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Orlanda
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Ich erinnere mich an einen Bericht im TV (ca. 1990) über die gefallenen Soldaten des 2. Weltkrieges in Rußland. Man hat die Überreste unter Bäumen gefunden, die wohl erst lange nach dem Tod der Männer dort gewachsen sind. Die Wurzeln waren in die Schädel eingewachsen. Man fand die großen Knochen und vorallem die Kennmarken der Soldaten. Das meiste war wohl schon zerfallen und von der Erde nicht mehr zu unterscheiden.
Wenn schon nach 50 Jahren kaum mehr etwas von einem Menschen da ist, dann wird wohl nach 99 Jahren alles vergangen sein - vermutlich liegt es aber auch am Material in das der Verstorbene gelegt wird. Es gibt ja Erden, die konservieren. Wer im Moor versinkt hat gute Chancen auch nach sehr langer Zeit noch vollständig erhalten zu sein, allerdings mit einer etwas befremdlichen Verfärbung.
Die Mumien in den Katakomben von Palermo waren wohl auch, ehe sie in die Nischen gestellt wurden, eingegraben. Angeblich ist die Erde in denGräbern so beschaffen, dass die Toten konserviert wurden.
In Planegg ist eine kleine Kirche bei deren Eingang eine vergitterte Nische ist und dahinter lagen lange Zeit zwei Schädel. Ich bin dort früher oft gestanden und habe über den Sinn des Lebens nachgedacht. Und über die Vergänglichkeit. Heute, 20 Jahre danach, stehe ich dem Zustand der beiden Schädel näher denn je und jeder Tag verkürzt die Zeit...
Woran erkennt man das Alter? Wohl daran, dass es so viele Geschichten zu allen möglichen Orten und Dingen zu erzählen gibt.
Und dann, eines Tages, ist alles vorbei und verweht.
Ein Baum, eine Nische... Es ist völlig egal, ob da Namen stehen, Geburtsdaten, denn keiner wird mehr etwas über den Menschen wissen der da war. Die Knochen sehen alle gleich aus und so wird auch tatsächlich alles wieder eins.
Ob es eine Weltenseele gibt, von der gesprochen wird? Das hieße ja auch, dass alles in allem ist.
Das Individuum wird vergessen, weil nach dem Tode alles Individuelle vergangen ist. Aber die Gesamtheit, das große Gemeinsame ist noch da. Überall, schaut Euch um, und auch in unseren Köpfen. Wir wissen mehr als wir uns eingestehen können.
Orlanda