Beiträge zum Thema: Gedichte

 
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signorina schrieb:
Habe, angeregt durch einen Namen aus dem Forum, ein schönes Gedicht (Ballade) entdeckt. Es ist zu lang, um es hier ganz wiederzugeben. Wer will, kann es ja im Internet nachlesn.

LG

Signorina

---------------------------------------------------------

Der Leuchtturmwärter von „Le Four“
Gedicht von Eleonore Görges

Eine Ballade.

Er war nicht mehr jung, der Leuchtturmwärter von „Le Four“,
Jean-Pierre hieß er, stand kurz vor‘m Ablauf seiner Erdenuhr,
hätt er’s gewusst, hätt’s Freudentränen ihm entlockt,
Herz und Seele hätten im gemeinsamen Taumel frohlockt.
Seit Marie verstorben, seine Frau, die alles ihm war,
fehlte ihre Liebe, mit seinem Leben kam er nicht mehr klar,
in seinem leeren Haus am Strand konnt‘ er nicht mehr sein,
auf dem Festland, ohne Marie, fühlt‘ er sich einsam und allein,
lieber war er auf seinem Leuchtturm, „Le Four“ genannt,
zwei Seemeilen vor der Küste, im Atlantik, vor bretonischem Land.
Auf dieser kleinen Granitinsel fühlte er sich unendlich frei,
stets war ihm, als sei seine geliebte Marie ganz nahe ihm bei,
im Lebenslauf der Gezeiten, in des Meeres speiender Kraft,
war sie bei ihm, um ihn, in ihm, wenn auch nur feenhaft,
oft hörte er ihre Stimme in den Wellen, im lauten Rauschen,
zart klang sie hindurch, stundenlang konnte er ihr lauschen.
Wenn seinen Namen sie rief und flüsterte, dass sie ihn liebe,
dann wünschte er von Herzen sich, dass die Zeit stehen bliebe,
in manchen Bildern, die wild schäumende Gischt ihm gebar,
sah er Maries’ wunderschönes Antlitz, sie lächelte fürwahr,
auch des Nachts, am himmlischen Firmament sah er sie,
zwischen all des Himmels Sternen war sie schön wie noch nie.
Selbst ihre Wärme spürte er, es war die Sonne, die sie ihm schenkte,
Marie sang ihre Lieder ihm, bis eine stürmische Welle sie versenkte,
oft war er allein hier, jedoch war niemals er einsam,
nur hier noch lebte er Tage und Nächte mit seiner Frau gemeinsam.
Wenn er schlaflos im Bett lag und aus des Leuchtturms Fenster sah,
durch diese kleinen Scheiben, auch dann war sie ihm ganz nah,
manch Traumes Gnade gar legte Marie in seine wartenden Arme,
er roch ihren Duft, fühlte ihr Haar, spürte seine Frau, die Warme.
Dann fühlte er stark sich, war glücklich und trotzte dem Leben,
wie „Le Four“, sein Leuchtturm, in seinem Himmelhochstreben,
an dem oft die größten Wellen sich brechen, ihn ganz verdecken,
er trotzt beständig, lässt Wellenzungen wund sich an ihm lecken.
Im vorletzten Jahrhundert aus bretonischem Steine gebaut,
vor Gefahren die Schiffe warnt, weit übers Meer hinaus schaut,
den sicheren Heimweg blitzt beständig er jedem Fischer,
ein tiefer Ton seines Horns durchdringt die Nebelwand sicher.
So schenkt „Le Four“ auch Jean-Pierre ab und zu Stunden,
die beinahe er glücklich, trotz seiner tiefen Herzenswunden,
drum weilt er hier, mag aufs Festland längst nicht mehr gehen,
hier nur kann seine Marie er hören, kann sie fühlen und sehen.

Und so geschah es in einer stürmischen Nacht,
Jean-Pierre und sein Leuchtturm hielten eisern die Wacht,
das Meer tobte wild, hoch trieb der Sturm dessen Wellen,
schlug sie gegen „Le Four“, dass es klang wie donnern und bellen.
Ein alter Fensterladen, der noch nicht ward verschlossen,
schlug immer wieder auf und zu, brüllte in die Nacht unverdrossen,
laut schrie das Meer nach ihm, Jean-Pierre hörte es nicht,
schlug immer wieder gegen die Eingangstür, löschte aus das Licht.
Es kratzte an „Le Four“, wollte Steine und Leben ihm rauben,
die Wellen überschlugen sich, ließen ächzen seine alten Schrauben,
die Gischt spie beständig weiße Schaumkronen in sein Licht,
der Leuchtturm jedoch lachte mitten in des Teufels Gesicht.
„Mich holst du nicht, bin stärker und warne weiter vor dir,
all die kleinen Fischer, die großen Schiffe weit unter mir,
du kannst bäumen dich, kannst schreien, speien und toben,
all meine Kraft und Stärke sind lang schon sagenumwoben.“

Wer in dieser Nacht „Le Four“ hat gesehen,
der weiß, dass er verhindern wollte, was dann ist geschehen,
tief in die Hüften stemmte er seine Arme, stand breit und schwer,
wollte schützen Jean-Pierre, der jedoch spürt‘ ihn nicht mehr,
denn es rief Marie mit leiser Stimme ihn beim Namen.
Durch die Wellen, die er sah, die schreiend und speiend herankamen,
sah er ihr geliebtes Antlitz, das stets näher ihm kam,
dass sein Herz, seine Seele erneut gefangen nahm.
„Oh komm, mein Geliebter, lang schon wart‘ ich auf dich,
diese wilde Nacht ward geboren nur für dich und mich,
leg‘ dich behutsam in die weichen Arme der Wellen,
die verzweifelt dich suchen, ständig sich zu dir gesellen,
ich warte auf dich in der Endlosigkeit aller Gezeiten,
komm zu mir, du musst nur die hohen Wellen begleiten.“

Das Herz von Jean-Pierre fing wild an zu pochen,
vergessen ganz schnell hundert einsame Wochen,
„zum Leuchtfeuer muss ich, ganz oben hinauf“,
einhundert achtundzwanzig Stufen im schnellen Lauf.
Die schwere Tür nach außen, er schaffte sie kaum,
denn Wellen schlugen dagegen, er jedoch war im Traum,
wollt‘ zu seiner Frau, wollt‘ mit ihr wieder leben,
nahm alle Kraft, die der Herrgott ihm je hat gegeben,

.............................................
Samstag-Abend

Wozu würden wir denn leben,
Wenn nach dem verdammten Streben
Nicht der Samstag Abend wär'
Mit dem Sonntag hinterher?

Fehlt' es uns an diesem Ziele,
Möcht' ich wirklich sehn, wie viele
Noch bereit beim Hahnenschrei
Wären zu der Rackerei!

So hingegen läßt sich's tragen –
Tröstet's doch, schon nach sechs Tagen
Arbeitsamer Höllenpein
Immer wieder faul zu sein!

Mit dem Batzen in der Tasche
Hockt man dann bei Krug und Flasche,
Hört als kunstgeneigter Mann
Einen Widihupfauf an;

Spricht nicht mehr, als zur Verdauung
Nötig ist und Auferbauung –
Regt sich 'mal die Phantasie,
Kneift sein Schätzgen man ins Knie.

Ja, 's ist alles richtig wieder,
Sinkt die Samstagssonne nieder!
Schmunzelnd geht im Publikum
Dann sein lieber Gott herum.



(Hanns Freiherr von Gumppenberg (1866 - 1928), deutscher Dichter, früh schon wegen »fahrlässiger Majestätsbeleidigung« zu zwei Monaten Festungshaft verurteilt, ließ er sich nicht abschrecken, 1901 bei der Gründung des Münchner Kabaretts »Die Elf Scharfrichter« mitzuwirken)
 
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Der Leuchtturmwärter von „Le Four“
Gedicht von Eleonore Görges

Eine Ballade.

Er war nicht mehr jung, der Leuchtturmwärter von „Le Four“,
Jean-Pierre hieß er, stand kurz vor‘m Ablauf seiner Erdenuhr,
hätt er’s gewusst, hätt’s Freudentränen ihm entlockt,
Herz und Seele hätten im gemeinsamen Taumel frohlockt.
Seit Marie verstorben, seine Frau, die alles ihm war,
fehlte ihre Liebe, mit seinem Leben kam er nicht mehr klar,
in seinem leeren Haus am Strand konnt‘ er nicht mehr sein,
auf dem Festland, ohne Marie, fühlt‘ er sich einsam und allein,
lieber war er auf seinem Leuchtturm, „Le Four“ genannt,
zwei Seemeilen vor der Küste, im Atlantik, vor bretonischem Land.
Auf dieser kleinen Granitinsel fühlte er sich unendlich frei,
stets war ihm, als sei seine geliebte Marie ganz nahe ihm bei,
im Lebenslauf der Gezeiten, in des Meeres speiender Kraft,
war sie bei ihm, um ihn, in ihm, wenn auch nur feenhaft,
oft hörte er ihre Stimme in den Wellen, im lauten Rauschen,
zart klang sie hindurch, stundenlang konnte er ihr lauschen.
Wenn seinen Namen sie rief und flüsterte, dass sie ihn liebe,
dann wünschte er von Herzen sich, dass die Zeit stehen bliebe,
in manchen Bildern, die wild schäumende Gischt ihm gebar,
sah er Maries’ wunderschönes Antlitz, sie lächelte fürwahr,
auch des Nachts, am himmlischen Firmament sah er sie,
zwischen all des Himmels Sternen war sie schön wie noch nie.
Selbst ihre Wärme spürte er, es war die Sonne, die sie ihm schenkte,
Marie sang ihre Lieder ihm, bis eine stürmische Welle sie versenkte,
oft war er allein hier, jedoch war niemals er einsam,
nur hier noch lebte er Tage und Nächte mit seiner Frau gemeinsam.
Wenn er schlaflos im Bett lag und aus des Leuchtturms Fenster sah,
durch diese kleinen Scheiben, auch dann war sie ihm ganz nah,
manch Traumes Gnade gar legte Marie in seine wartenden Arme,
er roch ihren Duft, fühlte ihr Haar, spürte seine Frau, die Warme.
Dann fühlte er stark sich, war glücklich und trotzte dem Leben,
wie „Le Four“, sein Leuchtturm, in seinem Himmelhochstreben,
an dem oft die größten Wellen sich brechen, ihn ganz verdecken,
er trotzt beständig, lässt Wellenzungen wund sich an ihm lecken.
Im vorletzten Jahrhundert aus bretonischem Steine gebaut,
vor Gefahren die Schiffe warnt, weit übers Meer hinaus schaut,
den sicheren Heimweg blitzt beständig er jedem Fischer,
ein tiefer Ton seines Horns durchdringt die Nebelwand sicher.
So schenkt „Le Four“ auch Jean-Pierre ab und zu Stunden,
die beinahe er glücklich, trotz seiner tiefen Herzenswunden,
drum weilt er hier, mag aufs Festland längst nicht mehr gehen,
hier nur kann seine Marie er hören, kann sie fühlen und sehen.

Und so geschah es in einer stürmischen Nacht,
Jean-Pierre und sein Leuchtturm hielten eisern die Wacht,
das Meer tobte wild, hoch trieb der Sturm dessen Wellen,
schlug sie gegen „Le Four“, dass es klang wie donnern und bellen.
Ein alter Fensterladen, der noch nicht ward verschlossen,
schlug immer wieder auf und zu, brüllte in die Nacht unverdrossen,
laut schrie das Meer nach ihm, Jean-Pierre hörte es nicht,
schlug immer wieder gegen die Eingangstür, löschte aus das Licht.
Es kratzte an „Le Four“, wollte Steine und Leben ihm rauben,
die Wellen überschlugen sich, ließen ächzen seine alten Schrauben,
die Gischt spie beständig weiße Schaumkronen in sein Licht,
der Leuchtturm jedoch lachte mitten in des Teufels Gesicht.
„Mich holst du nicht, bin stärker und warne weiter vor dir,
all die kleinen Fischer, die großen Schiffe weit unter mir,
du kannst bäumen dich, kannst schreien, speien und toben,
all meine Kraft und Stärke sind lang schon sagenumwoben.“

Wer in dieser Nacht „Le Four“ hat gesehen,
der weiß, dass er verhindern wollte, was dann ist geschehen,
tief in die Hüften stemmte er seine Arme, stand breit und schwer,
wollte schützen Jean-Pierre, der jedoch spürt‘ ihn nicht mehr,
denn es rief Marie mit leiser Stimme ihn beim Namen.
Durch die Wellen, die er sah, die schreiend und speiend herankamen,
sah er ihr geliebtes Antlitz, das stets näher ihm kam,
dass sein Herz, seine Seele erneut gefangen nahm.
„Oh komm, mein Geliebter, lang schon wart‘ ich auf dich,
diese wilde Nacht ward geboren nur für dich und mich,
leg‘ dich behutsam in die weichen Arme der Wellen,
die verzweifelt dich suchen, ständig sich zu dir gesellen,
ich warte auf dich in der Endlosigkeit aller Gezeiten,
komm zu mir, du musst nur die hohen Wellen begleiten.“

Das Herz von Jean-Pierre fing wild an zu pochen,
vergessen ganz schnell hundert einsame Wochen,
„zum Leuchtfeuer muss ich, ganz oben hinauf“,
einhundert achtundzwanzig Stufen im schnellen Lauf.
Die schwere Tür nach außen, er schaffte sie kaum,
denn Wellen schlugen dagegen, er jedoch war im Traum,
wollt‘ zu seiner Frau, wollt‘ mit ihr wieder leben,
nahm alle Kraft, die der Herrgott ihm je hat gegeben,

.............................................
Zwischen Welt und Einsamkeit
ist das rechte Leben.
Nicht zu nah und nicht zu weit
will ich mich begeben.

