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Merlin47
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Vor ein paar Jahren sah ich einmal einen Mann in unserer Fußgängerzone, der sich wie Jesus gekleidet hatte und das Wort Gottes verkündete. Alter, Bart, langes Haar, Sandalen und auch die braune Kutte paßten wunderbar zusammen, als wäre Jesus tatsächlich auferstanden.
Er erzählte auch von Nächstenliebe und Gott, es war nahezu perfekt, wenn nicht auch von seinem besonderen Verhältnis zum Vatikan und dem Papst die Rede gewesen wäre. Jedem Zuhörer wurde schnell klar, daß dieser unschuldige Geist ein wenig verwirrt war.
Obwohl alle um ihn wußten, hatte er doch immer eine ansehnliche Zuhörerschaft und die meisten hörten ihm interessiert zu. Eventuell war es ja gerade diese Selbstsicherheit und sein unschuldiger Sanftmut, der von ihm ausging und die Menschen berührte.
Es gab aber auch Passanten, die den Jesus aus der Fußgängerzone beschimpften und ihn aufforderten zu verschwinden. Mir schien, daß gerade sie zu jenen gehörten, welche sich gerne als fromme Christen verstehen.
Ich denke auch, daß unter jenen der Verräter war, der ihn an die Obrigkeit verraten hatte. Jedoch nicht aus besonderer Nähe, wie dies durch Judas geschah, sondern aus Hass und Intoleranz.
Obwohl er nicht gebettelt oder sich als Jesus bezeichnet hatte, fand deshalb nach einigen Wochen sein samstägliches Wirken ein jähes Ende. Zwei Polizisten führten dieses harmlose Wesen für immer fort.
Trotz des verwirrten Menschen sehe ich in dieser Geschichte eine Parabel zu den Ereignissen um Jesus und ich frage mich immer wieder, was wohl geschehen würde, wenn Jesus tatsächlich in diese Welt zurückkehrte. Würde sich seine damalige Geschichte in ähnlicher Form als Déjà-vu wiederholen?
Merlin