschwelle überschritten wird und wir gezwungen sind, ständig fremde Menschen in unserer Nähe zu dulden.
Es ist angeblich eine ungeheure Leistung, die da vollbracht wird, denn eigentlich litten wir ja nur bekannte Menschen in unserer unmittelbaren Nähe. Normalerweise müßen wir ständig in Beschwichtigungshaltung sein. Aber nein, da setzt sich ein wildfremder Mensch ohne ein Wort neben einen hin und wir dürfen nicht einmal mit den Lefzen zittern (wie das z.B. sogar ein Hund machen würde!) Keine Tierart schafft das auf diese Art und Weise wie das der Mensch schafft. Sogar die relativ friedlich wirkenden Kühe gehen aggressiv auf fremde Kühe los.
Diese Überwindung hat nun angeblich zur Folge, dass unsere Verteidigungsreaktionen, auch manchmal unser Brutpflegeverhalten (von dem manche Verhaltensforscher auch das Sozialverhalten ableiten) und andere sozialen Vehaltensweisen verkümmern.
Wir reagieren nicht mehr, wenn neben uns ein 'fremder' Mensch angegriffen und getötet wird, es regt uns nicht mehr auf. "Der Mensch" hat abgeschaltet - seine Aggressionen gegen den Fremden, aber auch das Mitgefühl für diejenien Menschen, die hilflos sind.
Nur mit Bewußtsein werden wir gewahr, dass ein solches Verhalten großen Schaden anrichtet.
Die schlummernden Aggressionen erwachen aber manchmal, wenn wir in fremden Menschen Verursacher aller möglichen Dinge zu erkennen glauben. Es genügen dann einfache Parolen, um die gestaute Wut zu aktivieren.
Es gibt eine Überlegung, die besagt, dass "der Mensch" über 200.000 Jahre in seiner artgerechten Umwelt und mit einem ihm angeborenen Verhalten gut zurecht gekommen ist. In dieser großen Zeitspanne war genug Zeit, sich immer wieder mit kleinen Neuerungen auseinander zu setzen und das Verhalten darauf abzustimmen.
In den letzten 10.000 Jahren hat sich die Entwicklung des Menschen aber derartig beschleunigt (man denke nur an die technische Entwicklung innerhalb der letzten 100 Jahre!), dass der mentale, soziale und emotionale Bereich dieser Geschwindigkeit nicht mehr standhalten kann. Darin wird auch der Grund gesehen, weshalb der Mensch zwar verstandesmäßig erkennt, dass uns die derzeitige Lebensweise in den Abgrund führt, wir aber nicht imstande sind, die Dinge wirklich in den Griff zu bekommen. Zu sehr ist "der Mensch" beherrscht von seinem ursprünglichen, oftmals unbewußten Verhalten. Man nehme als Beispiel das Auto: Wir alle wissen um seine Schädlichkeit, auch welche Folgen es hat, zu schnell zu fahren, unvorsichtig zu überholen etc. Wissen und Handeln können offenbar nicht immer aufeinander abgestimmt werden...
Orlanda