In der Straßen lautem Drang
Find' ich mich zu blöde;
Aber einen Schauer, bang,
Fühl' ich in der Öde.



(Friedrich Rückert, 1788 - 1866)
 
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LG

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Der Leuchtturmwärter von „Le Four“
Gedicht von Eleonore Görges

Eine Ballade.

Er war nicht mehr jung, der Leuchtturmwärter von „Le Four“,
Jean-Pierre hieß er, stand kurz vor‘m Ablauf seiner Erdenuhr,
hätt er’s gewusst, hätt’s Freudentränen ihm entlockt,
Herz und Seele hätten im gemeinsamen Taumel frohlockt.
Seit Marie verstorben, seine Frau, die alles ihm war,
fehlte ihre Liebe, mit seinem Leben kam er nicht mehr klar,
in seinem leeren Haus am Strand konnt‘ er nicht mehr sein,
auf dem Festland, ohne Marie, fühlt‘ er sich einsam und allein,
lieber war er auf seinem Leuchtturm, „Le Four“ genannt,
zwei Seemeilen vor der Küste, im Atlantik, vor bretonischem Land.
Auf dieser kleinen Granitinsel fühlte er sich unendlich frei,
stets war ihm, als sei seine geliebte Marie ganz nahe ihm bei,
im Lebenslauf der Gezeiten, in des Meeres speiender Kraft,
war sie bei ihm, um ihn, in ihm, wenn auch nur feenhaft,
oft hörte er ihre Stimme in den Wellen, im lauten Rauschen,
zart klang sie hindurch, stundenlang konnte er ihr lauschen.
Wenn seinen Namen sie rief und flüsterte, dass sie ihn liebe,
dann wünschte er von Herzen sich, dass die Zeit stehen bliebe,
in manchen Bildern, die wild schäumende Gischt ihm gebar,
sah er Maries’ wunderschönes Antlitz, sie lächelte fürwahr,
auch des Nachts, am himmlischen Firmament sah er sie,
zwischen all des Himmels Sternen war sie schön wie noch nie.
Selbst ihre Wärme spürte er, es war die Sonne, die sie ihm schenkte,
Marie sang ihre Lieder ihm, bis eine stürmische Welle sie versenkte,
oft war er allein hier, jedoch war niemals er einsam,
nur hier noch lebte er Tage und Nächte mit seiner Frau gemeinsam.
Wenn er schlaflos im Bett lag und aus des Leuchtturms Fenster sah,
durch diese kleinen Scheiben, auch dann war sie ihm ganz nah,
manch Traumes Gnade gar legte Marie in seine wartenden Arme,
er roch ihren Duft, fühlte ihr Haar, spürte seine Frau, die Warme.
Dann fühlte er stark sich, war glücklich und trotzte dem Leben,
wie „Le Four“, sein Leuchtturm, in seinem Himmelhochstreben,
an dem oft die größten Wellen sich brechen, ihn ganz verdecken,
er trotzt beständig, lässt Wellenzungen wund sich an ihm lecken.
Im vorletzten Jahrhundert aus bretonischem Steine gebaut,
vor Gefahren die Schiffe warnt, weit übers Meer hinaus schaut,
den sicheren Heimweg blitzt beständig er jedem Fischer,
ein tiefer Ton seines Horns durchdringt die Nebelwand sicher.
So schenkt „Le Four“ auch Jean-Pierre ab und zu Stunden,
die beinahe er glücklich, trotz seiner tiefen Herzenswunden,
drum weilt er hier, mag aufs Festland längst nicht mehr gehen,
hier nur kann seine Marie er hören, kann sie fühlen und sehen.

Und so geschah es in einer stürmischen Nacht,
Jean-Pierre und sein Leuchtturm hielten eisern die Wacht,
das Meer tobte wild, hoch trieb der Sturm dessen Wellen,
schlug sie gegen „Le Four“, dass es klang wie donnern und bellen.
Ein alter Fensterladen, der noch nicht ward verschlossen,
schlug immer wieder auf und zu, brüllte in die Nacht unverdrossen,
laut schrie das Meer nach ihm, Jean-Pierre hörte es nicht,
schlug immer wieder gegen die Eingangstür, löschte aus das Licht.
Es kratzte an „Le Four“, wollte Steine und Leben ihm rauben,
die Wellen überschlugen sich, ließen ächzen seine alten Schrauben,
die Gischt spie beständig weiße Schaumkronen in sein Licht,
der Leuchtturm jedoch lachte mitten in des Teufels Gesicht.
„Mich holst du nicht, bin stärker und warne weiter vor dir,
all die kleinen Fischer, die großen Schiffe weit unter mir,
du kannst bäumen dich, kannst schreien, speien und toben,
all meine Kraft und Stärke sind lang schon sagenumwoben.“

Wer in dieser Nacht „Le Four“ hat gesehen,
der weiß, dass er verhindern wollte, was dann ist geschehen,
tief in die Hüften stemmte er seine Arme, stand breit und schwer,
wollte schützen Jean-Pierre, der jedoch spürt‘ ihn nicht mehr,
denn es rief Marie mit leiser Stimme ihn beim Namen.
Durch die Wellen, die er sah, die schreiend und speiend herankamen,
sah er ihr geliebtes Antlitz, das stets näher ihm kam,
dass sein Herz, seine Seele erneut gefangen nahm.
„Oh komm, mein Geliebter, lang schon wart‘ ich auf dich,
diese wilde Nacht ward geboren nur für dich und mich,
leg‘ dich behutsam in die weichen Arme der Wellen,
die verzweifelt dich suchen, ständig sich zu dir gesellen,
ich warte auf dich in der Endlosigkeit aller Gezeiten,
komm zu mir, du musst nur die hohen Wellen begleiten.“

Das Herz von Jean-Pierre fing wild an zu pochen,
vergessen ganz schnell hundert einsame Wochen,
„zum Leuchtfeuer muss ich, ganz oben hinauf“,
einhundert achtundzwanzig Stufen im schnellen Lauf.
Die schwere Tür nach außen, er schaffte sie kaum,
denn Wellen schlugen dagegen, er jedoch war im Traum,
wollt‘ zu seiner Frau, wollt‘ mit ihr wieder leben,
nahm alle Kraft, die der Herrgott ihm je hat gegeben,

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Einsamkeit

Die Einsamkeit ist wie ein Regen.
Sie steigt vom Meer den Abenden entgegen:
von Ebenen, die fern sind und entlegen,
geht sie zum Himmel, der sie immer hat.
Und erst vom Himmel fällt sie auf die Stadt.

Regnet hernieder in den Zwitterstunden,
wenn sich nach Morgen wenden alle Gassen
und wenn die Leiber, welche nichts gefunden,
enttäuscht und traurig von einander lassen;
und wenn die Menschen, die einander hassen,
in einem Bett zusammen schlafen müssen:

dann geht die Einsamkeit mit den Flüssen ...



(Rainer Maria Rilke)
 
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SoundofPan
SoundofPan
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LG

Signorina

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Der Leuchtturmwärter von „Le Four“
Gedicht von Eleonore Görges

Eine Ballade.

Er war nicht mehr jung, der Leuchtturmwärter von „Le Four“,
Jean-Pierre hieß er, stand kurz vor‘m Ablauf seiner Erdenuhr,
hätt er’s gewusst, hätt’s Freudentränen ihm entlockt,
Herz und Seele hätten im gemeinsamen Taumel frohlockt.
Seit Marie verstorben, seine Frau, die alles ihm war,
fehlte ihre Liebe, mit seinem Leben kam er nicht mehr klar,
in seinem leeren Haus am Strand konnt‘ er nicht mehr sein,
auf dem Festland, ohne Marie, fühlt‘ er sich einsam und allein,
lieber war er auf seinem Leuchtturm, „Le Four“ genannt,
zwei Seemeilen vor der Küste, im Atlantik, vor bretonischem Land.
Auf dieser kleinen Granitinsel fühlte er sich unendlich frei,
stets war ihm, als sei seine geliebte Marie ganz nahe ihm bei,
im Lebenslauf der Gezeiten, in des Meeres speiender Kraft,
war sie bei ihm, um ihn, in ihm, wenn auch nur feenhaft,
oft hörte er ihre Stimme in den Wellen, im lauten Rauschen,
zart klang sie hindurch, stundenlang konnte er ihr lauschen.
Wenn seinen Namen sie rief und flüsterte, dass sie ihn liebe,
dann wünschte er von Herzen sich, dass die Zeit stehen bliebe,
in manchen Bildern, die wild schäumende Gischt ihm gebar,
sah er Maries’ wunderschönes Antlitz, sie lächelte fürwahr,
auch des Nachts, am himmlischen Firmament sah er sie,
zwischen all des Himmels Sternen war sie schön wie noch nie.
Selbst ihre Wärme spürte er, es war die Sonne, die sie ihm schenkte,
Marie sang ihre Lieder ihm, bis eine stürmische Welle sie versenkte,
oft war er allein hier, jedoch war niemals er einsam,
nur hier noch lebte er Tage und Nächte mit seiner Frau gemeinsam.
Wenn er schlaflos im Bett lag und aus des Leuchtturms Fenster sah,
durch diese kleinen Scheiben, auch dann war sie ihm ganz nah,
manch Traumes Gnade gar legte Marie in seine wartenden Arme,
er roch ihren Duft, fühlte ihr Haar, spürte seine Frau, die Warme.
Dann fühlte er stark sich, war glücklich und trotzte dem Leben,
wie „Le Four“, sein Leuchtturm, in seinem Himmelhochstreben,
an dem oft die größten Wellen sich brechen, ihn ganz verdecken,
er trotzt beständig, lässt Wellenzungen wund sich an ihm lecken.
Im vorletzten Jahrhundert aus bretonischem Steine gebaut,
vor Gefahren die Schiffe warnt, weit übers Meer hinaus schaut,
den sicheren Heimweg blitzt beständig er jedem Fischer,
ein tiefer Ton seines Horns durchdringt die Nebelwand sicher.
So schenkt „Le Four“ auch Jean-Pierre ab und zu Stunden,
die beinahe er glücklich, trotz seiner tiefen Herzenswunden,
drum weilt er hier, mag aufs Festland längst nicht mehr gehen,
hier nur kann seine Marie er hören, kann sie fühlen und sehen.

Und so geschah es in einer stürmischen Nacht,
Jean-Pierre und sein Leuchtturm hielten eisern die Wacht,
das Meer tobte wild, hoch trieb der Sturm dessen Wellen,
schlug sie gegen „Le Four“, dass es klang wie donnern und bellen.
Ein alter Fensterladen, der noch nicht ward verschlossen,
schlug immer wieder auf und zu, brüllte in die Nacht unverdrossen,
laut schrie das Meer nach ihm, Jean-Pierre hörte es nicht,
schlug immer wieder gegen die Eingangstür, löschte aus das Licht.
Es kratzte an „Le Four“, wollte Steine und Leben ihm rauben,
die Wellen überschlugen sich, ließen ächzen seine alten Schrauben,
die Gischt spie beständig weiße Schaumkronen in sein Licht,
der Leuchtturm jedoch lachte mitten in des Teufels Gesicht.
„Mich holst du nicht, bin stärker und warne weiter vor dir,
all die kleinen Fischer, die großen Schiffe weit unter mir,
du kannst bäumen dich, kannst schreien, speien und toben,
all meine Kraft und Stärke sind lang schon sagenumwoben.“

Wer in dieser Nacht „Le Four“ hat gesehen,
der weiß, dass er verhindern wollte, was dann ist geschehen,
tief in die Hüften stemmte er seine Arme, stand breit und schwer,
wollte schützen Jean-Pierre, der jedoch spürt‘ ihn nicht mehr,
denn es rief Marie mit leiser Stimme ihn beim Namen.
Durch die Wellen, die er sah, die schreiend und speiend herankamen,
sah er ihr geliebtes Antlitz, das stets näher ihm kam,
dass sein Herz, seine Seele erneut gefangen nahm.
„Oh komm, mein Geliebter, lang schon wart‘ ich auf dich,
diese wilde Nacht ward geboren nur für dich und mich,
leg‘ dich behutsam in die weichen Arme der Wellen,
die verzweifelt dich suchen, ständig sich zu dir gesellen,
ich warte auf dich in der Endlosigkeit aller Gezeiten,
komm zu mir, du musst nur die hohen Wellen begleiten.“

Das Herz von Jean-Pierre fing wild an zu pochen,
vergessen ganz schnell hundert einsame Wochen,
„zum Leuchtfeuer muss ich, ganz oben hinauf“,
einhundert achtundzwanzig Stufen im schnellen Lauf.
Die schwere Tür nach außen, er schaffte sie kaum,
denn Wellen schlugen dagegen, er jedoch war im Traum,
wollt‘ zu seiner Frau, wollt‘ mit ihr wieder leben,
nahm alle Kraft, die der Herrgott ihm je hat gegeben,

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Mein Wunsch für dich

Viele Kerzen zünd ich heute für dich an
und rufe den Engel der Gesundheit heran.
Er soll meinen Wunsch ganz schnell zu dir tragen
und meine Worte dir leis in dein Ohr hinein sagen.

