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Orlanda
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Mir ging das heute im Kopf herum, ob man denn wirklich von Glücksgefühlen z.B. im KZ sprechen kann - ich bezweifle es. In diesem Grauen mag es Momente gegeben haben, in denen diese armen Menschen für kurze Zeit sich ihrem Schicksal ergeben haben - vielleicht ist es wie eine Betäubung bei sehr großen Schmerzen. Wer eine große Verletzung erleidet steht auch unter Schock und merkt nicht, dass ihm die Gliedmaßen abgetrennt wurden.
Man erzählt vom Krieg, dass inmitten des Chaos und des Todes Menschen sich nahe kamen, miteinander feierten und "glücklich" waren. Auch da würde ich es nicht glücklich sein nennen, sondern ein Loslassen des Schmerzes, weil er einfach unerträglich geworden war.
Es gibt ja auch ein verzweifelte Art der Freude, eine verzweifelte Art des Feierns. Man läßt es richtig krachen - man ist im Herzen aber dem Weinen näher als dem Lachen.
Als irgendwann Ende des 19. Jhdts wieder einmal ein Weltuntergang vorhergesagt wurde, gab es Menschen, so erzählte man, die alles Hab und Gut verkauften und sich betranken, "es noch einmal auskosten wollten, das Leben, ehe es zu Ende geht". Waren die glücklich? Es gibt eine teuflische Konstellation: Wenn die Verzweiflung überkippt, unerträglich wird, dann entsteht manchmal ein Zustand, der fast schon ein bißchen hysterisch erscheint, aber dem Zuschauer vermittelt er das Bild großer Lebensfreude.
Ich denke grad an den Karneval von Rio und die "fröhlichen" Bewohner der Slums wie sie "glücklich" feiern...
Der abgestumpfte Europäer sieht nur die lachenden Gesichter und vermerkt ein wenig neidisch, wie glücklich doch diejenigen sind, die nichts haben...
Ganz in dem Bild, das sich der Euopäer von jeher vom "edlen Wilden" macht, der da bescheiden, dankbar, mit primitivem und kindlichen Gemüt behaftet, demutsvoll im Urwald lebt...." - ja, und auch noch - nicht zu vergessen: GLÜCKLICH!
Orlanda