Beiträge zum Thema: SOLITAIRE...

 
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Sonnenschein1958
Sonnenschein1958
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ENDLICH wieder auf dem Weg, mit Rucksack, Wanderstöcken, viel Proviant und guter Dinge.. Der Weg führt von Schliersee nach Tegernsee über bewaldetes Vorgebirge. Einige Almen locken und vorallem die Aussicht über eine wunderschöne Landschaft, vom Chiemsee (im Dunst sichtbar) bis zu Buch- und Roßstein im Westen.
Die erste Alm, Kreuzalm, verlockt mich nicht zum Verweilen. Ich steige ab "ins Loch", an einem ziemlich glibberigen, steil nach unten führenden Lehmweg, in den die Kuhfüße halbmetertiefe Löcher gestampft haben, die nun mit Wasser gefüllt sind. Unten, in der Mulde, sind die Kühe. Sie starren mich verständislos und gelangweilt an. Ich versuche mich, von einem Grasbüschel zum Anderen hüpfend, nach vorne zu bewegen. Vielleicht schauen die Kühe deshalb so drein, weil sie meine Bewegungen merkwürdig finden..? Dickes Sumpfgras suggeriert Sicherheit, hat jedoch nur die Eigenschaft, dass es sehr rutschfreudig ist. Ich weiß nicht, wie man diesen Weg ohne Wanderstöcke in trockenem Zustand überstehen sollte....?
Endlich geht der Weg wieder nach oben, der Lehm, der die Pfützen hält, ist aber das Baumaterial auch dieses Wegteils.. Mir entgegen kommen Menschen, die mich darauf aufmerksam machen, dass der Weg oben am Berg noch schlimmer wird. Sie bekommen dafür von mir den Hinweis, dass die Schlammpackungen unten in der Mulde kostenlos zu haben sind. Ausweichen hätte keinen Sinn, man müßte nur achtgeben, dass man nicht stürzt. Es wird viel gelacht und gescherzt. Die gegenseitigen Ratschläge sind meist nichts als Ironie... Schicksalsgenossen... Menschen am Berg haben noch die Gabe der natürlichen Kommunikation...

Weiter oben erscheint mir der "Heilige Hubertus" persönlich. An der Leine eine Brandlbracke, das ist ein Jagdhund, aus der Steiermark stammend. Allerdings, wie mir der Jäger versichert, nicht reinrassig, sondern mit einem Hannover'schen Schweißhund gekreuzt. Das sei "nicht schlecht", denn so sei dieser Hund perfekt zur Hirschjagd geeignet. Das verstehe ich, der Hund erscheint mir größer als üblicherweise Brandlbracken sind. Über den Hund kommt man mit Jägern leicht ins Gespräch. Nicht nur der Hund ist ein ansehnlicher, sondern auch sein Herr könnte aus dem Bilderbuch entstiegen sein... Zur Jägersfamilie gehört auch ein halbwüchsiger Junge und eine recht streng aussehende Frau... Wundert mich nicht, auf den Mann muss sie sicher gut aufpassen - mit dem Hund an der Leine erst recht - wie sich zeigt...!

Nach kurzer Zeit erschallt ein Ruf von oben: "Hallo! Die Preussen waren schon da...!". Die Stimme gehört einem Mann aus dem deutschen Norden, der mir auch gleich noch erklärt, dass der Benzin in Österreich viel billiger sei... Nach kurzem Geplauder und Gelächter geht es weiter..

Oben auf der Schneid verspeise ich einen Teil meiner mitgeschleppten Vorräte (nirgends schmeckt es beser als am Berg!) und gehe dann wieder weiter...

Tatsächlich betrete ich nun ein Gebiet, das den Pontinischen Sümpfen in nichts nachzustehen scheint... Gute Seelen haben, um die Füße und Schuhe der Wanderer zu schonen, in guter Absicht dicke Eichenbretter ausgelegt. Aber es ist kaum möglich aus dem Sumpf heraus diese Bretter zu erreichen. Sobald man dies jedoch mit einem olympiareifen Weitsprung geschafft hat, stellt sich das Problem, dass man vom Brett aus festen Boden kaum mehr erreichen kann.
Als ich das nächste Eichenbrett, von dem mich 3 qm Sumpf trennen, fotografiere, tritt eine Frau hinzu und meint tröstend: "Machen Sie doch ruhig dieses letzte Foto - ich lasse Ihren Hinterbliebenen gerne ihre Kamera zukommen, wenn Sie dann versunken sind!". Es gibt ein großes Gelächter und Jede versucht nun mit surrealistisch anmutenden Sprüngen ihren Weg zu finden, ohne als Moorleiche zu enden...

Später, als es zu regnen beginnt, gerate ich wieder auf einen festen, steinigen Weg und am Ende ist auch mein Lieblingsplatz auf der Terrasse des Lieberhofs noch frei - und es regnet nicht mehr. Vor mir liegt im Licht des vergehenden Tages der Tegernsee und mein leichtes (!) Weißbier schmeckt mir so gut wie schon lange nicht mehr...

Glück ist, wenn man nichts vermißt, weil alles reichlich vorhanden ist...

Nora
 
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Sonnenschein1958
Sonnenschein1958
Anzahl Beiträge: 476
Lieber Roberto,
so bedingt eins das andere und die Evolution der Säugetiere war auch erst möglich durch die Katastrophe bzw. mit dem Aussterben der Saurier. Wo oder was wären wir heute ohne die Schlagkraft des Asteroiden...?

Für mich heißt das, das alle Unbillen des Lebens am Ende einen guten Zweck und manchmal Ausgang haben. Wobei ich mein Leben noch nicht am Ausgang sehe - im Gegenteil, mit neuer Erkenntnis eröffnen sich einem ungeahnte Gelegenheiten...

Nora

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