Ein Wunsch fürs Leben,von mir für dich
ist Gesundheit,Liebe und Zuversicht.
Du großer,kleiner,starker Mann,
dass gebrochen wird dieser böse Bann.

Das normale Leben soll für dich nun beginnen.
Deine Krankheit,dein Schmerz sollen zerrinnen.
Wie ein böser Traum lößt sich alles auf.
Dein Leben ohne Krankheit nimmt seinen Lauf.

Deine Zeit zwischen Leben,Krankheit und Tod,
die Ängste der Eltern in ihrer schwersten Not.
All das soll der Vergangenheit angehören
und dein junges Leben nie wieder stören.

Dieser Wunsch von mir soll dich heut noch erreichen.
Vielleicht läßt sich das Schicksal von meinem Wunsch erweichen
und nimmt all die Härte aus deinem jungen Leben.
Wird dir Gesundheit, Liebe und Zuversicht geben.


U.K.
 
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LG

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Der Leuchtturmwärter von „Le Four“
Gedicht von Eleonore Görges

Eine Ballade.

Er war nicht mehr jung, der Leuchtturmwärter von „Le Four“,
Jean-Pierre hieß er, stand kurz vor‘m Ablauf seiner Erdenuhr,
hätt er’s gewusst, hätt’s Freudentränen ihm entlockt,
Herz und Seele hätten im gemeinsamen Taumel frohlockt.
Seit Marie verstorben, seine Frau, die alles ihm war,
fehlte ihre Liebe, mit seinem Leben kam er nicht mehr klar,
in seinem leeren Haus am Strand konnt‘ er nicht mehr sein,
auf dem Festland, ohne Marie, fühlt‘ er sich einsam und allein,
lieber war er auf seinem Leuchtturm, „Le Four“ genannt,
zwei Seemeilen vor der Küste, im Atlantik, vor bretonischem Land.
Auf dieser kleinen Granitinsel fühlte er sich unendlich frei,
stets war ihm, als sei seine geliebte Marie ganz nahe ihm bei,
im Lebenslauf der Gezeiten, in des Meeres speiender Kraft,
war sie bei ihm, um ihn, in ihm, wenn auch nur feenhaft,
oft hörte er ihre Stimme in den Wellen, im lauten Rauschen,
zart klang sie hindurch, stundenlang konnte er ihr lauschen.
Wenn seinen Namen sie rief und flüsterte, dass sie ihn liebe,
dann wünschte er von Herzen sich, dass die Zeit stehen bliebe,
in manchen Bildern, die wild schäumende Gischt ihm gebar,
sah er Maries’ wunderschönes Antlitz, sie lächelte fürwahr,
auch des Nachts, am himmlischen Firmament sah er sie,
zwischen all des Himmels Sternen war sie schön wie noch nie.
Selbst ihre Wärme spürte er, es war die Sonne, die sie ihm schenkte,
Marie sang ihre Lieder ihm, bis eine stürmische Welle sie versenkte,
oft war er allein hier, jedoch war niemals er einsam,
nur hier noch lebte er Tage und Nächte mit seiner Frau gemeinsam.
Wenn er schlaflos im Bett lag und aus des Leuchtturms Fenster sah,
durch diese kleinen Scheiben, auch dann war sie ihm ganz nah,
manch Traumes Gnade gar legte Marie in seine wartenden Arme,
er roch ihren Duft, fühlte ihr Haar, spürte seine Frau, die Warme.
Dann fühlte er stark sich, war glücklich und trotzte dem Leben,
wie „Le Four“, sein Leuchtturm, in seinem Himmelhochstreben,
an dem oft die größten Wellen sich brechen, ihn ganz verdecken,
er trotzt beständig, lässt Wellenzungen wund sich an ihm lecken.
Im vorletzten Jahrhundert aus bretonischem Steine gebaut,
vor Gefahren die Schiffe warnt, weit übers Meer hinaus schaut,
den sicheren Heimweg blitzt beständig er jedem Fischer,
ein tiefer Ton seines Horns durchdringt die Nebelwand sicher.
So schenkt „Le Four“ auch Jean-Pierre ab und zu Stunden,
die beinahe er glücklich, trotz seiner tiefen Herzenswunden,
drum weilt er hier, mag aufs Festland längst nicht mehr gehen,
hier nur kann seine Marie er hören, kann sie fühlen und sehen.

Und so geschah es in einer stürmischen Nacht,
Jean-Pierre und sein Leuchtturm hielten eisern die Wacht,
das Meer tobte wild, hoch trieb der Sturm dessen Wellen,
schlug sie gegen „Le Four“, dass es klang wie donnern und bellen.
Ein alter Fensterladen, der noch nicht ward verschlossen,
schlug immer wieder auf und zu, brüllte in die Nacht unverdrossen,
laut schrie das Meer nach ihm, Jean-Pierre hörte es nicht,
schlug immer wieder gegen die Eingangstür, löschte aus das Licht.
Es kratzte an „Le Four“, wollte Steine und Leben ihm rauben,
die Wellen überschlugen sich, ließen ächzen seine alten Schrauben,
die Gischt spie beständig weiße Schaumkronen in sein Licht,
der Leuchtturm jedoch lachte mitten in des Teufels Gesicht.
„Mich holst du nicht, bin stärker und warne weiter vor dir,
all die kleinen Fischer, die großen Schiffe weit unter mir,
du kannst bäumen dich, kannst schreien, speien und toben,
all meine Kraft und Stärke sind lang schon sagenumwoben.“

Wer in dieser Nacht „Le Four“ hat gesehen,
der weiß, dass er verhindern wollte, was dann ist geschehen,
tief in die Hüften stemmte er seine Arme, stand breit und schwer,
wollte schützen Jean-Pierre, der jedoch spürt‘ ihn nicht mehr,
denn es rief Marie mit leiser Stimme ihn beim Namen.
Durch die Wellen, die er sah, die schreiend und speiend herankamen,
sah er ihr geliebtes Antlitz, das stets näher ihm kam,
dass sein Herz, seine Seele erneut gefangen nahm.
„Oh komm, mein Geliebter, lang schon wart‘ ich auf dich,
diese wilde Nacht ward geboren nur für dich und mich,
leg‘ dich behutsam in die weichen Arme der Wellen,
die verzweifelt dich suchen, ständig sich zu dir gesellen,
ich warte auf dich in der Endlosigkeit aller Gezeiten,
komm zu mir, du musst nur die hohen Wellen begleiten.“

Das Herz von Jean-Pierre fing wild an zu pochen,
vergessen ganz schnell hundert einsame Wochen,
„zum Leuchtfeuer muss ich, ganz oben hinauf“,
einhundert achtundzwanzig Stufen im schnellen Lauf.
Die schwere Tür nach außen, er schaffte sie kaum,
denn Wellen schlugen dagegen, er jedoch war im Traum,
wollt‘ zu seiner Frau, wollt‘ mit ihr wieder leben,
nahm alle Kraft, die der Herrgott ihm je hat gegeben,

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Beziehungsquelle

Die Quelle,
die zum Wunder
einer glücklichen Beziehung
führt,
entspringt dort,
wo zwei Menschen
das Glück des anderen
genauso am Herzen liegt
wie das eigene.


(Ernst Ferstl)
 
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signorina schrieb:
Habe, angeregt durch einen Namen aus dem Forum, ein schönes Gedicht (Ballade) entdeckt. Es ist zu lang, um es hier ganz wiederzugeben. Wer will, kann es ja im Internet nachlesn.

LG

Signorina

---------------------------------------------------------

Der Leuchtturmwärter von „Le Four“
Gedicht von Eleonore Görges

Eine Ballade.

Er war nicht mehr jung, der Leuchtturmwärter von „Le Four“,
Jean-Pierre hieß er, stand kurz vor‘m Ablauf seiner Erdenuhr,
hätt er’s gewusst, hätt’s Freudentränen ihm entlockt,
Herz und Seele hätten im gemeinsamen Taumel frohlockt.
Seit Marie verstorben, seine Frau, die alles ihm war,
fehlte ihre Liebe, mit seinem Leben kam er nicht mehr klar,
in seinem leeren Haus am Strand konnt‘ er nicht mehr sein,
auf dem Festland, ohne Marie, fühlt‘ er sich einsam und allein,
lieber war er auf seinem Leuchtturm, „Le Four“ genannt,
zwei Seemeilen vor der Küste, im Atlantik, vor bretonischem Land.
Auf dieser kleinen Granitinsel fühlte er sich unendlich frei,
stets war ihm, als sei seine geliebte Marie ganz nahe ihm bei,
im Lebenslauf der Gezeiten, in des Meeres speiender Kraft,
war sie bei ihm, um ihn, in ihm, wenn auch nur feenhaft,
oft hörte er ihre Stimme in den Wellen, im lauten Rauschen,
zart klang sie hindurch, stundenlang konnte er ihr lauschen.
Wenn seinen Namen sie rief und flüsterte, dass sie ihn liebe,
dann wünschte er von Herzen sich, dass die Zeit stehen bliebe,
in manchen Bildern, die wild schäumende Gischt ihm gebar,
sah er Maries’ wunderschönes Antlitz, sie lächelte fürwahr,
auch des Nachts, am himmlischen Firmament sah er sie,
zwischen all des Himmels Sternen war sie schön wie noch nie.
Selbst ihre Wärme spürte er, es war die Sonne, die sie ihm schenkte,
Marie sang ihre Lieder ihm, bis eine stürmische Welle sie versenkte,
oft war er allein hier, jedoch war niemals er einsam,
nur hier noch lebte er Tage und Nächte mit seiner Frau gemeinsam.
Wenn er schlaflos im Bett lag und aus des Leuchtturms Fenster sah,
durch diese kleinen Scheiben, auch dann war sie ihm ganz nah,
manch Traumes Gnade gar legte Marie in seine wartenden Arme,
er roch ihren Duft, fühlte ihr Haar, spürte seine Frau, die Warme.
Dann fühlte er stark sich, war glücklich und trotzte dem Leben,
wie „Le Four“, sein Leuchtturm, in seinem Himmelhochstreben,
an dem oft die größten Wellen sich brechen, ihn ganz verdecken,
er trotzt beständig, lässt Wellenzungen wund sich an ihm lecken.
Im vorletzten Jahrhundert aus bretonischem Steine gebaut,
vor Gefahren die Schiffe warnt, weit übers Meer hinaus schaut,
den sicheren Heimweg blitzt beständig er jedem Fischer,
ein tiefer Ton seines Horns durchdringt die Nebelwand sicher.
So schenkt „Le Four“ auch Jean-Pierre ab und zu Stunden,
die beinahe er glücklich, trotz seiner tiefen Herzenswunden,
drum weilt er hier, mag aufs Festland längst nicht mehr gehen,
hier nur kann seine Marie er hören, kann sie fühlen und sehen.

Und so geschah es in einer stürmischen Nacht,
Jean-Pierre und sein Leuchtturm hielten eisern die Wacht,
das Meer tobte wild, hoch trieb der Sturm dessen Wellen,
schlug sie gegen „Le Four“, dass es klang wie donnern und bellen.
Ein alter Fensterladen, der noch nicht ward verschlossen,
schlug immer wieder auf und zu, brüllte in die Nacht unverdrossen,
laut schrie das Meer nach ihm, Jean-Pierre hörte es nicht,
schlug immer wieder gegen die Eingangstür, löschte aus das Licht.
Es kratzte an „Le Four“, wollte Steine und Leben ihm rauben,
die Wellen überschlugen sich, ließen ächzen seine alten Schrauben,
die Gischt spie beständig weiße Schaumkronen in sein Licht,
der Leuchtturm jedoch lachte mitten in des Teufels Gesicht.
„Mich holst du nicht, bin stärker und warne weiter vor dir,
all die kleinen Fischer, die großen Schiffe weit unter mir,
du kannst bäumen dich, kannst schreien, speien und toben,
all meine Kraft und Stärke sind lang schon sagenumwoben.“

Wer in dieser Nacht „Le Four“ hat gesehen,
der weiß, dass er verhindern wollte, was dann ist geschehen,
tief in die Hüften stemmte er seine Arme, stand breit und schwer,
wollte schützen Jean-Pierre, der jedoch spürt‘ ihn nicht mehr,
denn es rief Marie mit leiser Stimme ihn beim Namen.
Durch die Wellen, die er sah, die schreiend und speiend herankamen,
sah er ihr geliebtes Antlitz, das stets näher ihm kam,
dass sein Herz, seine Seele erneut gefangen nahm.
„Oh komm, mein Geliebter, lang schon wart‘ ich auf dich,
diese wilde Nacht ward geboren nur für dich und mich,
leg‘ dich behutsam in die weichen Arme der Wellen,
die verzweifelt dich suchen, ständig sich zu dir gesellen,
ich warte auf dich in der Endlosigkeit aller Gezeiten,
komm zu mir, du musst nur die hohen Wellen begleiten.“

Das Herz von Jean-Pierre fing wild an zu pochen,
vergessen ganz schnell hundert einsame Wochen,
„zum Leuchtfeuer muss ich, ganz oben hinauf“,
einhundert achtundzwanzig Stufen im schnellen Lauf.
Die schwere Tür nach außen, er schaffte sie kaum,
denn Wellen schlugen dagegen, er jedoch war im Traum,
wollt‘ zu seiner Frau, wollt‘ mit ihr wieder leben,
nahm alle Kraft, die der Herrgott ihm je hat gegeben,

.............................................
Warte auf mich!

