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Orlanda
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... und es ging allen Menschen viel besser, auch den Kindern, die ja heutzutage SO VIEL lernen müssen...
Wer kennt das nicht?
Vor ein paar Tagen fiel mir beim Stöbern im Buchladen ein Sonderheft der Zeitschrift "Archäologie in Deutschland" in die Hände.
"Karies, Pest und Knochenbrüche" ist der Titel und er beschäftigt sich mit einem Seitenzweig der Archäologie: der Paläopathologie.
Hier werden Knochen und Zähne unter die Lupe genommen und sie erzählen uns von den Menschen, die unter für uns Heutige unvorstellbaren Bedingungen gelebt haben.
Es entsteht aber vorallem ein Bild, das uns zeigt, dass es zu keiner Zeit Menschen besser erging, als es heute uns geht!
Cholera, Syphilis, Zahnfäule, Rückenschmerzen, Gelenkbeschwerden, Rheuma, degenerative Erkrankungen, Verknöcherungen nach Brüchen, Infektionskrankheiten, die ganze Landstriche bevölkerungsfrei fegten, Knochenmarksentzündungen, die Löcher in den Röhrenknochen hinterließen, aus denen Eiter abfloss, Lepra, Spuren am Knochen nach Gicht, Tuberkulose und Krebs und alle möglichen Tumorerkrankungen...
Apropos Krebs: Es ist ein Irrglaube, dass erst der heutige Mensch so an Krebs erkrankt. Prostatakrebs, Brustkrebs, Knochenkrebs, Lungenkrebs gab es schon in der Steinzeit und in den darauffolgenden Jahrhunderten sogar recht häufig, wenn auch geringer al in der Gegenwart.
Man hat aber auch festgestellt, dass die Infektionskrankheiten zugenommen haben, nachdem die Menschen seßhaft wurden. Viele Infektionskrankheiten wie z.B. die Grippe, Masern, Tuberkulose, Malaria sind Mutationen von Krankheiten, die ursprünglich von Tieren stammen. "Übergesprungen" sind die Krankheitserreger beim engen Kontakt der domestizierten Tiere mit den Menschen.
Mit der Seßhaftigkeit stieg auch die Population der Menschen und somit konnten sich die Krankheiten schneller ausbreiten.
Das Thema Zähne ist ein besonders schreckliches: Es gab früher wohl kaum jemanden, der gesunde Zähne hatte. Sogar die Gebisse von Kleinkindern waren schon geschädigt, wohl aufgrund der Angewohnheit, den Kindern vorgekaute Nahrung zu geben.
Und es litten vorallem die Reichen an den Folgen einer stärke- und zuckerhaltigen Ernährung (Honig, Weißmehl...). Zahnfäule, Karies und deren Folgekrankheiten führten nicht selten zum Tod.
Sogar Ludwig XIV, der Sonnenkönig, mußte sich alle Zähne ziehen lassen, um seine königliche Glorie aufrecht zu erhalten. Leider wurde bei dieser Prozedur der Kiefer verletzt und der Gaumen brach ein.
Die Menschen müssen unendlich gelitten haben.
Mir erklärt sich manches 'merkwürdige', depressive Verhältnis der damaligen Menschen zu Schmerz und Tod. Vermutlich hat es kaum Momente gegeben, die tatsächlich frei von Belastungen und Schmerzen waren.
Kein Lesestoff, der entspannt genossen werden kann, aber eine heilsame Lektüre, die vor Augen führt, welch ein wundervolles Leben wir heute haben - auch wenn es Mängel in der Gesundheitspolitik gibt, so bleiben uns die Qualen unserer Vorfahren doch weitgehend erspart.
Wem oder welchem Etwas auch immer, auf jeden Fall aber dankbar, heute leben zu dürfen und nicht gestern oder vorgestern...
Orlanda