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Orlanda
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Bei der Erforschung meines neuen Heimatortes führt mich der Weg aus der Stadt heraus. Ich sehe den mit Buchen und anderem Laubgehölz bewachsenen Hang und ich biege in einen schmalen Weg ein. Es riecht nach Frühling und die obere Kante des Berghangs lacht mich an. Sie lockt und in meinem Kopf gaukeln duftende Felder und Wiesen herum, die in der Sonne liegen,
Später komme ich auf eine kleine Seitenstraße und die führt mich dann tatsächlich in die Höhe und vor mir liegt eine Wiese. Am oberen Ende eine Busch- und Baumreihe. Das, was ich von unten sah habe ich nun vor mir. Ich stelle mein Fahrrad an einen Baum und laufe über die Wiese.
Als ich wieder zum Fahrrad zurückkomme, liegt vor mir am Weg ein kleines Herz aus Quarz. Welch ein Zeichen! Ich will es nicht als Liebesorakel interpretieren, sondern als Gruss dieser Landschaft an mich, die mich so willkommen heißt.
Die Belohnung für den mühevollen Aufstieg ist nun eine rasante Fahrt ins Tal. Die Anstrengung ist vergessen und ich fahre nun zum Fluss. Er ist an dieser Stelle zu einem großen See aufgestaut, an dem sich viele Wasservögel tummeln. Ich bleibe oft stehen, um die Bilder einzufangen. Das Wasser schimmert im Licht der untergehenden Sonne, es ist die Stunde der weichen Farben...
Dann bleibe ich stehen, um eine Skizze anzufertigen. Das andere Ufer erscheint violett und die Weiden wirken im gebrochenen Licht als ob sie schon Grün tragen würden. Welch eine Stimmung!
Plötzlich lautes Geplätscher vom Wasser: Ein Schwan verfolgt einen anderen und stürzt sich auf ihn, taucht ihn unter, nur der Kopf schaut heraus.
Was es zu sehen gibt, ist eine Schwanen-Hochzeit. Sie schlingen die Hälse umeinander, vielleicht um sich zu liebkosten... Sie befreit sich, schwimmt ein Stück, dann prescht er wieder auf sie los. Viermal 'taucht' er sie unter. Dabei stoßen sie kleine Laute aus wie "gei - gei".
Welch eine Energie zeichnet diesen Akt aus! Man spürt, dass sich hier die Schöpfungsgeschichte wiederholt. Es berühren sich Zeit und Ewigkeit.
Interessiert nähert sich ein dritter Schwan, geht in Imponierposition.
Die Schwanin befreit sich und schwimmt weg. Die beiden Schwanenmänner zeigen ihre Brust und schlagen mit den Flügeln. Dann starten sie los. Weit hinten, an der Insel sehe ich, wie ein Schwan das Weite sucht, verfolgt von dem zweiten.
Ich sehe aber nicht, welcher der beiden Schwanenmänner das Weite suchen mußte. War es der 'legitime' Partner oder etwa ein Hausfreund?
Darüber kann sich nun jeder der möchte den Kopf zerbrechen...
Die Schwanin ist bis zu mir her ans Ufer geschwommen und beginnt nun sich zu putzen. Sie taucht ein, zupft ihr Gefieder, ihren Rücken, so als würde sie die Berührung abstreifen wollen. Wedelt mit dem Hinterteil ausgiebig und taucht kopfüber wieder ins Wasser.
Jetzt wird es Zeit für mich heimzuradeln und ich freue mich auf einen kräftigen Kakao..
Orlanda