Ich muß nur noch
meine alten Gewohnheiten
aus dem Fenster werfen,
meine anhänglichen Zweifel
vor die Tür setzen,
eine ganze Menge kleiner Sorgen
unter den Teppich kehren
und meine Berührungsängste
im Ofen meiner Sehnsucht nach Nähe
verbrennen.

Warte,
ich muß nur noch
mit mir ins Reine kommen,
Platz schaffen für
liebenswürdige Begegnungen
und eine Beziehung,
die Raum läßt für
Entfaltungen und Entwicklungen
und offen ist
für jede Art von Zuwendung.

Warte!
Das Fest, das auf uns zukommt,
soll unvergeßlich werden.


(Ernst Ferstl)
 
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Ehemaliges Mitglied schrieb:
Spuren im Sand...
Eines Nachts hatte ich einen Traum.
Ich ging am Meer entlang mit meinem Herrn.
Vor dem dunklen Nachthimmel erstrahlten,
Streiflichtern gleich,
Bilder aus meinem Leben. Und jedesmal
sah ich zwei Fußspuren im Sand.
Meine eigenen und die meines Herrn.
Als das letzte Bid an meinen Augen
vorübergezogen war, blickte ich zurück.
Ich erschrak, als ich entdeckte,
dass an vielen Stellen meines Lebensweges
nur eine Spur zu sehen war.
Und das waren gerade die schwersten Zeiten
meines Lebens.
Besorgt fragte ich den Herrn:
" Herr, als ich anfing, dir nachzufolgen,
da hast du mir versprochen,
auf allen Wegen bei mir zu sein.
Aber jetzt entdecke ich,
dass in den schwersten Zeiten meines Lebens,
nur eine Spur im Sand zu sehen ist.
Warum hast du mich allein gelassen,
als ich dich am meisten brauchte?
Da antwortete er:
" Mein geliebtes Kind, ich liebe dich und
werde dich nie allein lassen,
erst recht nicht in Nöten und Schwierigkeiten.
Dort, wo du nur eine Spur gesehen hast,
da habe ich dich getragen!"
M. Fishback

Der stern der Hoffnung leuchtet
in der dunklen Nacht
Das Fünkchen Hoffnung
strahl wie ein heller Stern
und nähr im dunklen Herzen
das Licht, das nah
und doch so fern.
( Für meinen kleinen Enkelsohn auf der Intensivstation)

Ein kleiner Stern am Himmel scheint,
der traurig ist und leise weint.
Komm schenke ihm etwas Sonnenschein,
dann wird er wieder Glücklich sein.
 
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Ehemaliges Mitglied
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Ehemaliges Mitglied schrieb:
Über die Geduld


Man muss den Dingen
die eigene, stille
ungestörte Entwicklung lassen,
die tief von innen kommt
und durch nichts gedrängt
oder beschleunigt werden kann,
alles ist austragen – und
dann gebären…

Reifen wie der Baum,
der seine Säfte nicht drängt
und getrost in den Stürmen des Frühlings steht,
ohne Angst,
dass dahinter kein Sommer
kommen könnte.

Er kommt doch!

Aber er kommt nur zu den Geduldigen,
die da sind, als ob die Ewigkeit
vor ihnen läge,
so sorglos, still und weit…

Man muss Geduld haben

Mit dem Ungelösten im Herzen,
und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben,
wie verschlossene Stuben,
und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache
geschrieben sind.

Es handelt sich darum, alles zu leben.
Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich,
ohne es zu merken,
eines fremden Tages
in die Antworten hinein.


(Rainer Maria Rilke)
Spuren im Sand...
Eines Nachts hatte ich einen Traum.
Ich ging am Meer entlang mit meinem Herrn.
Vor dem dunklen Nachthimmel erstrahlten,
Streiflichtern gleich,
Bilder aus meinem Leben. Und jedesmal
sah ich zwei Fußspuren im Sand.
Meine eigenen und die meines Herrn.
Als das letzte Bid an meinen Augen
vorübergezogen war, blickte ich zurück.
Ich erschrak, als ich entdeckte,
dass an vielen Stellen meines Lebensweges
nur eine Spur zu sehen war.
Und das waren gerade die schwersten Zeiten
meines Lebens.
Besorgt fragte ich den Herrn:
" Herr, als ich anfing, dir nachzufolgen,
da hast du mir versprochen,
auf allen Wegen bei mir zu sein.
Aber jetzt entdecke ich,
dass in den schwersten Zeiten meines Lebens,
nur eine Spur im Sand zu sehen ist.
Warum hast du mich allein gelassen,
als ich dich am meisten brauchte?
Da antwortete er:
" Mein geliebtes Kind, ich liebe dich und
werde dich nie allein lassen,
erst recht nicht in Nöten und Schwierigkeiten.
Dort, wo du nur eine Spur gesehen hast,
da habe ich dich getragen!"
M. Fishback

Der stern der Hoffnung leuchtet
in der dunklen Nacht
Das Fünkchen Hoffnung
strahl wie ein heller Stern
und nähr im dunklen Herzen
das Licht, das nah
und doch so fern.
( Für meinen kleinen Enkelsohn auf der Intensivstation)

 
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signorina schrieb:
Habe, angeregt durch einen Namen aus dem Forum, ein schönes Gedicht (Ballade) entdeckt. Es ist zu lang, um es hier ganz wiederzugeben. Wer will, kann es ja im Internet nachlesn.

LG

Signorina

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Der Leuchtturmwärter von „Le Four“
Gedicht von Eleonore Görges

Eine Ballade.

Er war nicht mehr jung, der Leuchtturmwärter von „Le Four“,
Jean-Pierre hieß er, stand kurz vor‘m Ablauf seiner Erdenuhr,
hätt er’s gewusst, hätt’s Freudentränen ihm entlockt,
Herz und Seele hätten im gemeinsamen Taumel frohlockt.
Seit Marie verstorben, seine Frau, die alles ihm war,
fehlte ihre Liebe, mit seinem Leben kam er nicht mehr klar,
in seinem leeren Haus am Strand konnt‘ er nicht mehr sein,
auf dem Festland, ohne Marie, fühlt‘ er sich einsam und allein,
lieber war er auf seinem Leuchtturm, „Le Four“ genannt,
zwei Seemeilen vor der Küste, im Atlantik, vor bretonischem Land.
Auf dieser kleinen Granitinsel fühlte er sich unendlich frei,
stets war ihm, als sei seine geliebte Marie ganz nahe ihm bei,
im Lebenslauf der Gezeiten, in des Meeres speiender Kraft,
war sie bei ihm, um ihn, in ihm, wenn auch nur feenhaft,
oft hörte er ihre Stimme in den Wellen, im lauten Rauschen,
zart klang sie hindurch, stundenlang konnte er ihr lauschen.
Wenn seinen Namen sie rief und flüsterte, dass sie ihn liebe,
dann wünschte er von Herzen sich, dass die Zeit stehen bliebe,
in manchen Bildern, die wild schäumende Gischt ihm gebar,
sah er Maries’ wunderschönes Antlitz, sie lächelte fürwahr,
auch des Nachts, am himmlischen Firmament sah er sie,
zwischen all des Himmels Sternen war sie schön wie noch nie.
Selbst ihre Wärme spürte er, es war die Sonne, die sie ihm schenkte,
Marie sang ihre Lieder ihm, bis eine stürmische Welle sie versenkte,
oft war er allein hier, jedoch war niemals er einsam,
nur hier noch lebte er Tage und Nächte mit seiner Frau gemeinsam.
Wenn er schlaflos im Bett lag und aus des Leuchtturms Fenster sah,
durch diese kleinen Scheiben, auch dann war sie ihm ganz nah,
manch Traumes Gnade gar legte Marie in seine wartenden Arme,
er roch ihren Duft, fühlte ihr Haar, spürte seine Frau, die Warme.
Dann fühlte er stark sich, war glücklich und trotzte dem Leben,
wie „Le Four“, sein Leuchtturm, in seinem Himmelhochstreben,
an dem oft die größten Wellen sich brechen, ihn ganz verdecken,
er trotzt beständig, lässt Wellenzungen wund sich an ihm lecken.
Im vorletzten Jahrhundert aus bretonischem Steine gebaut,
vor Gefahren die Schiffe warnt, weit übers Meer hinaus schaut,
den sicheren Heimweg blitzt beständig er jedem Fischer,
ein tiefer Ton seines Horns durchdringt die Nebelwand sicher.
So schenkt „Le Four“ auch Jean-Pierre ab und zu Stunden,
die beinahe er glücklich, trotz seiner tiefen Herzenswunden,
drum weilt er hier, mag aufs Festland längst nicht mehr gehen,
hier nur kann seine Marie er hören, kann sie fühlen und sehen.

Und so geschah es in einer stürmischen Nacht,
Jean-Pierre und sein Leuchtturm hielten eisern die Wacht,
das Meer tobte wild, hoch trieb der Sturm dessen Wellen,
schlug sie gegen „Le Four“, dass es klang wie donnern und bellen.
Ein alter Fensterladen, der noch nicht ward verschlossen,
schlug immer wieder auf und zu, brüllte in die Nacht unverdrossen,
laut schrie das Meer nach ihm, Jean-Pierre hörte es nicht,
schlug immer wieder gegen die Eingangstür, löschte aus das Licht.
Es kratzte an „Le Four“, wollte Steine und Leben ihm rauben,
die Wellen überschlugen sich, ließen ächzen seine alten Schrauben,
die Gischt spie beständig weiße Schaumkronen in sein Licht,
der Leuchtturm jedoch lachte mitten in des Teufels Gesicht.
„Mich holst du nicht, bin stärker und warne weiter vor dir,
all die kleinen Fischer, die großen Schiffe weit unter mir,
du kannst bäumen dich, kannst schreien, speien und toben,
all meine Kraft und Stärke sind lang schon sagenumwoben.“

Wer in dieser Nacht „Le Four“ hat gesehen,
der weiß, dass er verhindern wollte, was dann ist geschehen,
tief in die Hüften stemmte er seine Arme, stand breit und schwer,
wollte schützen Jean-Pierre, der jedoch spürt‘ ihn nicht mehr,
denn es rief Marie mit leiser Stimme ihn beim Namen.
Durch die Wellen, die er sah, die schreiend und speiend herankamen,
sah er ihr geliebtes Antlitz, das stets näher ihm kam,
dass sein Herz, seine Seele erneut gefangen nahm.
„Oh komm, mein Geliebter, lang schon wart‘ ich auf dich,
diese wilde Nacht ward geboren nur für dich und mich,
leg‘ dich behutsam in die weichen Arme der Wellen,
die verzweifelt dich suchen, ständig sich zu dir gesellen,
ich warte auf dich in der Endlosigkeit aller Gezeiten,
komm zu mir, du musst nur die hohen Wellen begleiten.“

Das Herz von Jean-Pierre fing wild an zu pochen,
vergessen ganz schnell hundert einsame Wochen,
„zum Leuchtfeuer muss ich, ganz oben hinauf“,
einhundert achtundzwanzig Stufen im schnellen Lauf.
Die schwere Tür nach außen, er schaffte sie kaum,
denn Wellen schlugen dagegen, er jedoch war im Traum,
wollt‘ zu seiner Frau, wollt‘ mit ihr wieder leben,
nahm alle Kraft, die der Herrgott ihm je hat gegeben,

.............................................
Über die Geduld


Man muss den Dingen
die eigene, stille
ungestörte Entwicklung lassen,
die tief von innen kommt
und durch nichts gedrängt
oder beschleunigt werden kann,
alles ist austragen – und
dann gebären…

Reifen wie der Baum,
der seine Säfte nicht drängt
und getrost in den Stürmen des Frühlings steht,
ohne Angst,
dass dahinter kein Sommer
kommen könnte.

Er kommt doch!

Aber er kommt nur zu den Geduldigen,
die da sind, als ob die Ewigkeit
vor ihnen läge,
so sorglos, still und weit…

Man muss Geduld haben

Mit dem Ungelösten im Herzen,
und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben,
wie verschlossene Stuben,
und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache
geschrieben sind.

Es handelt sich darum, alles zu leben.
Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich,
ohne es zu merken,
eines fremden Tages
in die Antworten hinein.


(Rainer Maria Rilke)
 
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signorina schrieb:
Habe, angeregt durch einen Namen aus dem Forum, ein schönes Gedicht (Ballade) entdeckt. Es ist zu lang, um es hier ganz wiederzugeben. Wer will, kann es ja im Internet nachlesn.

LG

Signorina

---------------------------------------------------------

Der Leuchtturmwärter von „Le Four“
Gedicht von Eleonore Görges

Eine Ballade.

