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Orlanda
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FinCh: "... Rückzug und einfach gewähren lassen?
So weit bin ich mittlerweile. Auch wenn es sehr weh tut..."
Ich frage mich, weshalb diese Verletztheit?
Hat man ein Recht darauf, dass sich die Kranke von einem "trösten" und betüdeln lassen muss, nur dass man sich gut und hilfsbereit präsentieren kann?
Liebe FinCh, Du scheinst einfach alles zu verdrehen: Nicht Du bist die Kranke, sondern Deine Schwiegertochter!
Es geht nicht darum, dass Du Dich in Anbetracht der Erkrankung eines anderen Menschen gut fühlen mußt, sondern es geht nur um Deine Schwiegertochter.
Warum tut Dir der Rückzug weh? Es tut Dir doch niemand etwas!
Vielleicht stört es Dich aber, dass Deine Schwiegertochter nun im Fokus steht.
Du kannst Dich nicht neben sie stellen und Dich als gütige, hilfsbereite Schwiegermutter präsentieren. Du würdest Dich vielleicht gerne neben sie stellen und sagen: „Seht her, hier bin ICH und die Kranke hier neben mir ist meine Schwiegertochter. Ich tue alles für sie was ich kann und sie weiß das auch zu schätzen, was sie an MIR hat!“
Aber nein, die Schwiegertochter verweigert der Schwiegermutter die Position, sie will alleine da stehen und nur ihre Eltern dürfen sie begleiten.
Ich erlebte einmal ähnliches mit meiner Schwiegermutter, als meine Großmutter todkrank im Krankenhaus lag. Plötzlich drehte sich alles nur um sie.
Kurz nach einer schweren Operation wollte ich meine Großmutter besuchen. Sie hatte Magenkrebs. Meine Schwiegermutter bestand darauf, auch mitzukommen. Ich bat sie, diesen Besuch doch auf die folgenden Tage zu verschieben, da meine Großmutter doch noch sehr schwach und auch noch unter dem Einfluss der Narkose sein würde.
Nein, meine Schwiegermutter benahm sich wie ein kleines Mädchen, sie schrie und stampfte mit den Füßen auf. Sie wollte AUCH ins Krankenhaus fahren und meine Großmutter besuchen. Sie wollte auch dabei sein.
Mein Mann, ihr Sohn, mischte sich ein und sprach ein Machtwort. Sie hat mit uns tagelang geschmollt, weil sie nicht mitkommen durfte.
Sie hatte keinerlei Verständnis. Eine derartige Unsensibilität ist mir noch nie untergekommen! Nicht einmal bei den Kindern!
Das hatte nichts mit Hilfe, Tröstung oder sonstigen anerkennenswerten Bestrebungen zu tun, um einer Kranken beizustehen, sondern es ging einzig und allein nur um die Befindlichkedit meiner Schwiegermutter.
Sie konnte nicht verkraften, dass ein anderer Mensch im Mittelpunkt war und nicht sie. Man hatte ihr die „Show „gestohlen“ und so versuchte sie sich halt auf diese Weise in Szene zu setzen, indem sie zeigte, welch großartige Freundlichkeit sie einer Kranken gegenüber aufzubringen vermochte. Aber wir hinderten sie daran.
Ein Mensch, der so schwer krank ist, hat mit sich selbst genug zu tun. Es ist sehr befremdlich, wenn ein Angehöriger einen „Nebenschauplatz“ eröffnet und versucht, seine Befindlichkeiten in den Vordergrund zu rücken.
Orlanda