Beitrag aus Archiv
Orlanda
Anzahl Beiträge: 3598
@Emirena: "... Die Annahme, Menschen könne man behandelt wie Maschinen ist einfach pervers..."
Pervers oder nicht: Man sieht doch, dass es geht!
Das geht, weil eine schweigende Mehrheit über Leichen geht, wenn es darum geht, den eigenen Geldbeutel zu schonen, weil es bequem ist, die Brötchen einfach irgendwo zu kaufen, Hauptsache, man muss dabei nicht allzuweit laufen...
Das ist überall so, nicht nur beim Bäcker. Auch beim Metzger, bei fast allen Lebensmitteln ist das so und auch in vielen Dienstleistungsbereichen. Was kümmert es die Menschen, ob die Tiere, deren Fleisch sie essen, elendig dahinvegetieren und einen grausamen Tod sterben oder ob in einer Bäckerei Hilfspersonal die notwendigen Hygienemaßnahmen nicht einhält? Hauptsache alles ist billig für den Konsumenten - die Zeche zahlen die Anderen...!
Wer zu knausern hat, weil er/sie nichts hat, hat keine andere Wahl, als möglichst billig einzukaufen. Aber die meisten Menschen haben genug, um sich Urlaube zu leisten, jeden kleinen Fuzzi heimzuschleppen, wenn es den eigenen Körper oder die Wohnung verschönert, ein Auto gehört zum MUSS, ebenso wie die Mitgliedschaft im Fitness-Center... Der Mensch beklagt sich, wenn die Milch pro Liter 5 Cent mehr kostet, dafür wirft er Geld beim Fenster raus, wenn es darum geht, das Prestige zu erhalten oder zu erhöhen!
Man spart lieber dort, wo es unsichtbar bleibt, woher ich es nehme: Nämlich beim Essen, bei kleinen Dienstleistungen.
Ich sehe - wie immer - nur, dass ICH für MICH Konsequenzen ziehen kann. Aufrufe, Versuche die Menschen/Bekannten zu einem ökologischerem oder gerechterem Denken zu bekehren, schlagen 99,8% fehl. Wer nicht sehen oder hören will, findet viele Argumente, um ja in seinem alten Trott bleiben zu können.
Also bleibt nur, dass ich NICHT bei Billigbeckern, -metzgern etc. einkaufe. Lieber esse ich z.B. weniger Fleisch, kein Schickimicki-Zeug, kleide mich mit Textilien, die zwar in der Anschaffung teurer, dafür aber Jahre (und manche sogar Jahrzehnte!) halt- und tragbar sind, als dass ich mein Geld zur Unterstützung von Sklaverei einsetze.
Das mag den 400 Euro-Joblerinnen nicht nützen, aber in der Masse schädigt es die Unternehmer, die meinen, ihren Reichtum auf die Ausbeutung von Menschen begründen zu dürfen.
Schlecker ist schon mal pleite. Ob ich, da ich niemals bei Schlecker einkaufte, dazu beigetragen habe, bezweifle ich zwar, aber ich fühle mich nicht schuldig an der Ausbeutung der Schlecker-Mitarbeiterinnen.
Auch in meiner Firma treten immer wieder absurde Ideen auf, wie man den Mitarbeitern möglichst viel von dem wegnehmen kann, wofür unsere Vorfahren gekämpft haben. Meistens ohne Erfolg. Das geht auf jeden Fall darauf zurück, dass unser Betriebsrat stark ist und auch die Gewerkschaft ein Schutzwall ist.
Was mich immer am meisten nervt ist die Aussage: "Ich brauche keine Gewerkschaft, weil sie mir ohnehin nicht hilft".
Es ist eine Frage der Solidarität. Wenn alle sagen, es hilft nicht, dann hilft es auch nicht. Wie sehr Gewerkschaften geholfen haben und wie wichtig es war, solche zu begründen, zeigte sich in jenen Zeiten, als die unzumutbaren Zustände in den Unternehmen einfach nicht mehr zu akzeptieren waren. Hätten die Menschen damals schon gesagt "es hilft eh nicht", hätten wir heute noch eine 72-Stunden-Woche und müßten bei Krankheit unsere Partner oder Kinder als Ersatz in die Firma schicken.
Ich sehe keine generelle Lösung des Problems, als vielleicht in der utopischen Idee, eine solidarische Ächtung der Billig-Unternehmen und deren Produkte könnte dafür sorgen, dass diese Unternehmen umdenken. Nach wie vor bestimmt die Nachfrage das Angebot...
Orlanda