Er war nicht mehr jung, der Leuchtturmwärter von „Le Four“,
Jean-Pierre hieß er, stand kurz vor‘m Ablauf seiner Erdenuhr,
hätt er’s gewusst, hätt’s Freudentränen ihm entlockt,
Herz und Seele hätten im gemeinsamen Taumel frohlockt.
Seit Marie verstorben, seine Frau, die alles ihm war,
fehlte ihre Liebe, mit seinem Leben kam er nicht mehr klar,
in seinem leeren Haus am Strand konnt‘ er nicht mehr sein,
auf dem Festland, ohne Marie, fühlt‘ er sich einsam und allein,
lieber war er auf seinem Leuchtturm, „Le Four“ genannt,
zwei Seemeilen vor der Küste, im Atlantik, vor bretonischem Land.
Auf dieser kleinen Granitinsel fühlte er sich unendlich frei,
stets war ihm, als sei seine geliebte Marie ganz nahe ihm bei,
im Lebenslauf der Gezeiten, in des Meeres speiender Kraft,
war sie bei ihm, um ihn, in ihm, wenn auch nur feenhaft,
oft hörte er ihre Stimme in den Wellen, im lauten Rauschen,
zart klang sie hindurch, stundenlang konnte er ihr lauschen.
Wenn seinen Namen sie rief und flüsterte, dass sie ihn liebe,
dann wünschte er von Herzen sich, dass die Zeit stehen bliebe,
in manchen Bildern, die wild schäumende Gischt ihm gebar,
sah er Maries’ wunderschönes Antlitz, sie lächelte fürwahr,
auch des Nachts, am himmlischen Firmament sah er sie,
zwischen all des Himmels Sternen war sie schön wie noch nie.
Selbst ihre Wärme spürte er, es war die Sonne, die sie ihm schenkte,
Marie sang ihre Lieder ihm, bis eine stürmische Welle sie versenkte,
oft war er allein hier, jedoch war niemals er einsam,
nur hier noch lebte er Tage und Nächte mit seiner Frau gemeinsam.
Wenn er schlaflos im Bett lag und aus des Leuchtturms Fenster sah,
durch diese kleinen Scheiben, auch dann war sie ihm ganz nah,
manch Traumes Gnade gar legte Marie in seine wartenden Arme,
er roch ihren Duft, fühlte ihr Haar, spürte seine Frau, die Warme.
Dann fühlte er stark sich, war glücklich und trotzte dem Leben,
wie „Le Four“, sein Leuchtturm, in seinem Himmelhochstreben,
an dem oft die größten Wellen sich brechen, ihn ganz verdecken,
er trotzt beständig, lässt Wellenzungen wund sich an ihm lecken.
Im vorletzten Jahrhundert aus bretonischem Steine gebaut,
vor Gefahren die Schiffe warnt, weit übers Meer hinaus schaut,
den sicheren Heimweg blitzt beständig er jedem Fischer,
ein tiefer Ton seines Horns durchdringt die Nebelwand sicher.
So schenkt „Le Four“ auch Jean-Pierre ab und zu Stunden,
die beinahe er glücklich, trotz seiner tiefen Herzenswunden,
drum weilt er hier, mag aufs Festland längst nicht mehr gehen,
hier nur kann seine Marie er hören, kann sie fühlen und sehen.

Und so geschah es in einer stürmischen Nacht,
Jean-Pierre und sein Leuchtturm hielten eisern die Wacht,
das Meer tobte wild, hoch trieb der Sturm dessen Wellen,
schlug sie gegen „Le Four“, dass es klang wie donnern und bellen.
Ein alter Fensterladen, der noch nicht ward verschlossen,
schlug immer wieder auf und zu, brüllte in die Nacht unverdrossen,
laut schrie das Meer nach ihm, Jean-Pierre hörte es nicht,
schlug immer wieder gegen die Eingangstür, löschte aus das Licht.
Es kratzte an „Le Four“, wollte Steine und Leben ihm rauben,
die Wellen überschlugen sich, ließen ächzen seine alten Schrauben,
die Gischt spie beständig weiße Schaumkronen in sein Licht,
der Leuchtturm jedoch lachte mitten in des Teufels Gesicht.
„Mich holst du nicht, bin stärker und warne weiter vor dir,
all die kleinen Fischer, die großen Schiffe weit unter mir,
du kannst bäumen dich, kannst schreien, speien und toben,
all meine Kraft und Stärke sind lang schon sagenumwoben.“

Wer in dieser Nacht „Le Four“ hat gesehen,
der weiß, dass er verhindern wollte, was dann ist geschehen,
tief in die Hüften stemmte er seine Arme, stand breit und schwer,
wollte schützen Jean-Pierre, der jedoch spürt‘ ihn nicht mehr,
denn es rief Marie mit leiser Stimme ihn beim Namen.
Durch die Wellen, die er sah, die schreiend und speiend herankamen,
sah er ihr geliebtes Antlitz, das stets näher ihm kam,
dass sein Herz, seine Seele erneut gefangen nahm.
„Oh komm, mein Geliebter, lang schon wart‘ ich auf dich,
diese wilde Nacht ward geboren nur für dich und mich,
leg‘ dich behutsam in die weichen Arme der Wellen,
die verzweifelt dich suchen, ständig sich zu dir gesellen,
ich warte auf dich in der Endlosigkeit aller Gezeiten,
komm zu mir, du musst nur die hohen Wellen begleiten.“

Das Herz von Jean-Pierre fing wild an zu pochen,
vergessen ganz schnell hundert einsame Wochen,
„zum Leuchtfeuer muss ich, ganz oben hinauf“,
einhundert achtundzwanzig Stufen im schnellen Lauf.
Die schwere Tür nach außen, er schaffte sie kaum,
denn Wellen schlugen dagegen, er jedoch war im Traum,
wollt‘ zu seiner Frau, wollt‘ mit ihr wieder leben,
nahm alle Kraft, die der Herrgott ihm je hat gegeben,

.............................................
Der Nörgler

Das Auge klein, die Falte tief,
Der Blick gereizt, die Nase schief,

Als Provokant zu jeder Zeit
Sucht er verbissen seinen Streit,

Sarkastisch und mit Ironie
Zerstört er jede Harmonie,

Sein Auge öd und tränenleer,
Schleicht er verzweifelt hin und her,

In seinem Innern wächst der Hass,
Er nörgelt ohne Unterlass,

Und geht er irgendwo mal hin,
Dann kritisiert er ohne Sinn,

Wie sollte es auch anders sein,
Sein Herz ist sicherlich aus Stein,

Mit Leichtigkeit kommt er in Wut,
Denn niemand macht es für ihn gut,

Er ist zu allen ungerecht,
Eröffnet laut ein Wortgefecht,

Er lächelt selbst im Traume nicht,
Dort löscht man ihm das Lebenslicht,

Ein jeder fragt sich nur, warum
Ist er so ein Spezifikum,

Den Eisberg, den er mit sich trägt,
Gehörte fix ihm abgesägt,

Ist er vom Ballast erst befreit,
Eröffnet sich sein Herze weit,

Dann dringt die Liebe in ihn ein,
Bis er ein Menschenkind wird sein,

Das weint und lacht in Leidenschaft
In einer wahren Meisterschaft.



(Rajymbek)
 
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LG

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Der Leuchtturmwärter von „Le Four“
Gedicht von Eleonore Görges

Eine Ballade.

Er war nicht mehr jung, der Leuchtturmwärter von „Le Four“,
Jean-Pierre hieß er, stand kurz vor‘m Ablauf seiner Erdenuhr,
hätt er’s gewusst, hätt’s Freudentränen ihm entlockt,
Herz und Seele hätten im gemeinsamen Taumel frohlockt.
Seit Marie verstorben, seine Frau, die alles ihm war,
fehlte ihre Liebe, mit seinem Leben kam er nicht mehr klar,
in seinem leeren Haus am Strand konnt‘ er nicht mehr sein,
auf dem Festland, ohne Marie, fühlt‘ er sich einsam und allein,
lieber war er auf seinem Leuchtturm, „Le Four“ genannt,
zwei Seemeilen vor der Küste, im Atlantik, vor bretonischem Land.
Auf dieser kleinen Granitinsel fühlte er sich unendlich frei,
stets war ihm, als sei seine geliebte Marie ganz nahe ihm bei,
im Lebenslauf der Gezeiten, in des Meeres speiender Kraft,
war sie bei ihm, um ihn, in ihm, wenn auch nur feenhaft,
oft hörte er ihre Stimme in den Wellen, im lauten Rauschen,
zart klang sie hindurch, stundenlang konnte er ihr lauschen.
Wenn seinen Namen sie rief und flüsterte, dass sie ihn liebe,
dann wünschte er von Herzen sich, dass die Zeit stehen bliebe,
in manchen Bildern, die wild schäumende Gischt ihm gebar,
sah er Maries’ wunderschönes Antlitz, sie lächelte fürwahr,
auch des Nachts, am himmlischen Firmament sah er sie,
zwischen all des Himmels Sternen war sie schön wie noch nie.
Selbst ihre Wärme spürte er, es war die Sonne, die sie ihm schenkte,
Marie sang ihre Lieder ihm, bis eine stürmische Welle sie versenkte,
oft war er allein hier, jedoch war niemals er einsam,
nur hier noch lebte er Tage und Nächte mit seiner Frau gemeinsam.
Wenn er schlaflos im Bett lag und aus des Leuchtturms Fenster sah,
durch diese kleinen Scheiben, auch dann war sie ihm ganz nah,
manch Traumes Gnade gar legte Marie in seine wartenden Arme,
er roch ihren Duft, fühlte ihr Haar, spürte seine Frau, die Warme.
Dann fühlte er stark sich, war glücklich und trotzte dem Leben,
wie „Le Four“, sein Leuchtturm, in seinem Himmelhochstreben,
an dem oft die größten Wellen sich brechen, ihn ganz verdecken,
er trotzt beständig, lässt Wellenzungen wund sich an ihm lecken.
Im vorletzten Jahrhundert aus bretonischem Steine gebaut,
vor Gefahren die Schiffe warnt, weit übers Meer hinaus schaut,
den sicheren Heimweg blitzt beständig er jedem Fischer,
ein tiefer Ton seines Horns durchdringt die Nebelwand sicher.
So schenkt „Le Four“ auch Jean-Pierre ab und zu Stunden,
die beinahe er glücklich, trotz seiner tiefen Herzenswunden,
drum weilt er hier, mag aufs Festland längst nicht mehr gehen,
hier nur kann seine Marie er hören, kann sie fühlen und sehen.

Und so geschah es in einer stürmischen Nacht,
Jean-Pierre und sein Leuchtturm hielten eisern die Wacht,
das Meer tobte wild, hoch trieb der Sturm dessen Wellen,
schlug sie gegen „Le Four“, dass es klang wie donnern und bellen.
Ein alter Fensterladen, der noch nicht ward verschlossen,
schlug immer wieder auf und zu, brüllte in die Nacht unverdrossen,
laut schrie das Meer nach ihm, Jean-Pierre hörte es nicht,
schlug immer wieder gegen die Eingangstür, löschte aus das Licht.
Es kratzte an „Le Four“, wollte Steine und Leben ihm rauben,
die Wellen überschlugen sich, ließen ächzen seine alten Schrauben,
die Gischt spie beständig weiße Schaumkronen in sein Licht,
der Leuchtturm jedoch lachte mitten in des Teufels Gesicht.
„Mich holst du nicht, bin stärker und warne weiter vor dir,
all die kleinen Fischer, die großen Schiffe weit unter mir,
du kannst bäumen dich, kannst schreien, speien und toben,
all meine Kraft und Stärke sind lang schon sagenumwoben.“

Wer in dieser Nacht „Le Four“ hat gesehen,
der weiß, dass er verhindern wollte, was dann ist geschehen,
tief in die Hüften stemmte er seine Arme, stand breit und schwer,
wollte schützen Jean-Pierre, der jedoch spürt‘ ihn nicht mehr,
denn es rief Marie mit leiser Stimme ihn beim Namen.
Durch die Wellen, die er sah, die schreiend und speiend herankamen,
sah er ihr geliebtes Antlitz, das stets näher ihm kam,
dass sein Herz, seine Seele erneut gefangen nahm.
„Oh komm, mein Geliebter, lang schon wart‘ ich auf dich,
diese wilde Nacht ward geboren nur für dich und mich,
leg‘ dich behutsam in die weichen Arme der Wellen,
die verzweifelt dich suchen, ständig sich zu dir gesellen,
ich warte auf dich in der Endlosigkeit aller Gezeiten,
komm zu mir, du musst nur die hohen Wellen begleiten.“

Das Herz von Jean-Pierre fing wild an zu pochen,
vergessen ganz schnell hundert einsame Wochen,
„zum Leuchtfeuer muss ich, ganz oben hinauf“,
einhundert achtundzwanzig Stufen im schnellen Lauf.
Die schwere Tür nach außen, er schaffte sie kaum,
denn Wellen schlugen dagegen, er jedoch war im Traum,
wollt‘ zu seiner Frau, wollt‘ mit ihr wieder leben,
nahm alle Kraft, die der Herrgott ihm je hat gegeben,

.............................................
Größres mag sich anderswo begeben,
als bei uns, in unserm kleinen Leben,
Neues hat die Sonne nie gesehn.
Sehn wir doch das Große aller Zeiten
Auf den Brettern, die die Welt bedeuten,
Sinnvoll, still an uns vorübergehn.
Alles wiederholt sich nur im Leben,
Ewig jung ist nur die Phantasie,
Was sich nie und nirgends hat begeben,
Das allein veraltet nie!


