Ich beobachte seit zwei Jahren, wie ein fast aus dem Nichts hervorgekommenes Wesen versucht, sich in diese Welt einzufinden, sich darin zurechtzufinden. Es ist erstaunlich - als mich in jenem Juni 2008 die Augen dieses kleinen Wesens noch nicht erfassen konnten und doch mich ansahen... Ich spürte seine Wärme, sein kleines Herz klopfen, das es vor einem Jahr noch nicht gegeben hatte.
Und in der folgenden Zeit tastete er sich immer weiter vor und er lernt unglaublich schnell, alles was auf ihn einströmt wird erfaßt, Worte und deren Sinn... er verbessert sich ständig selbst, die Grammatik, ohne deren Regeln zu verstehen... Sein Körper streckt sich, aus dem Baby wurde ein kleiner Junge - er klettert, springt, windet sich, rennt, seine Geschicklichkeit wächst von Stunde zu Stunde...
Ja, er ist - oder er versucht auch sich durchzusetzen - und ist damit auch manchmal schon ein kleiner Tyrann. Er beherrscht auch vorzüglich die Schaffung von Chaos. Er erinnert mich an einen kleinen Wirbelwind, der als kleine Luftbewegung beginnt und dann mit zerstörerischer Kraft über alles hinwegfegt. Eine Bewegung mit der Hand und er wirbel alles vom Tisch, dazu jubelt und jauchzt er, gerät in Übermut und scheinbar mutwillig wirft er Dinge zu Boden.
Der besonnene Erwachsene ist entsetzt und versucht den kleinen Wirbelwind zu bremsen, doch der fegt weiter durch den Raum, jubelnd und lachend.
Ich beneide den Kleinen um diese Urkraft, diesen totalen Ausdruck der Lebensfreude, die auch Zerstörung in Kauf nimmt. Birgt so ein Kind noch etwas vom Urknall in sich? Ist das nicht das Leben selbst, das sich jubelnd schafft und gleich darauf wieder zerstört - die Natur zeigt es uns immer wieder...
Ich meine, Kinder führen uns, wenn wir es zulassen, an unseren eigenen Urgrund. Wo ist das in mir, das einst so war wie der kleine Wirbelwind? Wieviel Schutt hat sich im Laufe der Jahre darübergelegt..?
Nora