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Orlanda
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Ich kann Eure Überlegungen durchaus nachvollziehen. Bei mir waren es jedesmal Umzüge, die nicht nur Ausdruck einer (inneren) Veränderung waren, sondern auch Veränderungen beim Wohnen herbeiführten. Nun stehe ich sozusagen wieder auf der "Schleuder", in drei Jahren endet mein Berufsleben und dafür habe ich schon ganz konkrete Pläne, die naturgemäß eine Veränderung meiner Wohnung und teilweise auch deren Inhalt zur Folge haben werden.
Die Wohnung ist für mich Ausdruck des Inneren eines Menschen. Meine Wohnung enthält viele Dinge die zu meinem Leben, zu meinem Wesen gehören, sind das Bücher, besondere Möbelstücke oder auch Geschirr.
Vieles mußte ich aber loslassen, mich davon trennen, entfernen, weil es nicht mehr "ins Bild" paßte, nicht mehr gebraucht wurde, sich selbst "verabschiedete, kaputt ging, oder einfach nur Neuem den Platz wegnahm.
Die Vergangenheit, das Alte aber ganz ausschließen möchte ich nicht - das hieße ja, dass dieses, mein vergangenes Leben nichts enthielte, was wert ist, erhalten zu werden!
Wahrscheinlich ist die Gratwanderung zwischen totaler Nostalgie und dem Wunsch nach Neuem die wahre Kunst im Leben als auch in der Gestaltung einer Wohnung.
In der Küche habe ich z.B. einen über 100 Jahre alten Tisch, der einst in einer Herrschaftsküche stand und dessen Transport von Ostdeutschland bis zu mir mich 100 Euro gekostet hat. Eine Arbeitsfläche, eine große Schublade und ein Abstellfach darunter manchen diesen großen, stabilen Tisch zu einem wundervollen Arbeitsfeld. Hier kann man sogar einen Strudelteig zur ungeheuren Dimension ausziehen...!
Ebenso lieb ist mir ein Stuhl von 1930. Einen alten weiß lackierten Waschtisch, einen hohen Blumentisch und einen alten weißen Küchenstuhl aus dem 40iger Jahren des vorigen Jhdts. fand ich in der Ecke des Hühnerstalls meiner Schwiegermutter. Gereinigt, neu gestrichen und poliert sind diese fünf Teile nun Schmuckstücke meiner Wohnung. Sie haben, wie ich, viel erlebt (oder noch mehr!) und sehen (wie ich) trotz ihres Alters so recht passabel aus!
Uralte Bücher stehen neben modernen Taschenbüchern im Regal. Auch hier verbindet sich Altes mit Neuem, umspannt die gesamte Breite eines Lebens und zielt über den Augenblick hinaus, indem sich hier der Endpunkt des Vergangenen und der Startpunkt des Zukünftigen zusammenfinden.
Genau so möchte ich mein Leben verstehen und das drückt sich in den "äußeren Räumen" aus, die ich bewohne.
"Man wird nie fertig!" - Auch das ist eine Regel des Lebens. Wenn wir uns dem Fluss hingeben, haben wir auch die Veränderungen zu akzeptieren. Mich zieht es aber nicht in die reißenden Bereiche des Flusses, sondern ich tümple gerne in stillen Buchten, wenn sich dies ergibt. So sehe ich auch keine Notwendigkeit, mein Leben allzusehr zu ändern - oder auch meine Wohnung. Ich bin froh, wenn alles paßt und läuft und ich meine Kraft und Energie in andere Dinge legen kann.
Ich hoffe, dass die physischen Anteile meines Lebens (Körper, Wohnung etc.) in ihrem derzeitigen Zustand bis zu meinem Lebensende standhalten und mir erhalten bleiben.
Kleine Reparaturen schließe ich ein, sorgsamer Umgang mit den Resourcen wird mich und mein Drumherum begleiten bis totalen 'Materialermüdung'....
Ich hoffe, dass ich in diesem Bereich noch lange nicht "fertig" bin!
Orlanda
Orlanda