(Schiller: An die Freude)
 
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LG

Signorina

---------------------------------------------------------

Der Leuchtturmwärter von „Le Four“
Gedicht von Eleonore Görges

Eine Ballade.

Er war nicht mehr jung, der Leuchtturmwärter von „Le Four“,
Jean-Pierre hieß er, stand kurz vor‘m Ablauf seiner Erdenuhr,
hätt er’s gewusst, hätt’s Freudentränen ihm entlockt,
Herz und Seele hätten im gemeinsamen Taumel frohlockt.
Seit Marie verstorben, seine Frau, die alles ihm war,
fehlte ihre Liebe, mit seinem Leben kam er nicht mehr klar,
in seinem leeren Haus am Strand konnt‘ er nicht mehr sein,
auf dem Festland, ohne Marie, fühlt‘ er sich einsam und allein,
lieber war er auf seinem Leuchtturm, „Le Four“ genannt,
zwei Seemeilen vor der Küste, im Atlantik, vor bretonischem Land.
Auf dieser kleinen Granitinsel fühlte er sich unendlich frei,
stets war ihm, als sei seine geliebte Marie ganz nahe ihm bei,
im Lebenslauf der Gezeiten, in des Meeres speiender Kraft,
war sie bei ihm, um ihn, in ihm, wenn auch nur feenhaft,
oft hörte er ihre Stimme in den Wellen, im lauten Rauschen,
zart klang sie hindurch, stundenlang konnte er ihr lauschen.
Wenn seinen Namen sie rief und flüsterte, dass sie ihn liebe,
dann wünschte er von Herzen sich, dass die Zeit stehen bliebe,
in manchen Bildern, die wild schäumende Gischt ihm gebar,
sah er Maries’ wunderschönes Antlitz, sie lächelte fürwahr,
auch des Nachts, am himmlischen Firmament sah er sie,
zwischen all des Himmels Sternen war sie schön wie noch nie.
Selbst ihre Wärme spürte er, es war die Sonne, die sie ihm schenkte,
Marie sang ihre Lieder ihm, bis eine stürmische Welle sie versenkte,
oft war er allein hier, jedoch war niemals er einsam,
nur hier noch lebte er Tage und Nächte mit seiner Frau gemeinsam.
Wenn er schlaflos im Bett lag und aus des Leuchtturms Fenster sah,
durch diese kleinen Scheiben, auch dann war sie ihm ganz nah,
manch Traumes Gnade gar legte Marie in seine wartenden Arme,
er roch ihren Duft, fühlte ihr Haar, spürte seine Frau, die Warme.
Dann fühlte er stark sich, war glücklich und trotzte dem Leben,
wie „Le Four“, sein Leuchtturm, in seinem Himmelhochstreben,
an dem oft die größten Wellen sich brechen, ihn ganz verdecken,
er trotzt beständig, lässt Wellenzungen wund sich an ihm lecken.
Im vorletzten Jahrhundert aus bretonischem Steine gebaut,
vor Gefahren die Schiffe warnt, weit übers Meer hinaus schaut,
den sicheren Heimweg blitzt beständig er jedem Fischer,
ein tiefer Ton seines Horns durchdringt die Nebelwand sicher.
So schenkt „Le Four“ auch Jean-Pierre ab und zu Stunden,
die beinahe er glücklich, trotz seiner tiefen Herzenswunden,
drum weilt er hier, mag aufs Festland längst nicht mehr gehen,
hier nur kann seine Marie er hören, kann sie fühlen und sehen.

Und so geschah es in einer stürmischen Nacht,
Jean-Pierre und sein Leuchtturm hielten eisern die Wacht,
das Meer tobte wild, hoch trieb der Sturm dessen Wellen,
schlug sie gegen „Le Four“, dass es klang wie donnern und bellen.
Ein alter Fensterladen, der noch nicht ward verschlossen,
schlug immer wieder auf und zu, brüllte in die Nacht unverdrossen,
laut schrie das Meer nach ihm, Jean-Pierre hörte es nicht,
schlug immer wieder gegen die Eingangstür, löschte aus das Licht.
Es kratzte an „Le Four“, wollte Steine und Leben ihm rauben,
die Wellen überschlugen sich, ließen ächzen seine alten Schrauben,
die Gischt spie beständig weiße Schaumkronen in sein Licht,
der Leuchtturm jedoch lachte mitten in des Teufels Gesicht.
„Mich holst du nicht, bin stärker und warne weiter vor dir,
all die kleinen Fischer, die großen Schiffe weit unter mir,
du kannst bäumen dich, kannst schreien, speien und toben,
all meine Kraft und Stärke sind lang schon sagenumwoben.“

Wer in dieser Nacht „Le Four“ hat gesehen,
der weiß, dass er verhindern wollte, was dann ist geschehen,
tief in die Hüften stemmte er seine Arme, stand breit und schwer,
wollte schützen Jean-Pierre, der jedoch spürt‘ ihn nicht mehr,
denn es rief Marie mit leiser Stimme ihn beim Namen.
Durch die Wellen, die er sah, die schreiend und speiend herankamen,
sah er ihr geliebtes Antlitz, das stets näher ihm kam,
dass sein Herz, seine Seele erneut gefangen nahm.
„Oh komm, mein Geliebter, lang schon wart‘ ich auf dich,
diese wilde Nacht ward geboren nur für dich und mich,
leg‘ dich behutsam in die weichen Arme der Wellen,
die verzweifelt dich suchen, ständig sich zu dir gesellen,
ich warte auf dich in der Endlosigkeit aller Gezeiten,
komm zu mir, du musst nur die hohen Wellen begleiten.“

Das Herz von Jean-Pierre fing wild an zu pochen,
vergessen ganz schnell hundert einsame Wochen,
„zum Leuchtfeuer muss ich, ganz oben hinauf“,
einhundert achtundzwanzig Stufen im schnellen Lauf.
Die schwere Tür nach außen, er schaffte sie kaum,
denn Wellen schlugen dagegen, er jedoch war im Traum,
wollt‘ zu seiner Frau, wollt‘ mit ihr wieder leben,
nahm alle Kraft, die der Herrgott ihm je hat gegeben,

.............................................
Trost

Bald denki, 's isch e bösi Zit,
und weger's End isch nümme wit;
bald denki wider: loß es goh,
wenn's gnueg isch, wird's scho anderst cho.
Doch wenni näumen ane gang
und 's tönt mer Lied und Vogelsang,
so meini fast, i hör e Stimm:
»Bis zfriede! 's isch jo nit so schlimm.«

(Johann Peter Hebel)
 
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Der Bach hat leise Melodien

Der Bach hat leise Melodien,
und fern ist Staub und Stadt;
die Wipfel winken her und hin
und machen mich so matt.

Der Wald ist wild, die Welt ist weit,
mein Herz ist hell und groß;
es hält die blasse Einsamkeit
mein Haupt in ihrem Schoß.


(Rainer Maria Rilke)
Ich glaube nicht

Hin und wieder geiß`l ich mich und geh`hart mit mir ins Gericht
Und befrag mich hochnotpeinlich, ob ich glaube oder nicht.
Nur ein bißchen Folter und schon erpress`ich mir den Beweis,
dass ich erstens gar nichts glaube und zweitens gar nichts weiß.
Ich glaub nur, dass, wenn es ihn tatsächlich geben sollte,
Er, was hier in seinem Namen abgeht, gar nicht wollte!
Erstmal glaub`ich, dass die Weihwasserbeckenfrösche ihn stören
Und die viel zu großen Häuser, die angeblich ihm gehören.
Glaubt ihr denn, er ist auf Lakaien und Grunbesitz erpicht?
Jasager und Immobilien? Ich glaube nicht!

Ich glaub`nicht, wenn es ihn wirklich gibt, dass er`s überaus liebt,
dass sich jemand hartnäckig als sein Stellvertreter ausgibt
Und sich für unfehlbar hält. Ich glaub nicht, dass es ihm gefällt,
dass man ihm krause Ansichten als " sein Wille " unterstellt
Ich verwette mein Gesäss: Brimborium und Geplänkel,
Mummenschanz und Rumgeprotze gehn ihm auf den Senkel,
Dieses Ringeküssen, diese selbstgefäll`gen Frömmigkeiten,
Die in seinem Namen Eselei`n und Torheiten verbreiten.
Glaubt ihr, dass er will, dass irgendwer an seiner Stelle spricht?
Irgend so ein kleines Licht? Ich glaube nicht!

Ich glaub`nicht, dass er in seiner Weisheit, seinem ew`gen Rat
Sowas Abartiges ausgeheckt hat wie den Zölibat,
denn sonst hätt er sich zum Arterhalt was andres ausgedacht
Und uns nicht so fabelhafte Vorrichtungen angebracht.
Welch ein Frevel, daran rumzupfuschen, zu beschneiden,
Zu verstümmeln! Statt sich dran zu erfreu`n, dran zu leiden!
Und wenn Pillermann und Muschi nicht in den Masterplan passen,
Glaubt ihr nicht, er hätt`sie schlicht und einfach weggelassen?
Glaubst du Mensch, armsel`ger Stümper, du überheblicher Wicht,
dass du daran rumschnippeln darfst? Ich glaube nicht!

Ich glaub`nicht, dass ihm der Höllenlärm etwas bedeutet,
wenn man in die göttliche Ruhe hinein die Glocken läutet.
Ich bin sicher, dass er es als schlimme Lästerung betrachtet,
wenn man, um ihn zu bestechen, kleine Lämmerchen abschlachteUnd er muss sich sofort übergeben, denkt er nur ans Schächten
Oder an die schleim`gen Heuchler, an diese gottlosen Schlechten,
Die scheinheilig die Kinderlein zu sich kommen lassen
Und ihnen in die Hose fassen!

Ich glaub`nicht, dass er in euren pompösen Palästen thront,
Ich glaub eher, dass er beim geringsten meiner Brüder wohnt,
eher bei den Junkies, bei den Trebern im Park als in Rom,
Eher in den Slums, den Schlachthöfen, den Ghettos als im Dom,
im Parterre bei Oma Krause,in der Aldi-Filiale,
eher auf dem Strassenstrich als in der Kathedrale,
Wo Schiefköpfige, Händeknetende Schulgefühle schüren,
Eitel, selbstgerecht, als würden sie IHN an der Leine führen.
Eher als in eurer düstren, modrig-lustfeindlichen Gruft
Sitzt er unter freiem Himmel in der lauen, klaren Luft,
neben mir auf der Bank vor der Gartenlaube
Bei einer Flasche Deidesheimer Hergottsacker, Ja, ich glaube!

Text von Reinhard Mey
 
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signorina schrieb:
Habe, angeregt durch einen Namen aus dem Forum, ein schönes Gedicht (Ballade) entdeckt. Es ist zu lang, um es hier ganz wiederzugeben. Wer will, kann es ja im Internet nachlesn.

LG

Signorina

---------------------------------------------------------

Der Leuchtturmwärter von „Le Four“
Gedicht von Eleonore Görges

Eine Ballade.

Er war nicht mehr jung, der Leuchtturmwärter von „Le Four“,
Jean-Pierre hieß er, stand kurz vor‘m Ablauf seiner Erdenuhr,
hätt er’s gewusst, hätt’s Freudentränen ihm entlockt,
Herz und Seele hätten im gemeinsamen Taumel frohlockt.
Seit Marie verstorben, seine Frau, die alles ihm war,
fehlte ihre Liebe, mit seinem Leben kam er nicht mehr klar,
in seinem leeren Haus am Strand konnt‘ er nicht mehr sein,
auf dem Festland, ohne Marie, fühlt‘ er sich einsam und allein,
lieber war er auf seinem Leuchtturm, „Le Four“ genannt,
zwei Seemeilen vor der Küste, im Atlantik, vor bretonischem Land.
Auf dieser kleinen Granitinsel fühlte er sich unendlich frei,
stets war ihm, als sei seine geliebte Marie ganz nahe ihm bei,
im Lebenslauf der Gezeiten, in des Meeres speiender Kraft,
war sie bei ihm, um ihn, in ihm, wenn auch nur feenhaft,
oft hörte er ihre Stimme in den Wellen, im lauten Rauschen,
zart klang sie hindurch, stundenlang konnte er ihr lauschen.
Wenn seinen Namen sie rief und flüsterte, dass sie ihn liebe,
dann wünschte er von Herzen sich, dass die Zeit stehen bliebe,
in manchen Bildern, die wild schäumende Gischt ihm gebar,
sah er Maries’ wunderschönes Antlitz, sie lächelte fürwahr,
auch des Nachts, am himmlischen Firmament sah er sie,
zwischen all des Himmels Sternen war sie schön wie noch nie.
Selbst ihre Wärme spürte er, es war die Sonne, die sie ihm schenkte,
Marie sang ihre Lieder ihm, bis eine stürmische Welle sie versenkte,
oft war er allein hier, jedoch war niemals er einsam,
nur hier noch lebte er Tage und Nächte mit seiner Frau gemeinsam.
Wenn er schlaflos im Bett lag und aus des Leuchtturms Fenster sah,
durch diese kleinen Scheiben, auch dann war sie ihm ganz nah,
manch Traumes Gnade gar legte Marie in seine wartenden Arme,
er roch ihren Duft, fühlte ihr Haar, spürte seine Frau, die Warme.
Dann fühlte er stark sich, war glücklich und trotzte dem Leben,
wie „Le Four“, sein Leuchtturm, in seinem Himmelhochstreben,
an dem oft die größten Wellen sich brechen, ihn ganz verdecken,
er trotzt beständig, lässt Wellenzungen wund sich an ihm lecken.
Im vorletzten Jahrhundert aus bretonischem Steine gebaut,
vor Gefahren die Schiffe warnt, weit übers Meer hinaus schaut,
den sicheren Heimweg blitzt beständig er jedem Fischer,
ein tiefer Ton seines Horns durchdringt die Nebelwand sicher.
So schenkt „Le Four“ auch Jean-Pierre ab und zu Stunden,
die beinahe er glücklich, trotz seiner tiefen Herzenswunden,
drum weilt er hier, mag aufs Festland längst nicht mehr gehen,
hier nur kann seine Marie er hören, kann sie fühlen und sehen.

