Liebe Emilia,
ich freue mich, dass du mit ein paar lieben Menschen nur gute Erfahrungen gemacht hast, aber ich glaube, das ist eher die Ausnahme. Je näher man sich ist, umso schwerer sind auch die Verletzungen, die Menschen sich oft zufügen, oft gerade weil man sich liebt. Wenn du mich fragst, ich glaube an Engel, und die Bibel bestätigt das und es heißt, man soll Fremde wohlwollend bei sich aufnehmend, denn es könnten Engel sein. Nein, ich halte, was du schreibst, ganz und gar nicht für verrückt. Ich finde, du bist sehr offen und ehrlich, und das gefällt mir.
Realistisch zu sein, ist sicherlich kein Fehler, und schon gar keine Krankheit. Da haben wir vieles gemeinsam. Auch ich habe als Mutter eines Sohnes, den ich seit mehr als 16 Jahren allein großgezogen habe und der nun 18 Jahre alt ist, alles alleine bewältigen müssen und auch aus eigener Kraft geschafft. Ich brauchte Gott eigentlich gar nicht. Das ist zwar meistens anders, nämlich dass Menschen nach Gott erst rufen, wenn sie in Not sind, aber bei mir war das eben so, wie ich das geschildert habe. Ich habe nur ganz einfach nicht gewusst, dass es Gott tatsächlich gibt. Das musste er mir erst selbst klar machen.
Ja, ich kann verstehen, dass du zufrieden mit dir bist. Vermutlich ist man das, wenn man sich nut mit Menschen vergleicht und nicht mit göttlichen Maßstäben. Oder misst du deine Zufriedenheit daran, wie gut es dir geht? Warum wäre es für dich denn nicht zu ertragen, einmal Hilfe von anderen anzunehmen? Ich bin sicher, dass du selbst ein sehr hilfsbereiter Mensch bist, der anderen gern etwas schenkt.
Ich finde, zum Lieben gehört Geben und Nehmen. Geben ist viel leichter als Nehmen. Wir schämen uns, etwas von anderen anzunehmen. Warum ist das eigentlich so? Also, ich habe das regelrecht lernen müssen und hatte damit mein Problem, wie ich fand.
Allein schaffen ist gut, aber zusammen ist es doch immer besser. Ein schöner Unterschied zwischen Himmel und Hölle wird metaphorisch hier in diesem russischen Märchen dargestellt: http://einklich.net/person/betrieb5.htm
Darf ich dich fragen, wie du das meinst, wenn du schreibst, dass der Tag, an dem du dein Leben nicht mehr allein auf die Reihe bekommst, dein letzter sein wird? Man kann sich das doch eigentlich gar nicht aussuchen, oder?
Natürlich musst du keine Fragen von mir beantworten, wenn sie dir zu persönlich erscheinen. Ich denke aber, ein Forum wie dieses lebt von persönlichen Meinungen, und es ist vielleicht kein Wunder, dass in einem Forum zum Thema Religion und Dietrich Bonhoeffer, den ich sehr für seinen Mut und seinen festen Glauben bewundere, die Ansicht eines seiner Glaubensgenossinnen geschrieben wird... Ich finde es schön, wenn dieses Gedicht die Menschen anrührt.
Liebe Emilia, ich unterhalte mich sehr gern mit dir. Du bist ein sehr warmherziger Mensch, finde ich, bist intelligent ind sehr tiefgründig, und sicher eine Bereicherung, nicht nur für mich. Es freut mich, dich kennenzulernen. Was, Deutsch ist gar nicht deine Muttersprache? Aber das hätte ich nicht gemerkt. Du schreibst sehr klar und gut. Wenn ich nur 10 Prozent so viel Polnisch könnte, wie du deutsch... Das soll mal erst einer nachmachen!
Herzliche Grüße
Seven