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Orlanda
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Das mit dem Abbau des Gehirns ist sicher auch individuell.
Ein mir bekannter Mann, der vor einem Jahr mit fast 97 Jahren starb, bekam 6 Jahre vor seinem Tod Alzheimer. Er war bis dahin geistig sehr rege, ein hochintelligenter Mann, der bis zu seiner Erkrankung seine Aktiengeschäfte recht klug abwickelte, einen geschliffenen schwarzen Humor hatte...
Meine Schwiegermutter, eine bis heute sehr einfache, dem Mann und den Söhnen recht unterwürfige Frau, die sich nie mit hochgeistigen Dingen beschäftigte und oftmals eher recht doof erschien, ist heute mit 94 zwar körperlich schon sehr verfallen, aber ihr Geist ist immer noch fit.
Sie ist nach wie vor fähig zu vor allem recht bösartigen Überlegungen und Handlungen, die aber keinesfalls auf einen Gehirnverfall schließen lassen, sondern sie nutzt ihre körperliche Schwäche gezielt dazu aus, um mit allem durchzukommen. Ihre Aktionen sind auch nicht zufällig, aus Trotz heraus, sondern sind wohlüberlegt und geplant. Von Gehirnverfall kann bei ihr nicht gesprochen werden!
Vielleicht sind viele alte Menschen auch einfach überfordert mit dem modernen Leben. Ich denke mir oft, wie wohl ein sehr alter Mensch in dem Trubel einer Großstadt, z.B. in der U-Bahn, sich fühlen mag? Ich für meinen Teil glaube, dass es auch ein Mittel des Selbstschutzes ist, wenn man einfach abschaltet. Das, was heute auf den Menschen in der Stadt einströmt ist ja nicht einmal für mittelalte und gesunde Menschen auszuhalten!
Warum darf man nicht im hohen Alter hinweggleiten in eine Welt, die nicht mehr ist, und sich einfach "aus dem Staub machen"?
Ich habe manchmal heute schon das Gefühl, dass mich dieses sogenannte moderne Leben fürchterlich langweilt, weil es die Menschen in eine Lebensform zwingt, zu einem Uniformismus, der nicht menschenwürdig ist. Was hilft unser freier Wille, wenn die Gegebenheiten uns diesen freien Willen langsam und unbemerkt wegnehmen?
Orlanda