Und so geschah es in einer stürmischen Nacht,
Jean-Pierre und sein Leuchtturm hielten eisern die Wacht,
das Meer tobte wild, hoch trieb der Sturm dessen Wellen,
schlug sie gegen „Le Four“, dass es klang wie donnern und bellen.
Ein alter Fensterladen, der noch nicht ward verschlossen,
schlug immer wieder auf und zu, brüllte in die Nacht unverdrossen,
laut schrie das Meer nach ihm, Jean-Pierre hörte es nicht,
schlug immer wieder gegen die Eingangstür, löschte aus das Licht.
Es kratzte an „Le Four“, wollte Steine und Leben ihm rauben,
die Wellen überschlugen sich, ließen ächzen seine alten Schrauben,
die Gischt spie beständig weiße Schaumkronen in sein Licht,
der Leuchtturm jedoch lachte mitten in des Teufels Gesicht.
„Mich holst du nicht, bin stärker und warne weiter vor dir,
all die kleinen Fischer, die großen Schiffe weit unter mir,
du kannst bäumen dich, kannst schreien, speien und toben,
all meine Kraft und Stärke sind lang schon sagenumwoben.“

Wer in dieser Nacht „Le Four“ hat gesehen,
der weiß, dass er verhindern wollte, was dann ist geschehen,
tief in die Hüften stemmte er seine Arme, stand breit und schwer,
wollte schützen Jean-Pierre, der jedoch spürt‘ ihn nicht mehr,
denn es rief Marie mit leiser Stimme ihn beim Namen.
Durch die Wellen, die er sah, die schreiend und speiend herankamen,
sah er ihr geliebtes Antlitz, das stets näher ihm kam,
dass sein Herz, seine Seele erneut gefangen nahm.
„Oh komm, mein Geliebter, lang schon wart‘ ich auf dich,
diese wilde Nacht ward geboren nur für dich und mich,
leg‘ dich behutsam in die weichen Arme der Wellen,
die verzweifelt dich suchen, ständig sich zu dir gesellen,
ich warte auf dich in der Endlosigkeit aller Gezeiten,
komm zu mir, du musst nur die hohen Wellen begleiten.“

Das Herz von Jean-Pierre fing wild an zu pochen,
vergessen ganz schnell hundert einsame Wochen,
„zum Leuchtfeuer muss ich, ganz oben hinauf“,
einhundert achtundzwanzig Stufen im schnellen Lauf.
Die schwere Tür nach außen, er schaffte sie kaum,
denn Wellen schlugen dagegen, er jedoch war im Traum,
wollt‘ zu seiner Frau, wollt‘ mit ihr wieder leben,
nahm alle Kraft, die der Herrgott ihm je hat gegeben,

.............................................
Der Bach hat leise Melodien

Der Bach hat leise Melodien,
und fern ist Staub und Stadt;
die Wipfel winken her und hin
und machen mich so matt.

Der Wald ist wild, die Welt ist weit,
mein Herz ist hell und groß;
es hält die blasse Einsamkeit
mein Haupt in ihrem Schoß.


(Rainer Maria Rilke)
 
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Gretel und Kasperle, Großmutter und Krokodil

Als ich ein Kind war, war`n sie mir schon alle wohlvertraut,
und wenn sie kamen, hab`ich mir die Fingernägel abgekaut,
vor Aufregung und Spannung und vor Angst und Illusion,
kriegte mich gar nicht mehr ein vor lauter faszination.
Und für mich war klar, die Welt war wie im Puppenspiel:
Fest in der Hand von Gretel und Kasperle, Großmutter, Wachtmeister und Krokodil.

Ich wurde größer, ging zur Schule, und ich lernte Jahr für Jahr,
dass die Welt tatsächlich wie im Kasperletheater war.
Manche Autorität traf ich da,tritra, trallala.
manch Vorbild, das ich schon mal auf der kleinen Bühne sah.
Plötzlich fand ich überall, wohin mein Blick auch fiel,
lauter Ableger von Gretel und Kasperle, Großmutter, Wachtmeister und Krokodil.

Je ernster der Ernst des Lebens und je selt`ner der Humor,
desto häufiger kommt auch die Gattung Kasperle drin`vor.
Sie sitzt auf allen Eb`nen und geht durch jede Instanz.
Sie thront in der Pförtnerloge, spreizt sich in der Intendanz.
Sieh dir nur mal meinen Chef an, ist das kein Musterbeispiel?
Ein Prototyp von Gretel und Kasperle, Großmutter, Wachtmeister und Krokodil.

Die allerschönsten Exemplare aus dieser Rubrik,
die finden sich aber noch immmer in der Poitik.
So tölpelhaft, so anmaßend, da übertrifft sie nur
die dort auch viel vertret`ne Gattung Schießbudenfigur.
Du glaubst, da regier`n Menschen mit Charakter und Profil,
doch wenn du hinsiehst, sind`s Gretel und Kasperle, Größmutter, Wachtmeister und Krokodil.

Ich hab`den Weltenmechanismus schon mit fünf Jahren durchschaut
und mir auf dieser Erkenntnis die Devise aufgebaut:
Sieh all die Pappnasen mit Milde und Bescheidenheit.
Faß dir mal an deine eigene und halte dich bereit;
denn vielleicht hast du ja schon `ne kleine Rolle in dem Spiel,
vielleicht bist du längst Gretel und Kasperle, Großmutter, Wachtmeister und Ktokodil?!

Text von Reinhard Mey
 
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sehr schön
 
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Habe, angeregt durch einen Namen aus dem Forum, ein schönes Gedicht (Ballade) entdeckt. Es ist zu lang, um es hier ganz wiederzugeben. Wer will, kann es ja im Internet nachlesn.

LG

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Der Leuchtturmwärter von „Le Four“
Gedicht von Eleonore Görges

Eine Ballade.

Er war nicht mehr jung, der Leuchtturmwärter von „Le Four“,
Jean-Pierre hieß er, stand kurz vor‘m Ablauf seiner Erdenuhr,
hätt er’s gewusst, hätt’s Freudentränen ihm entlockt,
Herz und Seele hätten im gemeinsamen Taumel frohlockt.
Seit Marie verstorben, seine Frau, die alles ihm war,
fehlte ihre Liebe, mit seinem Leben kam er nicht mehr klar,
in seinem leeren Haus am Strand konnt‘ er nicht mehr sein,
auf dem Festland, ohne Marie, fühlt‘ er sich einsam und allein,
lieber war er auf seinem Leuchtturm, „Le Four“ genannt,
zwei Seemeilen vor der Küste, im Atlantik, vor bretonischem Land.
Auf dieser kleinen Granitinsel fühlte er sich unendlich frei,
stets war ihm, als sei seine geliebte Marie ganz nahe ihm bei,
im Lebenslauf der Gezeiten, in des Meeres speiender Kraft,
war sie bei ihm, um ihn, in ihm, wenn auch nur feenhaft,
oft hörte er ihre Stimme in den Wellen, im lauten Rauschen,
zart klang sie hindurch, stundenlang konnte er ihr lauschen.
Wenn seinen Namen sie rief und flüsterte, dass sie ihn liebe,
dann wünschte er von Herzen sich, dass die Zeit stehen bliebe,
in manchen Bildern, die wild schäumende Gischt ihm gebar,
sah er Maries’ wunderschönes Antlitz, sie lächelte fürwahr,
auch des Nachts, am himmlischen Firmament sah er sie,
zwischen all des Himmels Sternen war sie schön wie noch nie.
Selbst ihre Wärme spürte er, es war die Sonne, die sie ihm schenkte,
Marie sang ihre Lieder ihm, bis eine stürmische Welle sie versenkte,
oft war er allein hier, jedoch war niemals er einsam,
nur hier noch lebte er Tage und Nächte mit seiner Frau gemeinsam.
Wenn er schlaflos im Bett lag und aus des Leuchtturms Fenster sah,
durch diese kleinen Scheiben, auch dann war sie ihm ganz nah,
manch Traumes Gnade gar legte Marie in seine wartenden Arme,
er roch ihren Duft, fühlte ihr Haar, spürte seine Frau, die Warme.
Dann fühlte er stark sich, war glücklich und trotzte dem Leben,
wie „Le Four“, sein Leuchtturm, in seinem Himmelhochstreben,
an dem oft die größten Wellen sich brechen, ihn ganz verdecken,
er trotzt beständig, lässt Wellenzungen wund sich an ihm lecken.
Im vorletzten Jahrhundert aus bretonischem Steine gebaut,
vor Gefahren die Schiffe warnt, weit übers Meer hinaus schaut,
den sicheren Heimweg blitzt beständig er jedem Fischer,
ein tiefer Ton seines Horns durchdringt die Nebelwand sicher.
So schenkt „Le Four“ auch Jean-Pierre ab und zu Stunden,
die beinahe er glücklich, trotz seiner tiefen Herzenswunden,
drum weilt er hier, mag aufs Festland längst nicht mehr gehen,
hier nur kann seine Marie er hören, kann sie fühlen und sehen.

Und so geschah es in einer stürmischen Nacht,
Jean-Pierre und sein Leuchtturm hielten eisern die Wacht,
das Meer tobte wild, hoch trieb der Sturm dessen Wellen,
schlug sie gegen „Le Four“, dass es klang wie donnern und bellen.
Ein alter Fensterladen, der noch nicht ward verschlossen,
schlug immer wieder auf und zu, brüllte in die Nacht unverdrossen,
laut schrie das Meer nach ihm, Jean-Pierre hörte es nicht,
schlug immer wieder gegen die Eingangstür, löschte aus das Licht.
Es kratzte an „Le Four“, wollte Steine und Leben ihm rauben,
die Wellen überschlugen sich, ließen ächzen seine alten Schrauben,
die Gischt spie beständig weiße Schaumkronen in sein Licht,
der Leuchtturm jedoch lachte mitten in des Teufels Gesicht.
„Mich holst du nicht, bin stärker und warne weiter vor dir,
all die kleinen Fischer, die großen Schiffe weit unter mir,
du kannst bäumen dich, kannst schreien, speien und toben,
all meine Kraft und Stärke sind lang schon sagenumwoben.“

Wer in dieser Nacht „Le Four“ hat gesehen,
der weiß, dass er verhindern wollte, was dann ist geschehen,
tief in die Hüften stemmte er seine Arme, stand breit und schwer,
wollte schützen Jean-Pierre, der jedoch spürt‘ ihn nicht mehr,
denn es rief Marie mit leiser Stimme ihn beim Namen.
Durch die Wellen, die er sah, die schreiend und speiend herankamen,
sah er ihr geliebtes Antlitz, das stets näher ihm kam,
dass sein Herz, seine Seele erneut gefangen nahm.
„Oh komm, mein Geliebter, lang schon wart‘ ich auf dich,
diese wilde Nacht ward geboren nur für dich und mich,
leg‘ dich behutsam in die weichen Arme der Wellen,
die verzweifelt dich suchen, ständig sich zu dir gesellen,
ich warte auf dich in der Endlosigkeit aller Gezeiten,
komm zu mir, du musst nur die hohen Wellen begleiten.“

Das Herz von Jean-Pierre fing wild an zu pochen,
vergessen ganz schnell hundert einsame Wochen,
„zum Leuchtfeuer muss ich, ganz oben hinauf“,
einhundert achtundzwanzig Stufen im schnellen Lauf.
Die schwere Tür nach außen, er schaffte sie kaum,
denn Wellen schlugen dagegen, er jedoch war im Traum,
wollt‘ zu seiner Frau, wollt‘ mit ihr wieder leben,
nahm alle Kraft, die der Herrgott ihm je hat gegeben,

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Es ist doch wirklich kurios,
Als wenn ganz unentbehrlich wär'
Der Ärger für das Menschenleben;
Denn kaum sind wir den einen los,
So sind wir schon dahinter her,
Dem anderen uns hinzugeben.



(Johann Meyer (1829 - 1904), norddeutscher Dichter)
 
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Der Leuchtturmwärter von „Le Four“
Gedicht von Eleonore Görges

Eine Ballade.

