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Orlanda
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Ich habe auf meinen einsamen Bergtouren immer wieder sehr unterhaltsame Momente erlebt. Wenn man sich in der Einsamkeit begegnet, sind ausnahmslos alle Menschen freundlich. Man plaudert ein paar Worte, scherzt auch manchmal und wünscht sich alles Gute für den weiteren Weg. Manchmal geht man auch ein Stück zu zweit.
Ich finde dies manchmal wie eine Methapher fürs Leben.
Viele Menschen starten gemeinsam - auch ich ging früher mit meinen Beziehungsmännern auf den Berg. Meistens wurden es schweigsame Gänge und da die Männer oftmals anderen Menschen gegenüber sehr muffelig waren, kam es kaum zu schönen Begegnungen.
Heute wo ich alleine gehe, kann ich selbst steuern, wann und mit wem ich mich unterhalten mag - eigentlich ist in der Einsamkeit (es gibt Regionen, wo man keinen Horden begegnet!) jeder Mensch willkommen...
Am Ende oder in der Übersicht der letzten Jahre hatte ich am Berg ausnahmslos freundliche, nette Begegnungen..
Wie z.B. der Preusse (wie er sich selbst bezeichnete), der mir von weit oben schon zurief: "Bleiben Sie unten, Sie brauchen nicht mehr hochzukommen, die Preussen waren schon da!"
Ich meinte daraufhin, er soll nur herunterkommen, denn hier wo ich stehe, gäbe es auf weiter Flur kostenlose Schlammbäder, persönlich gestampft von bayrischen Rindviechern.
Oben sei es noch schlimmer, meinte er... Als ich mit ihm dann stand und wir über irgendwas lachten, kam von oben noch eine Frau daher, die wortlos an uns vorbei ging.
Nachdem sie weit weg war, meinte er: Das war meine Frau, die ärgert sich jetzt, weil ich mit Ihnen rede. Ich sei ganz harmlos, wandte ich ein, sie müsse sich nicht ärgern über mich.
"Sie sagt, sie ist ganz harmlos!" rief er seiner Frau lautstark nach. Dann hatte er es eilig, jetzt müsse er aber weitergehen, denn sonst wäre seine Frau sehr böse auf ihn...
Im Wandern zeigt sich, dass man voll Ruhe auch die Einsamkeit akzeptieren und genießen kann, zum gegebenen Zeitpunkt trifft man auch wieder auf Menschen...
Orlanda