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Merlin47
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Hallo Lefour,
man kann sich heute kaum noch die Lebensverhältnisse in der Vergangenheit vorstellen, in der das Mädchen auf den Müllhalden Boliviens symbolisch allgegenwärtig war.
Das Leben eines Menschen galt damals nicht viel und mancher verfügte als Sklave oder Leibeigener nicht einmal über sich selbst. Das Einzige, was diese armen Menschen hatten, war die Hoffnung, daß es nach diesem mühseligen Leben für sie ein anders Dasein geben wird, das sie von allem Leid befreit.
Der Mensch ist immer auf der Suche nach dem Sinn seines im Grunde sinnlosen Daseins und deshalb ist die Spiritualität für ihn auch so wichtig, weil er damit ein Ziel und Orientierung bekommt, das zu seinem Selbstwertgefühl beiträgt.
Das ist dann auch der Grund, warum gerade die von Dir gerne zitierten Armen Lateinamerikas tief in ihrem Glauben verwurzelt sind. Nur über ihn bekommen sie das Gefühl ein Mensch unter Menschen zu sein und nicht nur ein verlorener Niemand.
Warum das besagte Mädchen in Bolivien auf der Müllhalde leben muß, dürfte wohl kaum mit ihrer religiösen Einstellung zusammenhängen, sondern sicherlich mit dem neoliberalen Wirtschaftssystem der Großgrundbesitzer im Westen Boliviens.
Der Glaube der Menschen hat nichts mit dem zu tun, was manche aus reinem Machtkalkül heraus über die Institution der Kirche mißbrauchen.
Nein, das Opium des Volkes ist nicht in den Religionen verborgen, sondern in den Strukturen der Institutionen. In der ehemaligen DDR hatte man ja auch versucht den Menschen eine heile Welt vorzugaukeln und das ganz ohne Religion.
Eventuell war ja aber dieser Sozialismus auch nur eine Religion, in dem der transzendente und ferne Gott der rationalen Logik angebetet werden sollte.
Sicherlich war der Gedanke der Aufklärung sinnvoll und notwendig, aber wie die Menschen nun einmal so sind, haben sie in ihrem Eifer den Menschen selbst aus dem Auge verloren.
Zu einer konstruktiven Kritik gehört auch eine gewisse unvoreingenommene Sichtweise zu den Dingen.
Merlin