Er war nicht mehr jung, der Leuchtturmwärter von „Le Four“,
Jean-Pierre hieß er, stand kurz vor‘m Ablauf seiner Erdenuhr,
hätt er’s gewusst, hätt’s Freudentränen ihm entlockt,
Herz und Seele hätten im gemeinsamen Taumel frohlockt.
Seit Marie verstorben, seine Frau, die alles ihm war,
fehlte ihre Liebe, mit seinem Leben kam er nicht mehr klar,
in seinem leeren Haus am Strand konnt‘ er nicht mehr sein,
auf dem Festland, ohne Marie, fühlt‘ er sich einsam und allein,
lieber war er auf seinem Leuchtturm, „Le Four“ genannt,
zwei Seemeilen vor der Küste, im Atlantik, vor bretonischem Land.
Auf dieser kleinen Granitinsel fühlte er sich unendlich frei,
stets war ihm, als sei seine geliebte Marie ganz nahe ihm bei,
im Lebenslauf der Gezeiten, in des Meeres speiender Kraft,
war sie bei ihm, um ihn, in ihm, wenn auch nur feenhaft,
oft hörte er ihre Stimme in den Wellen, im lauten Rauschen,
zart klang sie hindurch, stundenlang konnte er ihr lauschen.
Wenn seinen Namen sie rief und flüsterte, dass sie ihn liebe,
dann wünschte er von Herzen sich, dass die Zeit stehen bliebe,
in manchen Bildern, die wild schäumende Gischt ihm gebar,
sah er Maries’ wunderschönes Antlitz, sie lächelte fürwahr,
auch des Nachts, am himmlischen Firmament sah er sie,
zwischen all des Himmels Sternen war sie schön wie noch nie.
Selbst ihre Wärme spürte er, es war die Sonne, die sie ihm schenkte,
Marie sang ihre Lieder ihm, bis eine stürmische Welle sie versenkte,
oft war er allein hier, jedoch war niemals er einsam,
nur hier noch lebte er Tage und Nächte mit seiner Frau gemeinsam.
Wenn er schlaflos im Bett lag und aus des Leuchtturms Fenster sah,
durch diese kleinen Scheiben, auch dann war sie ihm ganz nah,
manch Traumes Gnade gar legte Marie in seine wartenden Arme,
er roch ihren Duft, fühlte ihr Haar, spürte seine Frau, die Warme.
Dann fühlte er stark sich, war glücklich und trotzte dem Leben,
wie „Le Four“, sein Leuchtturm, in seinem Himmelhochstreben,
an dem oft die größten Wellen sich brechen, ihn ganz verdecken,
er trotzt beständig, lässt Wellenzungen wund sich an ihm lecken.
Im vorletzten Jahrhundert aus bretonischem Steine gebaut,
vor Gefahren die Schiffe warnt, weit übers Meer hinaus schaut,
den sicheren Heimweg blitzt beständig er jedem Fischer,
ein tiefer Ton seines Horns durchdringt die Nebelwand sicher.
So schenkt „Le Four“ auch Jean-Pierre ab und zu Stunden,
die beinahe er glücklich, trotz seiner tiefen Herzenswunden,
drum weilt er hier, mag aufs Festland längst nicht mehr gehen,
hier nur kann seine Marie er hören, kann sie fühlen und sehen.

Und so geschah es in einer stürmischen Nacht,
Jean-Pierre und sein Leuchtturm hielten eisern die Wacht,
das Meer tobte wild, hoch trieb der Sturm dessen Wellen,
schlug sie gegen „Le Four“, dass es klang wie donnern und bellen.
Ein alter Fensterladen, der noch nicht ward verschlossen,
schlug immer wieder auf und zu, brüllte in die Nacht unverdrossen,
laut schrie das Meer nach ihm, Jean-Pierre hörte es nicht,
schlug immer wieder gegen die Eingangstür, löschte aus das Licht.
Es kratzte an „Le Four“, wollte Steine und Leben ihm rauben,
die Wellen überschlugen sich, ließen ächzen seine alten Schrauben,
die Gischt spie beständig weiße Schaumkronen in sein Licht,
der Leuchtturm jedoch lachte mitten in des Teufels Gesicht.
„Mich holst du nicht, bin stärker und warne weiter vor dir,
all die kleinen Fischer, die großen Schiffe weit unter mir,
du kannst bäumen dich, kannst schreien, speien und toben,
all meine Kraft und Stärke sind lang schon sagenumwoben.“

Wer in dieser Nacht „Le Four“ hat gesehen,
der weiß, dass er verhindern wollte, was dann ist geschehen,
tief in die Hüften stemmte er seine Arme, stand breit und schwer,
wollte schützen Jean-Pierre, der jedoch spürt‘ ihn nicht mehr,
denn es rief Marie mit leiser Stimme ihn beim Namen.
Durch die Wellen, die er sah, die schreiend und speiend herankamen,
sah er ihr geliebtes Antlitz, das stets näher ihm kam,
dass sein Herz, seine Seele erneut gefangen nahm.
„Oh komm, mein Geliebter, lang schon wart‘ ich auf dich,
diese wilde Nacht ward geboren nur für dich und mich,
leg‘ dich behutsam in die weichen Arme der Wellen,
die verzweifelt dich suchen, ständig sich zu dir gesellen,
ich warte auf dich in der Endlosigkeit aller Gezeiten,
komm zu mir, du musst nur die hohen Wellen begleiten.“

Das Herz von Jean-Pierre fing wild an zu pochen,
vergessen ganz schnell hundert einsame Wochen,
„zum Leuchtfeuer muss ich, ganz oben hinauf“,
einhundert achtundzwanzig Stufen im schnellen Lauf.
Die schwere Tür nach außen, er schaffte sie kaum,
denn Wellen schlugen dagegen, er jedoch war im Traum,
wollt‘ zu seiner Frau, wollt‘ mit ihr wieder leben,
nahm alle Kraft, die der Herrgott ihm je hat gegeben,

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Wenn dich was erbost,
Wenn dich was bedräut,
Faß dir nur Trost,
Laß dir nur Zeit!
Gemach! Gemach!
Wie klein und flach
Sieht all der Ärger und der Graus
Zumeist schon nach acht Tagen aus!


(Unbekannt)
 
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zoi
zoi
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Ehemaliges Mitglied schrieb:
Mißmut

Ein Rauch verwehrt.
Ein Wasser verrinnt.
Eine Zeit vergeht.
Eine neue beginnt.
Warum? Wozu?
Denk' ich dein Fleisch hinweg, so bist
Du ein dünntrauriges Knochengerüst,
Allerschönstes Mädchen du.

Wer hat das Fragen aufgebracht?
Unsere Not.
Wer niemals fragt, wäre tot.
Doch kommt's drauf an, wie jemand lacht.

Bist du aus schlimmem Traum erwacht,
Ist eine Postanweisung da,
Ein Telegramm, ein guter Brief, -
Du atmest tief
Wie eine Ziehharmonika.

Joachim Ringelnatz
AUF DAS WIR


dass wir arbeiten als würden wir kein Geld brauchen. ?
dass wir lieben, als hätte uns noch nie jemand verletzt.
?dass wir tanzen, als würde keiner hinschauen.
?dass wir singen, als würde keiner zuhören. ?
dass wir leben, als wäre das Paradies auf Erden.
 
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Ehemaliges Mitglied
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Der Leuchtturmwärter von „Le Four“
Gedicht von Eleonore Görges

Eine Ballade.

Er war nicht mehr jung, der Leuchtturmwärter von „Le Four“,
Jean-Pierre hieß er, stand kurz vor‘m Ablauf seiner Erdenuhr,
hätt er’s gewusst, hätt’s Freudentränen ihm entlockt,
Herz und Seele hätten im gemeinsamen Taumel frohlockt.
Seit Marie verstorben, seine Frau, die alles ihm war,
fehlte ihre Liebe, mit seinem Leben kam er nicht mehr klar,
in seinem leeren Haus am Strand konnt‘ er nicht mehr sein,
auf dem Festland, ohne Marie, fühlt‘ er sich einsam und allein,
lieber war er auf seinem Leuchtturm, „Le Four“ genannt,
zwei Seemeilen vor der Küste, im Atlantik, vor bretonischem Land.
Auf dieser kleinen Granitinsel fühlte er sich unendlich frei,
stets war ihm, als sei seine geliebte Marie ganz nahe ihm bei,
im Lebenslauf der Gezeiten, in des Meeres speiender Kraft,
war sie bei ihm, um ihn, in ihm, wenn auch nur feenhaft,
oft hörte er ihre Stimme in den Wellen, im lauten Rauschen,
zart klang sie hindurch, stundenlang konnte er ihr lauschen.
Wenn seinen Namen sie rief und flüsterte, dass sie ihn liebe,
dann wünschte er von Herzen sich, dass die Zeit stehen bliebe,
in manchen Bildern, die wild schäumende Gischt ihm gebar,
sah er Maries’ wunderschönes Antlitz, sie lächelte fürwahr,
auch des Nachts, am himmlischen Firmament sah er sie,
zwischen all des Himmels Sternen war sie schön wie noch nie.
Selbst ihre Wärme spürte er, es war die Sonne, die sie ihm schenkte,
Marie sang ihre Lieder ihm, bis eine stürmische Welle sie versenkte,
oft war er allein hier, jedoch war niemals er einsam,
nur hier noch lebte er Tage und Nächte mit seiner Frau gemeinsam.
Wenn er schlaflos im Bett lag und aus des Leuchtturms Fenster sah,
durch diese kleinen Scheiben, auch dann war sie ihm ganz nah,
manch Traumes Gnade gar legte Marie in seine wartenden Arme,
er roch ihren Duft, fühlte ihr Haar, spürte seine Frau, die Warme.
Dann fühlte er stark sich, war glücklich und trotzte dem Leben,
wie „Le Four“, sein Leuchtturm, in seinem Himmelhochstreben,
an dem oft die größten Wellen sich brechen, ihn ganz verdecken,
er trotzt beständig, lässt Wellenzungen wund sich an ihm lecken.
Im vorletzten Jahrhundert aus bretonischem Steine gebaut,
vor Gefahren die Schiffe warnt, weit übers Meer hinaus schaut,
den sicheren Heimweg blitzt beständig er jedem Fischer,
ein tiefer Ton seines Horns durchdringt die Nebelwand sicher.
So schenkt „Le Four“ auch Jean-Pierre ab und zu Stunden,
die beinahe er glücklich, trotz seiner tiefen Herzenswunden,
drum weilt er hier, mag aufs Festland längst nicht mehr gehen,
hier nur kann seine Marie er hören, kann sie fühlen und sehen.

Und so geschah es in einer stürmischen Nacht,
Jean-Pierre und sein Leuchtturm hielten eisern die Wacht,
das Meer tobte wild, hoch trieb der Sturm dessen Wellen,
schlug sie gegen „Le Four“, dass es klang wie donnern und bellen.
Ein alter Fensterladen, der noch nicht ward verschlossen,
schlug immer wieder auf und zu, brüllte in die Nacht unverdrossen,
laut schrie das Meer nach ihm, Jean-Pierre hörte es nicht,
schlug immer wieder gegen die Eingangstür, löschte aus das Licht.
Es kratzte an „Le Four“, wollte Steine und Leben ihm rauben,
die Wellen überschlugen sich, ließen ächzen seine alten Schrauben,
die Gischt spie beständig weiße Schaumkronen in sein Licht,
der Leuchtturm jedoch lachte mitten in des Teufels Gesicht.
„Mich holst du nicht, bin stärker und warne weiter vor dir,
all die kleinen Fischer, die großen Schiffe weit unter mir,
du kannst bäumen dich, kannst schreien, speien und toben,
all meine Kraft und Stärke sind lang schon sagenumwoben.“

Wer in dieser Nacht „Le Four“ hat gesehen,
der weiß, dass er verhindern wollte, was dann ist geschehen,
tief in die Hüften stemmte er seine Arme, stand breit und schwer,
wollte schützen Jean-Pierre, der jedoch spürt‘ ihn nicht mehr,
denn es rief Marie mit leiser Stimme ihn beim Namen.
Durch die Wellen, die er sah, die schreiend und speiend herankamen,
sah er ihr geliebtes Antlitz, das stets näher ihm kam,
dass sein Herz, seine Seele erneut gefangen nahm.
„Oh komm, mein Geliebter, lang schon wart‘ ich auf dich,
diese wilde Nacht ward geboren nur für dich und mich,
leg‘ dich behutsam in die weichen Arme der Wellen,
die verzweifelt dich suchen, ständig sich zu dir gesellen,
ich warte auf dich in der Endlosigkeit aller Gezeiten,
komm zu mir, du musst nur die hohen Wellen begleiten.“

Das Herz von Jean-Pierre fing wild an zu pochen,
vergessen ganz schnell hundert einsame Wochen,
„zum Leuchtfeuer muss ich, ganz oben hinauf“,
einhundert achtundzwanzig Stufen im schnellen Lauf.
Die schwere Tür nach außen, er schaffte sie kaum,
denn Wellen schlugen dagegen, er jedoch war im Traum,
wollt‘ zu seiner Frau, wollt‘ mit ihr wieder leben,
nahm alle Kraft, die der Herrgott ihm je hat gegeben,

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Mißmut

Ein Rauch verwehrt.
Ein Wasser verrinnt.
Eine Zeit vergeht.
Eine neue beginnt.
Warum? Wozu?
Denk' ich dein Fleisch hinweg, so bist
Du ein dünntrauriges Knochengerüst,
Allerschönstes Mädchen du.

Wer hat das Fragen aufgebracht?
Unsere Not.
Wer niemals fragt, wäre tot.
Doch kommt's drauf an, wie jemand lacht.

Bist du aus schlimmem Traum erwacht,
Ist eine Postanweisung da,
Ein Telegramm, ein guter Brief, -
Du atmest tief
Wie eine Ziehharmonika.

Joachim Ringelnatz

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