Bußgeldbescheid aus dem Ausland erhalten: Was ist jetzt zu tun?

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Urlaub an Orten zu machen, die mit dem eigenen Auto gut erreichbar sind, ist für die Generation 50+ sehr beliebt. Allerdings sollten auch in den Nachbarländern die jeweiligen Verkehrsregeln beachtet werden, denn ein Bußgeldbescheid aus dem Ausland kann heute nicht mehr – so wie früher – einfach ignoriert werden. Zudem fallen die Sanktionen für Verkehrsverstöße in anderen Staaten oftmals höher aus als hierzulande. Wann die Strafe bezahlt werden muss und ob ein Widerspruch möglich ist, erfahren Sie im Folgenden.

Urlaub in einem EU-Land: Bußgeldbescheide können vollstreckt werden

Seit dem 28. Oktober 2010 ist der EU-Rahmenbeschluss zur Geldsanktionenvollstreckung – kurz RB Geld genannt – in Kraft. Dieser sorgt dafür, dass auch Bußgelder aus anderen Staaten vollstreckt werden. Eine zusätzliche Richtlinie erlaubt es den Mitgliedstaaten der EU außerdem, bei bestimmten Delikten Zugriff auf die Daten des Fahrzeughalters zu bekommen, damit der Verkehrssünder leichter ausfindig gemacht werden kann. Verstöße, wie Geschwindigkeitsüberschreitungen, das Überfahren einer roten Ampel oder in alkoholisiertem Zustand hinterm Steuer zu sitzen, ziehen daher auch nach dem Urlaub eine Strafe nach sich.

Beliebte Schweiz: keine Bußgeldzahlungen in Nicht-EU-Staaten

Wurde der Verkehrsverstoß nicht in einem Mitgliedsland der Europäischen Union begangen, dann braucht sich der Fahrer keine Sorgen zu machen. Länder wie die Schweiz, Norwegen oder Liechtenstein werden nicht vom RB Geld umfasst, sodass auch keine Vollstreckung eines Bußgeldbescheids aus diesen Staaten in Deutschland stattfinden kann.

Es ist jedoch zu beachten, dass das Bußgeld bei einer erneuten Einreise innerhalb der Verjährungsfrist noch an Ort und Stelle zuzüglich angefallener Mahngebühren verlangt werden kann. Urlauber, die gerne mehrmals das gleiche Ziel aufsuchen, sollten sich daher vorab über die dort geltenden Verjährungsfristen informieren, welche in jedem Land variieren.

Ab welchem Betrag muss der Bußgeldbescheid beglichen werden?

Damit ein ausländisches Bußgeldverfahren in den zuständigen deutschen Behörden aufgenommen wird, gilt eine sogenannte Bagatellgrenze in Höhe von 70 Euro. Lediglich mit Österreich besteht ein gesondertes Abkommen, wodurch bereits Sanktionen ab 25 Euro vollstreckt werden. Allerdings ist hier nicht nur der Bußgeldbetrag allein ausschlaggebend, sondern eventuell anfallende Verfahrenskosten werden hinzugerechnet.

Wird der Verkehrsverstoß beispielsweise mit 60 Euro sanktioniert, müssen noch Verfahrensgebühren etwa in Höhe von 20 Euro addiert werden. Zusammen liegt der zu zahlende Betrag somit über der Bagatellgrenze und wird auch in Deutschland vollstreckt.

Zurück in Deutschland: Punkte und Fahrverbot werden nicht verhängt

In Deutschland werden infolge besonders grober Verstöße üblicherweise neben einem Bußgeld Punkte in Flensburg verhängt. Dieses Punktekonto kann aber nicht durch Verkehrssünden im Ausland steigen – unabhängig davon, ob der Urlaub in einem Mitgliedstaat der EU stattfand oder nicht. Auch im Nachbarland verhängte Fahrverbote werden nicht gleichzeitig in Deutschland umgesetzt. Für weitere Besuche in dem jeweiligen Land muss das Fahrverbot aber beachtet werden. Es ist also festzuhalten, dass in der Heimat grundsätzlich keine Punkte oder Fahrverbote, sondern nur Geldbußen aus dem Urlaub vollstreckt werden.

Einspruch bei fehlender Übersetzung möglich

In verschiedenen Fällen ist es möglich, gegen den Bußgeldbescheid Einspruch einzulegen. Eine der wichtigsten Grundregeln für einen gültigen Bescheid ist zum Beispiel die Verständlichkeit. Damit ist zum einen eine eindeutige Erklärung der Vorwürfe sowie Rechtsbelehrung gemeint, zum anderen und vor allem ist hier aber die Sprache, in der der Bescheid verfasst wurde, relevant. Der Beschuldigte muss diesen verstehen können, weshalb eine Übersetzung ins Deutsche von der verantwortlichen Stelle Pflicht ist. Liegt keine Übersetzung vor, ist es möglich, dass der Bescheid ungültig ist und somit ignoriert werden kann. Hierzu sollte jedoch vorab ein Anwalt hinzugezogen werden, der für das weitere Vorgehen berät.

Auch der Einspruch muss in die jeweilige Landessprache bzw. in eine von dem Land akzeptierte Sprache übertragen werden. Dafür kann es sinnvoll sein, einen deutschsprachigen Rechtsanwalt in dem jeweiligen Urlaubsland zu beauftragen. Dieser kennt sich mit den dort geltenden Gesetzen aus und kann den Einspruch korrekt formulieren sowie einreichen.

Bußgeld aus dem Ausland früh begleichen: Schnellzahler sparen

Wer von einem Einspruch absieht und die Geldstrafe akzeptiert, sollte diese so früh wie möglich begleichen. In vielen Ländern wird nämlich eine Art Rabatt für Schnellzahler gewährleistet. Eine Auswahl von Nachlässen ist in der folgenden Tabelle aufgelistet:

LandNachlassVoraussetzungen
Spanien50 ProzentDas Bußgeld wird innerhalb von 20 Tagen nach Zustellung des Bescheids beglichen.
Griechenland50 ProzentDas Bußgeld wird innerhalb von 10 Tagen nach Zustellung des Bescheids beglichen.
Frankreichje nach Verstoß variierend– Das Bußgeld wird innerhalb von drei Tagen nach der Aushändigung der Zahlungsaufforderung vor Ort beglichen.

– Das Bußgeld wird innerhalb von 15 Tagen nach Zustellung des Bescheids beglichen.

– Das Bußgeld, welches infolge einer automatischen Verkehrsüberwachung verhängt worden ist, wird innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung des Bescheids beglichen.

Weitere Informationen zum Thema, z.B. welche Verkehrsregeln in anderen Ländern gelten und in welchen Fällen die Halter- oder die Fahrerhaftung greift, können Sie unter www.bussgeldkatalog.net/bussgeldbescheid/ausland nachlesen.

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